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Heimatgeschichte in Tschechien

Waldkraiburger Archiv findet neues Zuhause in Böhmisch-Leipa

Historiker Tomáš Cidlina (links) und Stadtarchivar Konrad Kern mit dem Plakat zur Ausstellung „Waldkraiburgensia“ im Leipaer Museum.
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Historiker Tomáš Cidlina (links) und Stadtarchivar Konrad Kern mit dem Plakat zur Ausstellung „Waldkraiburgensia“ im Leipaer Museum.

In Böhmisch-Leipa, einer Stadt in Tschechien, wurde kürzlich eine Ausstellung eröffnet, die das sudetendeutsche Heimatarchiv der nordböhmischen Kreise zeigt. Die Sammlung war zuvor im Stadtarchiv Waldkraiburg untergebracht und wurde nun an das staatliche Heimatkundliche Museum übergeben.

Waldkraiburg – Die Übergabe des sudetendeutschen Heimatarchivs der nordböhmischen Kreise Böhmisch-Leipa, Haida und Dauba vom Stadtarchiv Waldkraiburg an das staatliche Heimatkundliche Museum in Böhmisch-Leipa (Ceská Lípa) im April und Juni fand nun einen würdigen Abschluss. Kürzlich lud der Historiker für neuere Geschichte am Museum, Tomáš Cidlina, zu einer Ausstellungseröffnung ein. Der Titel der Ausstellung lautet „Waldkraiburgensia“. So bezeichnet das Museum das rund 75 Regalmeter umfassende Heimatarchiv – die lateinische Form der Stadt Waldkraiburg, wo die Sammlung ab etwa 1970 entstand. Übrigens die erste Ausstellung im Leipaer Museum, die mit deutschen Texten versehen ist. Seit 1968 sind die sehr umfangreichen Sammlungen des Museums, die auf die Gründung des Nordböhmischen Exkursionsclubs von 1878 zurückgehen, hier untergebracht.

Heimatlied zu Ehren der Gäste aus Bayern

In zwei ehemaligen Zellen des 1627 gegründeten und 1948 aufgehobenen Augustiner-Eremiten-Klosters werden vor allem museale Objekte, die zum Heimatarchiv gehören, gezeigt: zum Beispiel die Zifferblätter vom Turm der Haidaer Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt, die man Anfang der 1990er-Jahre aus dem Müll rettete und nach Waldkraiburg brachte. Oder die Priester-Stola des aus Leipa stammenden Prälaten Norbert Kocholaty (1908-1995), der nach 1945 viele Jahre in der Diözese Passau wirkte. Auch einige aufwendig bestickte Wäschestücke, eine prächtige Trachtenhaube und ein Kanzeltuch aus der Dorfkirche in Dürchel sind zu sehen.

Auf einem Bildschirm kann man aus dem tausende Bilder umfassenden Sammlungsbestand 200 ausgewählte digitalisierte alte Fotos anschauen. Auch Gemälde mit Ortsansichten sind ausgestellt. Sehr schön gestaltet sind die vier Texttafeln, ergänzt mit vielen Abbildungen, welche die Geschichte der Stadt Waldkraiburg und die des Heimatarchivs anschaulich darstellen. Erstmals können Tschechen in ihrem Land Informationen zur Geschichte einer bayerischen Stadt lesen, die ohne Vertreibung nicht entstanden wäre. Aufgrund der kleinen Ausstellungsräume konnten nur wenige Archivdokumente Platz finden. Die Ausstellung ist bis 12. Januar zu sehen.

Zur Ausstellungseröffnung im Josef-Maštálko-Saal im Dachgeschoss des Museums konnte Tomáš Cidlina viele Besucher begrüßen, darunter den Vizebürgermeister von Leipa, Jakub Mencl, zwei Leipaer Altbürgermeister, die Bürgermeisterin von Dauba, Irena Zalovicová, und den Bürgermeister von Haida, Jaromír Dvorák. Auch Archivar Petr Joza aus Tetschen, der 2016 das Tetschener Heimatarchiv übernehmen konnte, sowie der heutige Besitzer des Geburtshauses von Erika Rahnsch, Petr Kubat aus Falkenau-Kittlitz, waren anwesend.

