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Landtagswahlen

AfD könnte Thüringen mit Sperrminorität in „kleine Staatskrise stürzen“

Obwohl sie nicht in der Regierung ist, könnte die AfD durch eine Sperrminorität wichtige Beschlüsse verhindern. Fachleute warnen vor den Folgen.

Auch nach den Wahlen in Thüringen und Sachsen wird die AfD wahrscheinlich nicht in die Regierungsverantwortung einsteigen können. Dennoch dürften die Ergebnisse in beiden Bundesländern erhebliche Folgen haben, insbesondere wenn die AfD eine „Sperrminorität“ erreicht. Mit mindestens 33 Prozent der Mandate im Landtag – nicht im Gesamtergebnis der Wahl – könnten die Rechtspopulisten wichtige Entscheidungen blockieren.

Wie AfD-Politiker bereits am Wahlabend betonten, würden sie diese Möglichkeit nutzen. Dieses Szenario erscheint nach den Zahlen und Ergebnissen des Sonntagabends realistisch. Der renommierte Politikwissenschaftler Jürgen Falter diskutiert mit IPPEN.MEDIA die möglichen Folgen. Die oft zitierte „Brandmauer“ könnte betroffen sein, meint er. Darüber hinaus könnten neue Turbulenzen im Landtag drohen.

Thüringen-Wahl: Richterämter wurden nicht „wetterfest“ gemacht

Die Thüringer Landespolitik scheiterte bereits vor einiger Zeit daran, beispielsweise die Nachbesetzung von Richterämtern „wetterfest“ gegen eine AfD-Sperrminorität zu gestalten. Dies könnte sich nun rächen, wie Falter glaubt. Um den Richterwahlausschuss zu wählen, der alle Gerichtsbesetzungen bestimmt, benötige man eine Zweidrittelmehrheit im Landtag, betont er.

„Wenn die AfD mehr als ein Drittel der Sitze hat, und so sieht es zurzeit aus, dann wird das nicht gegen die AfD gehen“, sagt Falter. Das ist keine Kleinigkeit. „Das heißt, da muss die Brandmauer fallen – oder Thüringen gerät in eine kleine Staatskrise.“ Mit anderen Worten: Entweder kooperiert die CDU mit der AfD, was sie eigentlich immer vermeiden wollte, oder die Thüringer Justiz gerät in Schwierigkeiten.

Andŕe Brodocz von der Universität Erfurt hält eine „Normalisierung“ der AfD durch eine mögliche Zusammenarbeit bei der Richternominierung für möglich. „Die AfD wird den anderen beteiligten Parteien immer wieder deutlich machen: Wir können uns auf eine Frage einigen, wir können doch auch auf anderen Feldern zusammen finden.“ Dieser Druck werde „ohne Frage entstehen“. Ein Dilemma. Und nicht das einzige.

Thüringen-Wahl: „Auf den ersten Blick unmöglich erscheinende Koalitionen“

Falter sieht auch in Bezug auf die Koalitionsbildung eine „Zäsur“ für Thüringen und Sachsen. Sie besteht darin, „dass wir eine völlig unübersichtliche Lage haben, dass es unglaublich schwer werden wird, Koalitionen zu bilden“. „Wenn Koalitionen zustande kommen, dann sind es auf den ersten Blick unmöglich erscheinende Koalitionen“, sagt Falter.

Die möglichen Gruppierungen – etwa CDU, SPD und BSW in Thüringen – seien ideologisch so weit voneinander entfernt, dass das tatsächliche Regieren „vermutlich noch holpriger als bei der Ampel“ sein wird. Das gilt insbesondere für Thüringen, wo es eine „fast undurchschaubare, fast nicht zu prognostizierende Lage“ gebe, „weil keine klaren Mehrheiten vorhanden sind“. „Da müsste die CDU, die nach der AfD die stärkste Partei ist und daraus Anspruch ableitet, den Ministerpräsidenten zu stellen, eine Koalition mit BSW und SPD eingehen, Partnern, deren Vorstellungen nur schwer mit dem Programm der CDU vereinbar sind“, erklärt der Experte von der Universität Mainz.

Thüringen-Wahl: „Ungewissheit in diesem Bündnis“

Professor Brodocz von der Universität Erfurt sieht eine weitere Stolperfalle für den Thüringer Landtag mit der weiter erstarkten AfD: die Disziplin in einer mutmaßlich nur mit einer sehr knappen Mehrheit ausgestatteten CDU-BSW-SPD-Koalition. „CDU, BSW und SPD würden sicherlich eine Koalition mit einer sehr, sehr knappen Mehrheit sein“, sagt er. Die BSW-Fraktion habe „vorher noch gar nicht in dieser Form zusammengearbeitet“, und auch die CDU-Fraktion in Thüringen nicht immer durch Geschlossenheit geglänzt. „Ganz zu schweigen, wenn es zu Austritten kommt“, fügt Brodocz hinzu. Zwei Mitglieder sind beispielsweise im Gothaer Stadtrat bereits nach wenigen Wochen aus Unzufriedenheit über die Landespartei aus dem BSW ausgetreten.

Es sei zwar möglich, dass eine knappe Mehrheit disziplinierend wirkt, aber es gebe „Ungewissheit in diesem Bündnis“. „Selbst wenn wir eine Mehrheitsregierung bekommen, wird das Regieren mit der AfD im Landtag für diese neue Koalition im Grunde schwieriger als für die alte Minderheitsregierung“, meint Brodocz mit Blick auf eine Sperrminorität der AfD.

Das Thüringer BSW hat bereits im Vorfeld nicht ausgeschlossen, bei einzelnen „vernünftigen“ Vorschlägen mit der AfD zu stimmen. Der noch amtierende Ministerpräsident Bodo Ramelow äußerte sich gegenüber IPPEN.MEDIA verärgert über die Situation im Wahlkampf: Er bezeichnete das BSW als „Ich-AG“ und warf der CDU vor, die AfD zu verharmlosen.

Rubriklistenbild: © picture alliance/dpa | Jacob Schröter

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