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Mehr als sechs Tonnen Hilfsgüter aus Waldkraiburg für die Ukraine

„Plötzlich sitzt der Krieg am Frühstückstisch“

Dem Krieg plötzlich so nah: Pater Jacek (von links), Maria Regler und Bernfriede Martin-Gössl.
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Dem Krieg plötzlich so nah: Pater Jacek (von links), Maria Regler und Bernfriede Martin-Gössl.

Noch immer herrscht Krieg in der Ukraine, noch immer feuert Russland Raketen auf sein Nachbarland ab. Viele Menschen sind seitdem auf der Flucht, in der Ukraine fehlt es an dem Nötigsten. Um die Not ein wenig zu lindern, haben sich zwei Waldkraiburger Hilfskonvois auf den Weg gemacht. Mit unterschiedlichen Erfahrungen.

Waldkraiburg – „Und plötzlich sitzt der Krieg am Frühstückstisch.“ Maria Regler ist von den Folgen ihrer spontanen Hilfsbereitschaft für die Menschen in der Ukraine immer noch gezeichnet. Kein Wunder: Am Anfang stand ihr privater Aufruf, für die Menschen in der Ukraine zu sammeln; eine Woche später saß eine vierköpfige Flüchtlingsfamilie an ihrem Frühstückstisch. Und mit ihnen der Krieg: über Whatsapp live in Ton und Farbe.

Der Neun-Sitzer war bis obenhin voll, den eine private Initiative um Jacek, Maria Regler und Bernfriede Martin-Gössl nach Krakau gebracht haben.

„Es ist unvorstellbar. Da kommt ein Video aus dem Ort, wo die gewohnt haben“, erinnert sich Regler. „Wir sehen, wie die Tankstelle neben ihrem Haus beschossen wird und explodiert – und wohl auch ihr Haus. Der kleine Junge ruft nach seinem Vater, der im Krieg ist, und presst seinen Teddy an sich. Die Oma hält ihren Enkel im Arm und zittert selber wie Espenlaub“, fasst Regler ihre Eindrücke in Worte.

Die Oma und ihr Enkel: Warten auf den Zug nach Bremen.

Eine Stadt voller Flüchtlinge

Der Krieg – anfangs so weit weg – war plötzlich unmittelbar in ihrem Leben; wie auch in dem von Bernfriede Martin-Gössl und Waldkraiburgs Pfarrvikar Pater Jacek Styrczula. Sie hatten mitgeholfen, um die gespendeten Hygieneartikel, Windeln, Babynahrung und vieles mehr am Samstag nach Kriegsbeginn auf vier Sprinter zu laden und zur Ukrainisch-Griechisch-Katholischen Pfarrei nach München zu schicken.

Weil aber immer noch so viel da war, lieh Pater Jacezek von den Salesianern aus Waldwinkel kurzerhand einen Neun-Sitzer-Bus aus. „Wir haben eine Bank ausgebaut und den Bus beladen“, erzählt Jacek. „Am Ende war er voll bis oben hin.“ Das Ziel waren die Salesianer im polnischen Krakau. Martin-Gössl war mit von der Partie: „Zuerst dachte ich, es geht nach München.“ Als sie das eigentliche Fahrtziel realisierte, blieb sie natürlich bei ihrer Zusage.

Mit sechs Fahrzeugen und rund sechs Tonnen Hilfsgütern machte sich der EHC-Hilfstransport auf den Weg.

Die Fahrt führt an den Schlachtfeldern der Schlacht von Austerlitz vorbei und endete in Krakau in direkter Nachbarschaft des Krieges. Die ukrainische Grenze ist nur 250 Kilometer entfernt; Drohnen und Bomben nicht mehr fern und abstrakt, Flüchtlinge in der Stadt. „Der Krieg war direkt vor der Tür“, so Martin-Gössl. „In Waldkraiburg herrscht Betroffenheit, dort die nackte Angst.“

An der Grenze wurde der EHC-Konvoi kontrolliert, damit keine Spione in die Ukrainie kommen.

Die Salesianer haben die Spenden umgeladen und ins ukrainische Lemberg gebracht, von wo sie weiter verteilt wurden. Die Ordensbrüder, sonst eher sanftmütige Betreuer und Lehrer von Jugendlichen, organisierten Transporte, saßen selber hinter dem Steuer und drehten Videos von der Ankunft im Kriegsgebiet. „Ich habe meine Mitbrüder neu erlebt“, war Pater Jacek beeindruckt.