Besonders begrüßte er aber die Gäste aus Waldkraiburg: Stadtarchivar Konrad Kern, Michael Lode, Enkel des Stadtgründers Emil Lode, der aus Leipa stammte, und Landkreishistoriker Daniel Baumgartner. Danach erklang durch eine Sängerin ein deutsches Heimatlied.

Blick in die Ausstellung: In der Mitte sind die Zeiger der Turmuhr der Haidaer Stadtpfarrkirche Mariä Himmelfahrt zu sehen.

Baumgartner überbrachte die Grüße des Landkreises Mühldorf und verlas die Rede von Elke Keiper, Museumsleiterin in Waldkraiburg, die sich wegen Krankheit entschuldigen musste. Er dankte für die gute Zusammenarbeit und erwähnte die für Mai 2025 geplante Busfahrt des Museumsfördervereins Waldkraiburg nach Leipa und die Ausstellung über den Waldkraiburger Gründungsbürgermeister Hubert Rösler, der aus der Region Leipa stammte und 2025 125 Jahre alt würde. Petr Kubat erinnerte an die sehr freundschaftlichen Kontakte, die er mit Erika Rahnsch bis zu ihrem Tod im Mai 2021 über viele Jahre pflegte. Er fühle sich wie ein Sohn von Erika Rahnsch.

Erstmals in der Geschichte der Sudetendeutschen konnte Archivar Konrad Kern hier in Leipa, der alten Heimat vieler Waldkraiburger Familien, eine Rede halten. Er sprach über die vielen Wege und Umwege, wie die wenigen geretteten persönlichen Dokumente im Vertreibungsgepäck der Jahre 1945 und 1946 und wie sie in späteren Jahrzehnten ihren Platz im Heimatarchiv fanden.

Bei Heimattreffen freuten sich die Besucher, wenn sie Einblick ins Archiv nehmen und sich für einige Stunden „daheeme“ fühlen. Die Sammlung wurde, wie der Stadtarchivar betonte, zu einer Ersatzheimat. Viele schöne Erinnerungen habe er, wenn er an das Heimatarchiv denkt, so zum Beispiel eine Ausstellung anlässlich der Vorstellung der drei Findbücher im August 2002 mit dem Titel „Schätze aus dem Haidaer Archiv“. Als Gastgeschenk überreichte Kern eine komplette Sammlung aller Bücher, Bildbände und Chroniken, die bisher zu Waldkraiburg gedruckt wurden.

Kern würdigte auch die große Lebensleistung von Erika Rahnsch, die das Heimatarchiv mehr als 30 Jahre lang betreute. Ihr war stets die Versöhnung und Verständigung zwischen Tschechen und Deutschen wichtig. Sie hätte, so ist sich Kern sicher, große Freude daran, dass das Archiv in der alten Heimat würdig untergebracht, wertgeschätzt und gepflegt wird und für Interessierte zugänglich ist.

Spontan ins Rathaus eingeladen

Die Waldkraiburger Besuchergruppe wurde nach der Eröffnung spontan vom Haidaer Bürgermeister zu einem Besuch ins Rathaus eingeladen. Dort konnte in einem kurzen Vortrag Konrad Kern an die Waldkraiburger Glasgeschichte erinnern, die ihre Wurzeln in der Haidaer Gegend hatte. Auch die örtliche Vorsitzende des deutschen Kulturverbandes, Hildegard Kopecká, die kürzlich ihren 85. Geburtstag feierte, war anwesend. Anschließend erhielten die Gäste eine Führung im Glasmuseum. Der Bürgermeister lud dann zum gemeinsamen Mittagessen ein.

Besuch im Rathaus: (von links) Historiker Daniel Baumgartner, Stadtarchivar Konrad Kern, Hildegard Kopecká, ein Dolmetscher und Bürgermeister Jaromir Hrorak.

Ein weiterer Höhepunkt der Reise erwartete die Waldkraiburger am Nachmittag. Archivar Michal Rádl zeigte in einer ausführlichen Führung das staatliche Kreisarchiv Ceská Lípa. Rádl konnte Michael Lode die Meldekarten seines Großvaters zeigen. Daniel Baumgartner war beim Anblick mittelalterlicher Leipaer Urkunden begeistert. Archivar Konrad Kern erhielt von seinem Kollegen Rádl einige Originalbaupläne von Hubert Rösler, der von 1923 bis 1945 in Hirschberg am See ein Baugeschäft hatte. Ein außerordentliches Zeichen guter Freundschaft. (mh/RE)

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