Schulen in Waldkraiburg und Mühldorf diskutieren
Klimawandel und Energiekrise: Haben Skilager an Schulen noch eine Zukunft?
Ein weißes Band zieht sich durch die braun-grüne Landschaft den Berg hinunter, die meisten Lifte stehen still. Der Klimawandel hat zu Beginn des Winters ein deutliches Bild gezeichnet. Machen unter solchen Umständen Skilager überhaupt noch Sinn? Nachgefragt bei Schulen im Landkreis Mühldorf.
Waldkraiburg/Mühldorf - Raus aus dem Klassenzimmer, rein ins Pistenvergnügen: Für viele Schüler ist das Skilager ein Erlebnis, dessen Erinnerung selbst Jahre später nicht verblasst. Gemeinsam mit Freunden auf den Brettern durch die verschneite Landschaft und am Abend die gemeinsame Zeit genießen. Doch die verschneiten Landschaften werden immer grüner, die Fragen nach dem Sinn eines Skilagers immer lauter. Auch an Waldkraiburgs Schulen und am Ruperti-Gymnasium Mühldorf diskutiert man über die Sinnhaftigkeit.
Alternativen im Programm haben bereits die Realschule und das Gymnasium Waldkraiburg. Nicht den generellen Diskussionen, sondern der Corona-Pandemie geschuldet. „Wir wollten unseren Schülern eine Alternative anbieten, die Planungen waren dann aber wegen Corona überflüssig. Trotzdem wollten wir heuer dabei bleiben“, sagt Werner Groß, Schulleiter der Realschule. Statt ins Skilager ging es bereits im November in eine Sportwoche.
Vieles dafür, vieles dagegen
„Über Skilager wurde schon immer diskutiert - auch im Kollegium“, sagt Groß. Der Idee kann er zwar einiges abgewinnen, dass Schüler im Skilager „mit etwas in Berührung kommen, was man sonst nicht macht“. Doch es gebe auch andere Aspekte, die Finanzen der Eltern, die Ökologie und der Klimawandel. „Vieles spricht dafür, vieles dagegen, die Argumente wollen wir in Ruhe besprechen.“
Eine Entscheidung ist am Gymnasium gefallen. „Ein Skilager wird es nicht mehr geben“, sagt Schulleiter Helmut Wittmann. Als Corona-Alternative hat man eine Sportwoche angeboten und damit gute Erfahrungen gemacht. So gut, dass man dabei bleiben will. „Am Ende haben die Argumente pro Sommerwoche überwogen.“ Die Entscheidung lasse sich aber nicht auf Nachhaltigkeit reduzieren, viele Aspekte hätten zum Ergebnis geführt. Unter den Schülern gebe es immer mehr Anfänger, für die Familien stelle es zum Teil einen finanziellen Aufwand dar. Für einen Sport, den man anschließend oft nicht weiter betreibt.
Mit dem Ersatz des Skilagers durch eine Sommersportwoche gehe zwar die „Bewegung draußen im Winter“ verloren, aber der Sommer hat seine Vorteile. „Sportlich schwächere Schüler haben im Sommer mehr Möglichkeiten, aktiv zu sein.“ Zum Beispiel beim Bogenschießen, Floßbau, Überlebenscamp im Wald oder Yoga. So ganz will man am Gymnasium den Wintersport aus der Unterstufe nicht verbannen, sondern will ihn auf andere Art und Weise integrieren. Zum Beispiel mit Eislaufen in der Eishalle.
„Es geht um das Gemeinschaftsgefühl“
Über Ökologie, Kosten und Aufwand gilt es zu diskutieren. Gymnasium und Elternbeirat haben sich ausgetauscht. Ob Sportwoche im Sommer oder Winter - es geht um das Gemeinschaftsgefühl. „Das hat man bei beiden, aber im Sommer gibt es mehr Alternativen“, sagt Elternbeiratsvorsitzender Florian Schlögel. Argumente gebe es für beide Seiten, nicht nur bei den Eltern. Seine beiden älteren Kindern fanden ihre Skilager super, aber auch eine Sommersportwoche ist gut vorstellbar für sie. Das jüngste Kind hingegen würde wieder lieber ins Skilager fahren.
Noch nicht endgültig abschreiben will man das Skilager am Ruperti-Gymnasium Mühldorf. „Natürlich stellen wir uns die Nachhaltigkeitsfrage, auch der Aufwand für die Eltern ist sehr groß und dann ist da noch der Kostenfaktor“, sagt Schulleiterin Christine Neumaier. Für viele ist Skifahren nicht mehr so leicht zugänglich, die Hälfte der Schüler sei heuer im Skilager Anfänger gewesen. Über Alternativen will sich die Sportfachschaft Gedanken machen, denkbar wäre zum Beispiel eine Sommersportwoche. Ob für oder wider: Christine Neumaier sieht eine Entscheidung „nicht in Stein gemeißelt“. Skigebiete könnten sich künftig mehr dem Thema Nachhaltigkeit verschreiben, vielleicht entsprechend mit Angeboten reagieren, wenn Schul-Skifahrten ausbleiben. Bei Sportwochen gibt noch einen anderen Aspekt zu berücksichtigen: „Die Diskussionen darüber, wie man seine Freizeit gestalten will, gehören dazu“, sagt Christine Neumaier. Schulfahrten bieten einen geeigneten Rahmen, solche Themen zu platzieren. Nicht zuletzt hat auch die Corona-Pandemie deutlich vor Augen geführt, wie wichtig es ist, Schulfahrten durchzuführen. „Es gibt kaum etwas Wirksameres.“
Doch was bleibt beim Skilager ist die Unsicherheit mit dem Wetter. Glück hatten heuer die 7. Klassen des Ruperti-Gymnasiums Mühldorf. „Eine Woche zuvor hatten im Skigebiet nur zwei Lifte offen“, erzählt Elternbeiratsvorsitzende Irene Umschlag. Zum Skilager selbst waren dann alle geöffnet. Irene Umschlag findet das Skilager „wunderbar“, weiß aber auch, dass es eine schwierige Entscheidung ist. „Es gibt nicht mehr Pro und nicht mehr Contra. Viele Eltern wären vermutlich traurig, wenn es das Skilager nicht mehr gebe“, sagt sie. So schön es ist, dass die Jugendlichen einen Skikurs machen können. Gleichzeitig könne man sich die Frage stellen, ob man Skifahren gehen will, wenn außen rum alles grün ist.