Kleine Familie mit nach Waldkraiburg genommen

Auf dem Rückweg nahmen Martin-Gössl und Pater Jacek eine vierköpfige Familie mit. Eine Mutter mit ihrer zwölfjährigen Tochter und ihrem vierjährigen Sohn sowie mit der Großmutter, die zu Verwandten nach Bremen wollten. „Die Frau hatte ihren ersten Mann bereits im Krimkrieg verloren und ihr zweiter ist als Offizier jetzt ebenfalls im Krieg“, erzählt Regler. Sie konnten bei ihr eine Nacht schlafen, ehe sie mit dem Zug nach Bremen zu ihren Verwandten fuhren. Tage, die alle etwas aus der Bahn geworfen haben. „Ich habe ein paar Tage gebraucht, um hier wieder anzukommen“, meint Martin-Gössl, die diese Erfahrungen aber nicht missen möchte.

Mit einem guten Gefühl heimgekommen ist auch EHC-Präsident Wolfgang Klose. Mit elf Mitstreitern hatte er sich am Freitag in Richtung Ukraine aufgemacht. Ursprünglich war geplant, die Hilfsgüter in Ungarn und Rumänien abzugeben zur weiteren Verteilung. Doch es kam anders. „Wir wollten sicher sein, dass die Güter dort ankommen, wo sie gebraucht werden.“ In beiden Ländern war das nicht länger der Fall, weshalb man kurzfristig eine andere Lösung brauchte.

An einer Tankstelle in der Ukraine hatte man sich getroffen, um die Hilfsgüter umzuladen.

Ein Mitfahrer, der in der Ukraine aufgewachsen ist, stellte während der Fahrt, einen Kontakt in der Ukraine her, dem man die sechs Tonnen Hilfsgüter guten Gewissens anvertrauen konnte. „Dazu hätten wir zunächst 100 Kilometer ins Landesinnere fahren sollen, das war uns aber zu heikel.“ Getroffen haben sie sich dann knapp zehn Kilometer hinter der Grenze, um alles umzuladen. Der Krieg hat hier zwar noch keine Spuren hinterlassen, doch auf den Straßen sei niemand zu sehen gewesen. Alles sei abgeriegelt gewesen. Auch die gründliche Kontrolle und die mit Maschinenpistolen ausgestatteten Zollbeamten an der ukrainischen Grenze zeigten ein anderes Bild. Wie sie später erfahren haben, hätten nur 150 Kilometer weiter Raketen eingeschlagen.

Der Mann bleibt für den Kampf

An der Grenze zurück nach Ungarn kommen sie mit einer Ukrainerin ins Gespräch. Mit ihren beiden Kindern hat sie Kiew verlassen. Ihr Mann ist geblieben, um zu kämpfen. Mehr als in den Kofferraum passte, konnte sie nicht retten. Fünf Tage war sie bereits unterwegs, an der Grenze zu Ungarn ging es erst einmal nicht weiter, weil sie für ein Kind keine Papiere dabei hatte. „Das Verhalten der ungarischen Grenzbeamten hat uns entsetzt“, erzählt Klose.

Mit sechs Tonnen Hilfsgütern sind die Helfer in die Ukraine aufgebrochen. Leer wollten sie nicht nach Hause kommen, sondern Flüchtlingen eine Mitfahrgelegenheit bieten. „Dazu gab es gar nicht die Chance. Die Flüchtlinge waren in der neutralen Zone abgeschottet.“ Und so ging es am Sonntag leer zurück nach Waldkraiburg. Die Autos zwar leer, aber jeder Fahrer voller neuer Erfahrungen. Erfahrungen, die trotz der Strapazen allen ein gutes Gefühl gibt. Dass sie genau das richtige getan, bewies ihnen ein Video, das sie noch auf der Heimfahrt erreicht: ein Video, in dem sich alle beteiligten Ukrainer für die Hilfe bedanken.

Die Hilfe geht weiter

Waldkraiburger und Schönberger Familien und Helfer sammeln vom 24. bis 26. März wieder Hilfsgüter für die Ukraine. Am 27. März werden die Spenden dann wieder unter Mitwirken von Pater Jacek von den Salesianern Don Bosco mit einem 40-Tonner nach Krakau gefahren und von dort in die Ukraine verteilt. Die Sachspenden werden im Waldkraiburger Pfarrsaal Maria Schutz sowie in Schönberg Peitzing 7a entgegengenommen. An der Aktion will sich auch die Realschule Waldkraiburg beteiligen. Klassenweise will man sammeln, was für die Ukraine benötigt wird. An der Realschule sind auch weitere Aktionen geplant.

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