Das Ende eines Waldkraiburger Familien-Unternehmens
Spedition Lode ist Geschichte: Warum das eine gute Nachricht ist
Juristisch gibt es die Waldkraiburger Spedition Lode nicht mehr; sie ist jetzt eine Niederlassung des österreichischen Logistikers Gebrüder Weiss. Der ehemalige und aktuelle Chef, Rüdiger Lode, sieht darin nur Vorteile für sich und seine Mitarbeiter.
Waldkraiburg – Noch fahren sie, die gelb-blauen LKW mit der Aufschrift „Spedition Lode“. Aber nicht mehr lange. Denn auf dem Papier gibt es die Spedition nicht mehr, sie ist jetzt Teil des österreichischen Familien-Unternehmens Gebrüder Weiss (GW).
Am 1. November 2022 war nach 63 Jahren Schluss mit Lode. Oder doch nicht? Immerhin ist der alte Chef auch der neue: Rüdiger Lode. Er ist jetzt Niederlassungsleiter und verspricht: „Solange ich da bin, werden wir den Betrieb so führen wie in den vergangenen Jahren.“
Lode ist mit dem Verkauf im Reinen. „Wir wären im Wettbewerb immer ein Stück hinten dran gewesen. Jetzt haben wir die Chance, vor die Welle zu kommen.“ Mit 60 Mitarbeitern und 23 eigenen Lkw hatte Lode seit Jahren in dem hart umkämpften Speditions-Markt mit den geringen Margen eine schwierige Größe: „Wir waren zu klein, um groß zu sein, und zu groß, um klein zu sein.“ Gegen die Großen der Branche gab es keine Chance; Lode war aber auch kein unverzichtbarer Nischen-Anbieter.
Hinzu kam, dass sich aus der Familie (noch) kein Nachfolger aufdrängte. Der studierte Maschinenbauer ist 1993 in den Familienbetrieb eingestiegen, um seinem Vater Arnulf den Wahlkampf für den Bayerischen Landtag zu ermöglichen. Jetzt ist Rüdiger Lode selber 57 und musste die Betriebsnachfolge planen.
Spedition Lode
Emil Lode hatte bereits 1930 in Böhmisch-Leipa (Sudetenland) eine Spedition gegründet. Nach dem Krieg kam er nach Waldkraiburg, war einer der Treiber der Stadtgründung und baute hier zunächst eine Knopf-Fabrik auf, ehe er 1959 die Spedition Lode gründete. „Die Familie Lode war in allen Bereichen der Stadt wichtig: Politik, Sport und Vereine“, urteilt Stadtarchivar Konrad Kern. „Lode ist in Waldkraiburg ein guter Name, den man viele, viele Jahrzehnte gewohnt war. Es ist schade, wenn das Unternehmen und mit ihm die gelb-blauen Fahrzeuge in den Stadtfarben verschwinden. Das war ja auch eine Werbung für die Stadt.“
Im Sommer 2021 gab es den ersten Kontakt mit den Österreichern. „Wir haben uns hier zwei Stunden ganz entspannt unterhalten“, erzählt Lode. Zehn Tage später kam das Angebot. „Ich hatte das Gefühl, da fährt ein Zug, der gut zu uns passt, und wir haben die Chance, auf den fahrenden Zug aufzuspringen.“
Innerhalb von 48 Stunden hatte er die restlichen Familiengesellschafter überzeugt. Dann informierte er die Mitarbeiter.
„Ich war zuerst schon mal erschrocken“, erinnert sich Raphaela Kovacs (39) aus der Personalabteilung, „es ist ja alles sehr schnell gegangen. Als wir es erfahren haben, war schon fast alles erledigt. Die älteren Mitarbeiter hatten zu schlucken.“ – „Es war schon viel Angst da“, weiß Lode. Aber das ist jetzt vorbei. Es habe auch niemand deswegen gekündigt. Alle sind noch da.
Nach einem Übergangsjahr ist die Spedition jetzt vollständig in Gebrüder Weiss aufgegangen, gehört jetzt mit Passau und Straubing zur Einheit Ostbayern mit Zentrale in Memmingen. Das wird immer sichtbarer: Am Firmengelände wehen schon die orangen Fahnen; auf dem Hof stehen schon fünf LKW und ein Sattelzug in Orange. Schritt für Schritt werden es mehr, folgen die Beschriftungen und die Wechselbrücke. „In fünf bis sechs Jahren wird die letzte Plane mit Lode verschwunden sein“, so Lode.
Dann wird vielleicht auch der Standort in der Geretsrieder Straße Geschichte sein. GW möchte nämlich, wenn der Ausbau in Straubing abgeschlossen ist, in Waldkraiburg investieren und die Niederlassung verdoppeln. Bei der Stadt sei schon das Interesse für einen größeren Standort hinterlegt.
Gebrüder Weiss
Gebrüder Weiss ist ein internationales Transport- und Logistikunternehmen aus dem österreichischen Lauterach mit rund 8.500 Mitarbeitern an 180 Standorten in 35 Ländern. 2021 betrug der Jahresumsatz 2,5 Milliarden Euro. Das Unternehmen bietet Landtransporte, Luft- und Seefracht sowie Logistiklösungen. Die Wurzeln des Unternehmens reichen bis zum Jahr 1474 zurück, als die Vorfahren der Eigentümerfamilie Senger-Weiss als Lindauer Boten die Handelszentren Mailand und Lindau miteinander verbanden. Das Unternehmen ist heute noch im Familienbesitz und wächst beständig.
„Ich finde es total spannend, in einem Konzern zu arbeiten“, freut sich Lode. Auf der einen Seite sei es jetzt wesentlich mehr an Zahlen orientiert, auf der anderen ist er nicht mehr allein, sondern Teil einer großen Konzern-Familie. „Wenn ich ein Problem habe, gibt es immer einen Spezialisten“, der in kürzester Zeit eine Antwort liefert: egal ob Arbeitsrecht, Leerfahrt, Spezial-Transport oder Angebote erstellen. „Das ist eine orange Familie, in der wir uns gegenseitig helfen.“
Das schätzt auch Personalerin Kovacs. Sie war vorher für die Lohnabrechnung der 60 Waldkraiburger zuständig, jetzt für alle 180 in Passau, Straubing und Waldkraiburg. „Ich sehe das positiv.“ Auch Vertretungen sind im Konzern wesentlich leichter zu organisieren und sie kann jetzt im Homeoffice arbeiten. Das entspannt; immerhin hat sie zwei Kinder im Alter von vier und neun Jahren. „Da ist immer irgendwas.“
Und noch ein Plus gibt es: Durch den GW-Konzern hat Waldkraiburg ein ganz anderes Standing. „Wir bekommen jetzt Kunden, bei denen wir vorher nie eine Chance hatten“, erzählt Lode, „aber den Gebrüder Weiss trauen sie das zu.“ Aus diesem Grund hätten sie jetzt auch die Ausschreibung für den europaweiten Versand eines großen Unternehmens aus dem Landkreis Mühldorf gewonnen.
Kein Wunder, dass Lode für sich, seine Mitarbeiter und den Standort Waldkraiburg zuversichtlich ist: „Wir werden weiter wachsen und neue Kunden haben.“

