Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Einseitige Berichterstattung?

„Dämonisieren ist nicht sinnvoll“ – Warum die Medien falsch mit der AfD umgehen

Die AfD steht medial im Fokus. Doch der Umgang mit der Rechtsaußen-Partei ist oft falsch, sagen Fachleute. Statt auf ihre Gefahr hinzuweisen, hilft er ihr sogar.

Berlin – Geheimtreffen, Demonstrationen gegen Rechtsextremismus, mögliche Wahlsiege in Thüringen und Sachsen: Die AfD ist zu ihrem elften Geburtstag medial so präsent wie selten zuvor. Und trotz seit Jahren andauernden Warnungen vor der Partei aus Politik und Medien, scheint die Aufmerksamkeit immer mehr Menschen zur AfD zu treiben. Frei nach dem Motto: Es gibt keine schlechte Werbung. Die Medien müssten deshalb anders über die selbsterklärte Alternative für Deutschland informieren, heißt es von anderen Parteien.

AfD bei Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg auf Siegerkurs

„Über die AfD wird oft zu einseitig berichtet“, sagt etwa Thüringens FDP-Chef und kurzzeitiger Ministerpräsident durch Stimmen der AfD, Thomas Kemmerich, gegenüber unserer Redaktion zur Rolle der Medien. Kemmerich trat wegen der AfD-Stimmen nur wenige Tage nach der Wahl 2020 zurück und überließ Bodo Ramelow (Linke) abermals das Amt des Landesvaters. In Thüringen stehen im Herbst wieder Landtagswahlen an. Auch in Sachsen und Brandenburg wird gewählt. Die AfD steht laut Umfragen überall auf Platz eins. Auf die anderen Parteien wächst der Druck.

Kemmerich sagt, in Berichten über die AfD müsse mehr auf deren konkrete politische Positionen und die Bedeutung für die Menschen eingegangen werden. Laut einer Analyse des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) würden unter dem AfD-Programm vor allem ihre eigenen Anhängerinnen und Anhänger leiden, die häufig mit geringem oder mittlerem Einkommen in strukturschwachen Regionen leben. „Wir machen zu viele Fehler im Umgang mit der AfD, damit meine ich auch uns als Politik. An die von der AfD besetzten Themen müssen wir als Gesellschaft anders rangehen“, sagt Kemmerich. „Es reicht nicht aus, auf das ewige Stigma der AfD als gesichert rechtsextrem abzustellen.“

Die Medien müssen klarmachen, welche Gefahr in der AfD liegt

Diese Einschätzung teilt der Rechtsextremismusexperte und emeritierte Professor der FU Berlin, Hajo Funke. Er beschäftigt sich seit Jahren mit der AfD, hält sie für eine „rechtsextreme Partei, die es wissen will und die echte Chancen auf die Macht in Sachsen und Thüringen hat“. Funke zufolge haben AfD-Politikerinnen und Politiker „mit dieser Republik wenig im Sinn, wollen stattdessen eine völkische, nationale“.

Gehen die Medien falsch mit der AfD um? Das behaupten Politikerinnen und Politiker sowie Experten. Die Partei zu dämonisieren, sei der falsche Weg, um Menschen vor Björn Höcke und Co zu warnen.

„Deswegen ist es sinnvoll, die AfD nicht zu dämonisieren, sondern klarzumachen, welche Gefahr in ihr besteht“, sagt der Experte. Konkret heißt das für Medien: Mit Berichten über die AfD als rechtsextreme Partei ist es nicht getan. Stattdessen muss mehr über ihre Pläne für Deutschland gesprochen werden. Etwa über die „wohltemperierte Grausamkeit“, die Björn Höcke im Umgang mit Geflüchteten fordert. Über Abschiebepläne für Menschen, die seit Jahrzehnten in Deutschland leben und arbeiten. Aber auch über die Möglichkeiten, mit denen die AfD im Falle von Wahlsiegen in Sachsen und Thüringen die Justiz zu ihren Gunsten umgestalten könnte. „Sie orientiert sich an illiberalen Strukturen wie in Ungarn und könnte selbst auf Landesebene schnell Maßnahmen zum Demokratieabbau umsetzen“, sagt Funke.

Sachsens SPD-Chef: „Wir reden nicht über die Menschen da draußen“

Mehr auf Inhalte setzen will im politischen Diskurs auch Henning Homann, Landesvorsitzender der sächsischen SPD. „Ich habe im letzten Jahr zwei Interviews zum Thema Lohnungleichheit geführt und 50 zur AfD“, sagt Homann. „Wir reden nicht über die Menschen da draußen. Wir drehen uns damit um uns selbst.“ Der Sozialdemokrat plädiert dafür, weniger über Umfragewerte und Strategien zu sprechen. „In Interviews geht es nicht darum, dass der durchschnittliche Sachse monatlich 700 Euro brutto weniger verdient als sein westdeutscher Kollege.“

Auf die Menschen schauen, nicht auf die AfD, lautet also die Forderung aus der Politik. Für den Extremismusforscher Funke ist das aber nur die halbe Wahrheit. Er hält die starke Zustimmung für die rechte Partei auch im „kläglichen Bild“ begründet, das die restlichen Parteien auf Bundes- und Landesebene derzeit oft abgeben, „weil sie sich öffentlich nur streiten“.

Hohe Zustimmung zu AfD nicht nur mit Rolle der Medien begründbar

Kritik an streitenden Parteien der Mitte und an den Medien ist trotz allem nicht der einzige Grund für die hohen Zustimmungswerte der AfD. So ergab eine ausführliche Studie der Otto-Brenner-Stiftung aus dem vergangenen Jahr zur AfD, dass bei der Bundestagswahl 2021 90 Prozent der AfD-Wählerinnen und Wähler angaben, sich durch die Partei gut vertreten zu fühlen. Das Schwingen der medialen Rechtsextremismus-Keule allein reicht nicht mehr aus. Laut Politikexperten Funke müssen vor allem die regierenden Parteien bessere Politik machen.

Rubriklistenbild: © Picture alliance/dpa/Martin Schutt/ Annette Riedl

Kommentare