Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Eröffnung am 28. Juli 2022

Neues Kunstmuseum in Waldkraiburg: Warum die Sammlung von Peter Schmidt einmalig ist

Der Maler in der Wirtsstube von Friedrich von Keller war die Initialzündung für die Sammlung von Peter Schmidt, wie Stiftungsvorstand Axel Kuttner (rechts) den Kuratoren Dr. Helmut Hess und Julie Kennedy erzählt.
+
Der Maler in der Wirtsstube von Friedrich von Keller war die Initialzündung für die Sammlung von Peter Schmidt, wie Stiftungsvorstand Axel Kuttner (rechts) den Kuratoren Dr. Helmut Hess und Julie Kennedy erzählt.

Der Termin für die Eröffnung des neuen Museums „Bilder erzählen – Sammlung Peter Schmidt“ steht endlich. Wie der Unternehmer Peter Schmidt damit seiner Heimatstadt dankte und ein Haus schuf, das in Bayerns Museumslandschaft einen bedeutenden Platz erobern kann.

Waldkraiburg – Noch bedeckt Malervlies im neuen Museum „Sammlung Peter Schmidt“ den Parkettboden. Noch markieren Kreppbänder die Stellen für die Erklärtexte. Noch liegen Werkzeugkisten herum, lehnen Bilder an den Wänden. Doch nicht mehr lange.

Die Handwerker richten die Laserwasserwaage aus, halten die Gemälde an die Wand, überprüfen ein letztes Mal Höhe und Ausrichtung und machen sich an die Arbeit. Am 28. Juli ist es endlich soweit. Dann öffnet neben dem Haus der Kultur das Museum „Bilder erzählen –Sammlung Peter Schmidt“ endlich seine Tore. Nach Jahren des Verhandelns, Planens, Bauens und Wartens.

In der Breite und Qualität besser als das Lenbachhaus

Ein privates Museum, das – so Kurator und Kunsthistoriker Dr. Helmut Hess – mit seinen Werken der Genremalerei aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ein neuer Leuchtturm in Bayerns Museumslandschaften werden kann. „In dieser Breite und Qualität gibt es so eine hochkarätige Sammlung nicht noch einmal.“

Sicher, das Münchner Lenbachhaus hat auch Werke aus dieser Zeit, aber nicht in dem Umfang und in dieser Tiefe. „Diese Sammlung ist für die Genremalerei repräsentativ“, sagt Mit-Kuratorin Julie Kennedy.

Die Sammlung zeigt unter anderem Werke von wichtigen Vertretern wie Carl Theodor von Piloty, Franz von Defregger, Hugo Kauffmann, Ludwig Knaus, Benjamin Vautier und Ernestine Friedrichsen.

„Projektionen einer idealen Welt“

Das Museum war ein Lebenstraum von Peter Schmidt.

Der Waldkraiburger Unternehmer Peter Schmidt hatte sich Zeit seines Lebens der Genremalerei der Münchner und Düsseldorfer Schule verschrieben. Bilder, die idealisierte Alltagsszenen des damaligen Lebens zeigen: die Bäuerin, die mühelos mit einem Heukorb auf dem Kopf über ein Gatter steigt; das Kartenspiel im Wirtshaus; die junge Frau mit ihrem ersten Liebesbrief. Kennedy: „Es sind Projektionen einer idealen Welt.“

Hess und Kennedy haben aus dem Bestand von gut 240 Bildern 115 für die Dauerausstellung ausgewählt und gruppiert: Wirtshaus und Geselligkeit, Landleben, Arbeit, Religion und Rituale, Liebe und Galanterie, Familienglück. Zentraler Punkt ist der blaue Salon mit den Highlights; zugleich ist es der Raum für die geplanten Begleitveranstaltungen.

Am Anfang stand der Zufall

Ein Bild ist besonders prominent platziert: ein Maler, der in einem Wirtshaus einen Schlafenden skizziert. Peter Schmidt hatte dieses Werk als junger, noch armer Mann 1954 in Wien zufällig gesehen. Schmidt musste es haben, feilschte und kaufte es. Den Preis musste er in Raten abstottern. Das war der Beginn.

Es sind Bilder, die Geschichten erzählen, Humor haben. Bilder, die sich die damaligen Großbürger in ihre Salons hängten, um sich daran zu erfreuen und um zu repräsentieren. Bilder, die nicht nur in München, sondern weltweit gefragt waren. Bilder, die trotz ihres Inhalts und Stils auch den Aufbruch in die Moderne markieren. Sie wurden in Deutschland, Europa und Amerika erstmals in den aufkommenden Illustrierten abgedruckt. Die Werke gingen international auf Tournee. Die Maler wurden freischaffende Künstler, die nicht mehr nur für den Adel oder Klerus schufen, sondern für den neuen Geldadel, der eine heile Welt wollte. Kurator Hess: „Modern ist die Orientierung des Künstlers am Markt.“

Lebendige Bilder mit Geschichten und Witz

Ein neuer Mainstream entstand. „Das ist Kunst für das breite Publikum. Sie ist sehr ansprechend und man kann immer etwas entdecken“, so Hess. „Die Bilder haben eine Geschichte, einen Witz und sind leicht konsumierbar.“

Das hatte auch Peter Schmidt geschätzt. Er habe – so die Erzählungen – die Werke immer wieder mit der Lupe betrachtet – stundenlang und immer wieder Neues entdeckt.

Schmidt sammelte mit großer Kennerschaft und ließ sie gekonnt restaurieren. Die Farben sind teils so frisch und klar, als wären sie gestern erst gemalt worden. Sie strahlen und leuchten. Sie leben.

Kunst so wichtig wie gutes Benehmen

Während die Handwerker die Bilder hängen, sitzen ein paar Meter weiter Museumsleiter Andreas Seifinger und Stiftungsvorstand Axel Kuttner in einem spartanischen Büro und besprechen die Ideen für die Eröffnung, die Flyer und das Begleitprogramm bis zum Jahresende.

„Das Haus soll leben“, so Kuttner. Die Besucher sollen nicht einmal, sondern immer wieder kommen. Daher wird ein vielfältiges Programm mit Wechselausstellungen, Konzerten, Lesungen sowie mit Veranstaltungen mit und für Schulen und Kinder geplant; Letzteres in Zusammenarbeit mit der Stadt. „Kunst rundet das Leben ab wie gutes Benehmen“, sagt Kuttner. „Sie bereichert.“

Das Leben und Wirken von Peter Schmidt

Peter Schmidt wurde am 4. Januar 1932 in Hannover geboren, wuchs in Westpreußen auf und kam im August 1946 als Vertriebener nach Waldkraiburg. Hier fand er eine neue Heimat, baute mit dem Gummiwerk Kraiburg ein weltweit tätiges Familienunternehmen auf und kam zu Wohlstand.

Waldkraiburg wuchs im ans Herz. Er wollte dem Ort, dem er so viel verdankte, etwas zurückgeben. So förderte er den Sport und die Kunst und es war ihm ein Herzenswunsch, seine Sammlung hier dauerhaft auszustellen. Deswegen gründete und finanzierte er eine Stiftung. Diese kaufte das Grundstück, baute das Museum und finanziert den laufenden Betrieb. Peter Schmidt starb im Januar 2017.

Kommentare