Woran es hakt
Zwei Jahre nach Brandanschlag von Waldkraiburg: Frust über langsame Sanierung
Die Bewohner des Brandhauses am Stadtplatz 16 sind längst wieder in ihre Wohnungen zurückgekehrt. Im Erdgeschoss wird seit Monaten wieder Obst- und Gemüse in dem türkischen Lebensmittelladen verkauft, dem der Anschlag vor nunmehr zwei Jahren gegolten hat. Dennoch erinnert noch vieles an den Brand im April 2020. Denn bei der Sanierung des Hauses hakt es.
Waldkraiburg – Auf dem Vordach eine provisorische Absturzsicherung, auf dem Dach und um das Gebäude herum ist Baumaterial gelagert, die Leitungen im Durchgang sind noch zu sehen. Doch Monteure sucht man auf der Baustelle am Sartrouville Platz vergeblich. Baustopp. Der Brand, der Prozess gegen den Attentäter Muharrem D. und die schleppende Sanierung des Gebäudes am Stadtplatz – es zerrt an den Nerven der Bewohner.
Offene Leitungsschächte
„Es passiert nichts, seit zwei Jahren“, macht Helga Rittersporn ihrem Ärger Luft. Sie besitzt eine Wohnung in dem Gebäude. Nach dem Brandanschlag hatte sie sich für mehrere Monate bei ihrer Tochter in Spanien einquartiert. Jetzt will sie endlich wieder zur Haustür hinausgehen können, ohne ständig an die Brandnacht vom 26. April 2020 erinnert zu werden.
Offene Leitungsschächte, das noch nicht sanierte Vordach und unverputzte Wände – es gibt noch viel zu tun am Gebäude. Doch wie lange es dauern wird, darüber möchten Helga Rittersporn und ihre Nachbarin Aida Pavletic gerne mehr wissen. „Wir hatten uns so gefreut, als die Sanierung des Vordachs begonnen hat. Aber plötzlich waren die Dachdecker nicht mehr da“, sagt Aida Pavletic. Erst über den Bauleiter erfahren sie, dass es eine anonyme Anzeige beim Gewerbeaufsichtsamt gegeben haben soll. Wegen Asbest in der Dachpappe. Zwei Gutachten kommen zu dem Ergebnis, dass es kein Asbest gibt. Ein drittes Gutachten wird schließlich doch fündig.
„Das ganze Vordach muss eingehaust werden“, sagt Helga Rittersporn. Billig ist die Entsorgung von Asbest nicht, die Sanierung des Gebäudes wird damit teurer als geplant. Die Eigentümer haben dazu bereits einen Kredit aufgenommen. Einen aktuellen Überblick über die Kosten der Sanierung haben die beiden nicht. Hier würden sie sich mehr Informationen von der Hausverwaltung wünschen. Regelmäßig. „Wir bekommen zu wenig Infos, die Eigentümerversammlung wurde zuletzt wegen Corona verschoben“, kritisiert Helga Rittersporn. Lediglich die Beiräte würden entsprechende Informationen bekommen. „Wir fühlen uns im Stich gelassen“, sagt Aida Pavletic.
Für Hausverwalter Jürgen Abrahamfi ist das aber der einzig gangbare Weg. „Eine Eigentümerversammlung einzuberufen, ist mit viel Aufwand und Kosten verbunden. Das macht man nicht jede Woche, um die Eigentümer zu informieren. Vor allem, wenn vieles innerhalb weniger Tage wieder überholt sein kann.“ Stattdessen gehen regelmäßige Infos an die Beiräte, bei denen sich die Eigentümer über den aktuellen Stand informieren können. Auch er sei telefonisch zu erreichen. Auf ein Online-Format zurückgreifen wollte Abrahamfi nicht bei einer Eigentümerversammlung. Um auszuschließen, dass Eigentümer aus technischen Gründen nicht teilnehmen können. Doch das eigentliche Problem bei der Sanierung liegt woanders: „Die Versicherung will nicht zahlen“, sagt Helga Rittersporn. Zwar sei ein Teil der bislang entstandenen Sanierungskosten von der Versicherung übernommen worden, aber nicht alles. Auch Hausverwalter Abrahamfi bestätigt es. „Es wird wohl vor Gericht entschieden werden.“
Fall könnte vor Gericht landen
Die Ungewissheit lastet schwer auf den Eigentümern. „Nach dem Brand gab es ein Treffen mit der Versicherung, bei dem alles versprochen worden ist. Über Monate konnten wir nicht in unseren Wohnungen leben und jetzt will die Versicherung bei den Sanierungskosten nicht zahlen. Warum, wissen wir nicht“, kritisiert Helga Rittersporn. Die Gutachten, die Entsorgung des Asbests – all das kostet zusätzlich. Die finanziellen Sorgen hätten sich die Eigentümer nach den schlimmen seelischen Wunden gerne erspart.
