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Türkisch-islamische Gemeinde

Warum die neue Moschee in Waldkraiburg wichtig für den Dialog ist – und wie es um die Sicherheit steht

Das Gröbste ist bereits geschafft: Jetzt müssen „nur noch“ Feinheiten erledigt werden, dann kann die Moschee in der Traunreuter Straße im Herbst offiziell eröffnet werden.Eschenfelder
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Das Gröbste ist bereits geschafft: Jetzt müssen „nur noch“ Feinheiten erledigt werden, dann kann die Moschee in der Traunreuter Straße im Herbst offiziell eröffnet werden.

Auf den ersten Blick scheint sie schon fertig zu sein: die neue Moschee in Waldkraiburg. Die türkisch-islamische Gemeinde muss noch an den Feinheiten arbeiten. Warum sie dann für mehr Gemeinschaft und Dialog bereit ist.

Waldkraiburg – Sie ist schmuck, die neue Moschee der Waldkraibrger türkisch-islamischen Gemeinde in der Traunreuter Straße 12. Die Fassade ist eine moderne Mischung aus Weiß und Anthrazit. Goldene Pyramiden mit Halbmond krönen die symbolischen Pfeiler. Die Eingangstüren sind aus Glas mit goldenen Sternen. Modern, dezent, offen und nicht überladen. Der Vorplatz ist neu gepflastert, die Rasenflächen sorgsam angelegt und angewachsen.

Erst der zweite Blick verrät: Das Projekt ist noch nicht fertig. Auf dem Vorplatz liegt noch viel Sand, der in die Fugen eingearbeitet werden muss. An der Front hängen Kabel herab; hier fehlen wohl noch Lampen. Neben dem Aufgang steht ein mobiles Gerüst; dahinter provisorische Briefkästen. Vor dem Eingang liegen noch behelfsmäßige Abdeckungen, damit kein Schmutz in die Innenräume gelangt.

Offizielle Eröffnung ist für den Herbst geplant

Ahmet Baskent, Vorsitzender der türkisch-islamischen Gemeinde, ist nahezu täglich auf der Baustelle der neuen Moschee und legt selber Hand an.

„Wir sind noch nicht ganz fertig“, sagt der Vorsitzende der türkisch-islamischen Gemeinde, Ahmet Baskent. „Wir stehen kurz davor, aber es ist noch einiges zu machen.“ Er rechnet damit, dass das Projekt nach vier Jahren im September oder Oktober fertig sein wird. „Dann können wir die Moschee offiziell eröffnen und unseren Gästen alles zeigen.“

Rund 1,6 Millionen Euro wird dieser Neubau im Industriegebiet in der Nachbarschaft von Baumarkt und Schlachthof wohl kosten. „Wir haben noch nicht alles zusammengerechnet.“

Gebetsräume sind bereits in Betrieb

Der Neubau bietet den Moslems eine neue Heimat mit Gebetsräumen, Klassenräumen für Koran-Unterricht, Wohnräume für den Imam und Religionsbeauftragten sowie – auch das ist ganz wichtig – einen von außen gut einsehbaren Gemeinschaftraum, ein offener Treffpunkt mit eigener Tee- und Kaffeeküche. Zumindest der Gebetsraum ist schon fertig und ermöglicht es den Gläubigen, die täglichen fünf Gebete sowie das Freitagsgebet hier zu verrichten. Da kommen durchaus bis zu 120 Gläubige.

Das Projekt war dringend notwendig, so Baskent. „Das alte Haus in der Reichenberger Straße war viel zu alt und viel zu klein.“ Es gab auch zu wenig Parkplätze.

Alles aus eigener Kraft finanziert

„Wir haben alles ehrenamtlich aus eigener Kraft gestemmt“, so Baskent: den Kauf des Grundstücks ebenso wie den Neubau. Finanziert durch den Verkauf des alten Grundstücks, durch Spenden der Mitglieder und Kredite. „Anfangs war das schwierig“, erinnert sich Baskent. Angesichts der damaligen Vereinsgröße von gut 200 Mitgliedern waren die Banker hinsichtlich der Einnahmen skeptisch. Doch Baskent und seine Mitstreiter im sechsköpfigen Vereinsvorstand konnten sie überzeugen.

Der Neubau war und ist für die Gemeinschaft ein Kraftakt. „Wir machen alles nach unserer Arbeit am Feierabend ehrenamtlich und mit viel Eigenleistungen.“ So hat Baskent, der Elektriker ist, nicht nur organisiert, sondern auch selber Kabel verlegt und angeschlossen, aufgeräumt, geputzt und vieles mehr.

Corona hat zusätzliche Probleme gemacht

Dann hat Corona noch zusätzliche Probleme bereitet. Handwerker waren schwer zu finden, das Gemeindeleben litt unter den damaligen Auflagen und das Sammeln der dringend benötigten Spenden wurde so zusätzlich erschwert.

Ein „Maßanzug„ für die gewachsene Gemeinde

Der Aufwand hat sich gelohnt. „Wir haben jetzt gut 350 Mitglieder“, freut sich Baskent. Der Neubau habe viele überzeugt und die Spendenbereitschaft deutlich erhöht. Baskent: „Die Moschee ist für uns jetzt wie ein Maßanzug.“

Ein Maßanzug, mit dem sie sich sehen lassen können – und auch wollen. „Wir können uns jetzt zeigen, wie wir sind.“

Wieder ein sicheres Gefühl in Waldkraiburg

Die türkische-islamische Gemeinde möchte sich in Zukunft auch wieder verstärkt in das Stadtleben einbringen. Baskent: „Wir waren dermaßen mit dem Bau beschäftigt, dass wir an nichts andere denken konnten. Wir sind froh, wenn wir wieder den normalen Alltag herstellen können“

Denn die türkische Gemeinschaft fühle sich nach dem Schock der Brandanschläge in Waldkraiburg wieder wohl und sicher. „Die Zeit hat geholfen“, so Baskent, „und die Stadt und die Polizei. Das hat alles dazu beigetragen, dass wir wieder vertrauen können.“

Offen für mehr interreligiösen Dialog

Beste Voraussetzungen also, um auch den Kontakt zu den anderen Gruppierungen und Religionsgemeinschaften wieder zu pflegen. „Wir feiern schon gemeinsame ökumenische Gottesdienste, zum Beispiel bei Schulgottesdiensten“, erzählt etwa Pater Walter Kirchmann, Pfarrvikar im katholischen Pfarrverband Waldkraiburg. Derzeit gebe es aber keine regelmäßigen interreligiösen Feiern oder Dialog. Kirchmann: „Ich bin offen, für einen stärkeren Austausch.“

Das scheint auch der Wunsch von Baskent zu sein: „Ich hoffe, dass wir wieder zusammenkommen und gemeinsame Veranstaltungen haben. Vielleicht auch hier. Jetzt haben wir etwas, das wir zeigen können.“

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