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Waldkraiburgerinnen gewinnen EM-Medaillen

„Ängstliche Mädels“ werden zu Champions: So hart schuften diese Karate-Ausnahmetalente dafür

Jessica Vlai (links) und Alexandra Wolf mit ihrem Trainer Adnan Akgün im Dojo der Kampfsportschule Asia Sports in Waldkraiburg. Die beiden Athletinnen gewannen zuletzt bei der EM in Georgien Bronze-Medaillen für ihre Leistungen im Karate.
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Jessica Vlai (links) und Alexandra Wolf mit ihrem Trainer Adnan Akgün im Dojo der Kampfsportschule Asia Sports in Waldkraiburg. Die beiden Athletinnen gewannen zuletzt bei der EM in Georgien Bronze-Medaillen für ihre Leistungen im Karate.

Ausgezeichnete Sportlerinnen: Jessica Vlai und Alexandra Wolf sind mit Bronze-Medaillen von der Karate-Europameisterschaft in Tiflis, Georgien, zurückgekehrt. Ein Erfolg, für den die Waldkraiburgerinnen lange trainiert haben. Warum sie selbst ihre größten Gegnerinnen sind.

Waldkraiburg – „Es gab Zeiten, da haben wir mehr Zeit im Dojo verbracht als daheim”, sagt Jessica Vlai. Der Dojo, das ist ihr Trainingsraum bei Asia Sports in Waldkraiburg. Sie und Alexandra Wolf sind quasi dort groß geworden und seit Jahren gut befreundet: Mit dreieinhalb Jahren standen beide zum ersten Mal auf der Matte. „Ich war damals sehr schüchtern, jemanden anzuschreien, war so gar nicht das, was ich wollte”, erinnert sich Vlai. Warum sie trotzdem dabei geblieben ist? Ein Freund von ihr hatte so einen schönen farbigen Gürtel – das wollte sie auch.

Als Jessica Vlai mit 3,5 Jahren zum ersten Mal auf der Matte stand, konnte sie sich kaum vorstellen, jemanden anzuschreien. Inzwischen ist der Dojo, japanisch für Trainingsraum, ihr zweites Zuhause.

Alexandra Wolf ist über Taekwondo zum Kampfsport gekommen. „Meine Mutter hat damals in der Stadt einen Flyer bekommen, aber beim Taekwondo habe ich mich nicht getraut, sogar ein bisschen geheult”, sagt sie. Bei Karate hat sie dagegen schnell gemerkt, dass es passt. Trainer Adnan Akgün kennt die jungen Frauen von klein auf und bestätigt: „Als die beiden angefangen haben, waren sie zwei wirklich ängstliche Mädels.” Davon merke man heute nichts mehr, der Dojo ist längst ihr zweites Zuhause.

Beim vierten Anlauf mit Medaille heimgekehrt

Auf der Tatami, der Kampfsportmatte, triumphieren sie nicht nur in Waldkraiburg, sondern auf der ganzen Welt. Kroatien, Türkei, Zypern und das Emirat Fudschaira sind nur eine kleine Auswahl ihrer Wettkampf-Austragungsorte. Zuletzt waren sie in der georgischen Hauptstadt Tiflis, wo sie sich bei der Europameisterschaft den dritten Platz erkämpft haben.

Alexandra Wolf (rechts) bei der Karate-EM in Georgien. Sie startet in der Disziplin „Kumite”, bei der sie gegen eine Gegnerin kämpft, ohne dass die Techniken vorher abgesprochen werden.

„Für mich war es schon die vierte EM, aber sonst bin ich immer in der ersten Runde ausgeschieden”, erzählt Wolf. Nun diesen Erfolg zu haben, habe sie sehr glücklich gemacht. Sie tritt in der Disziplin „Kumite” an, bei der sie gegen eine Gegnerin kämpft, ohne dass die Techniken vorher abgesprochen werden. Vor allem der mentale Kampf fordere sie heraus, wenn es Richtung Finale gehe, habe sie oft eine Blockade. Dann hilft es, wenn Trainer Akgün, „den Schalter wieder umlegt”, wie er sagt, die Athletin aufbaut.

„Vor Freude Rotz und Wasser geheult“

„Jessi ist dagegen sehr euphorisch, da ist es gut, wenn ich etwas Ruhe reinbringe”, erzählt Akgün. Vlai hat sich auf die Disziplin „Kata” spezialisiert und präsentiert eine genau festgelegte Bewegungsabfolge. Manchmal müsse sie sich bremsen, um auf ihren Körper zu hören. Normalerweise trainiert sie zweimal am Tag, manchmal auch drei kürzere Einheiten. Kurz vor der EM habe sie durch zu viel Training die Kapsel im Fuß überlastet. Mit Schmerzen stand sie in Georgien auf der Tatami. „Nach dem verlorenen Halbfinale habe ich mich erstmal ziemlich geärgert, aber als ich dann Dritte wurde, habe ich vor Freude Rotz und Wasser geheult”, erzählt sie.

Jessica Vlai freut sich über die Bronze-Medaille bei der EM in Georgien. Auch ihr Papa Ronald Vlai, der sie stets zu Wettkämpfen begleitet, ist sichtlich stolz.

„Ich war absolut stolz, bin ich immer noch”, sagt auch ihr Vater Ronald Vlai, der sie wie so oft zum Wettkampf begleitet. „Auch ich gebe ja viel Geld, Zeit und Nerven, mache Überstunden, um genügend Freizeit zu haben und mit Jessi reisen zu können.” Bis vor kurzem sind sie einmal im Monat gemeinsam nach Frankfurt zu Trainings des Bundeskaders gefahren: Ronald Vlai vorne am Steuer, Jessica Vlai hinten und laut Latein lernend – sie hat darin ihr Abitur am Gymnasium Waldkraiburg abgelegt.

Weiter trainieren durch den Spitzensport der Polizei

Direkt nach der Schule begann Vlai, die heute 18 Jahre alt ist, vergangenes Jahr eine Ausbildung bei der Bayerischen Polizei in Dachau, verbunden mit einer Spitzensportförderung. Ein Ausbildungsmodell, das es ihr nach einer jährlichen viermonatigen Präsenzphase ermöglicht, acht Monate pro Jahr für Trainings und Wettkämpfe freigestellt zu werden. Dafür erstreckt sich die Ausbildung über 4,5 Jahre.

Direkt nach ihrem Schulabschluss begann Jessica Vlai eine Ausbildung bei der Bayerischen Polizei in Dachau, verbunden mit einer Spitzensportförderung. Das ermöglicht ihr, weiter an Trainings und Wettkämpfen teilzunehmen.

Ein Weg, den auch die 16-jährige Wolf anstrebt. „Ich wollte schon immer gerne Polizistin werden.” Derzeit besucht sie die Realschule Waldkraiburg, die sie im Sommer mit der mittleren Reife abschließen wird. Trainer Akgün begrüßt das, er ermutigt seine herausragenden Athletinnen und Athleten diesen Weg zu gehen und mit dem Leistungssport weiterzumachen.

80 Prozent des Wettkampfes auf mentaler Ebene

Doch nicht nur das Training an sich muss stimmen, sondern auch alles drumherum: der Körper, die Psyche, die Betreuung bei Wettkämpfen, die Gemeinschaftsarbeit mit den Eltern. Davon ist Akgün überzeugt. „Das Durchsetzungsvermögen und den Ehrgeiz, dass sie etwas erreichen wollen, haben alle beide”, sagt er.

Nicht nur der körperliche, auch der mentale Kampf ist für die 16-jährige Athletin Alexandra Wolf herausfordernd.

Allein in den Wettkämpfen auf europäischer oder weltweiter Ebene antreten zu dürfen, sei schon ein großer Gewinn. Die Chancen für eine Nominierung zur Weltmeisterschaft stünden für beide gut, ein dritter Platz könnte sogar drin sein, äußert Akgün vorsichtig. „Der größte Gegner sind sie selbst”, betont der Trainer. Denn 80 Prozent des Wettkampfes würden auf mentaler Ebene stattfinden.

Abnehmen um nicht in höhere Gewichtsklasse zu geraten

Kumite-Athletin Wolf muss aber auch eine körperliche Hürde nehmen: Um in ihrer Gewichtsklasse von 53 Kilogramm antreten zu dürfen, muss sie abnehmen. „Zum Glück nur ein bis zwei Kilo, aber es gibt auch Athletinnen, die für den Wettkampf bis zu sieben Kilo abnehmen”, erzählt sie. Nur 500 Gramm mehr sind beim Wiegen erlaubt. Sonst müsste sie sich für die höhere Gewichtsklasse von 59 Kilogramm anmelden – bei der die Athletinnen in der Regel deutlich größer sind.

Schon zum vierten Mal hat Alexandra Wolf an einer EM teilgenommen, zum ersten Mal hält sie nun eine Medaille in der Hand. „Diesen Erfolg zu haben, hat mich sehr glücklich gemacht“, sagt sie.

All die Anstrengungen nehmen die beiden jungen Frauen gerne in Kauf. „Ich liebe Karate und wüsste nicht, was ich ohne machen würde”, sagt Wolf. Über die Jahre haben sie eine Routine entwickelt, was Trainings und Wettkämpfe betrifft. In ihrem Sport weit vorne mit dabei zu sein, davon träumen beide seit Jahren. „Als Nächstes wird der WM-Titel angestrebt. Mal sehen, ob das möglich ist – aber wir geben alles dafür”, sagt Jessica Vlai.

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