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„Es war mir wichtig zu sehen, wo sie gearbeitet haben“

Hier litten ihre Eltern: Tochter von Zwangsarbeitern besichtigt Waldkraiburger Bunker

Zu Gast in Waldkraiburg: Stadtarchivar Konrad Kern, Helena Kasjan, ihr Mann Dolek Kasjan, Krystyna Stefanowska und Andreas Klinke.
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Das Kind polnischer Zwangsarbeiter zu Gast in Waldkraiburg (von links): Stadtarchivar Konrad Kern, Helena Kasjan, ihr Mann Dolek Kasjan, Krystyna Stefanowska und Andreas Klinke.

Ihre Eltern waren Zwangsarbeiter im ehemaligen Pulverwerk in Waldkraiburg, in Mühldorf ist sie zur Welt gekommen. 77 Jahre später ist Helena Kasjan zum ersten Mal dort zu Besuch, wo ihre Eltern nach dem Krieg lebten. Und verlässt ihn aufgewühlt.

Waldkraiburg – „Es war mein großer Wunsch, dass ich einmal in meinem Leben nach Waldkraiburg komme. An meinen Geburtsort und dort, wo meine Eltern Zwangsarbeiter waren“, sagt die Polin Helena Kasjan. Sie steht vor dem Bunker 29, das jüngste Museum der Stadt Waldkraiburg. Ein original erhaltenes Gebäude der Pulverfabrik von 1940. Harte Arbeit verrichteten hier die Zwangsarbeiter in den Kriegsjahren. Zwei der Zwangsarbeiter waren Jan Pozarawszcyk und Zofia Krzal, die sich hier kennen und lieben lernten. Es waren Helena Kasjans Eltern.

„Meine Mutter hat viel erzählt über die Zeit“, sagt Helena Kasjan, deren Geschichte an diesem Nachmittag Andreas Klinke übersetzt. Ihr Vater hielt sich bedeckt, was die Zeit in Waldkraiburg betrifft. Nur ungern hätte er über die schwierige Phase seines Lebens gesprochen. Die Ortsnamen sind Helena Kasjan aber sehr wohl ein Begriff.

Heirat in Pürten

Ihre Eltern hatten am 15. Dezember 1945 in Pürten standesamtlich geheiratet, die kirchliche Trauung nahm der Seelsorger des ehemaligen Frauenlagers Joseph Kwiatek am 30. Dezember 1945 in Waldkraiburg Süd vor. Das Gebäude ist vielen Waldkraiburgern als Frisörsalon Schott bekannt und steht auch heute noch. Stadtarchivar Konrad Kern hatte vor dem Besuch in alten Unterlagen nachgeschlagen, denen zufolge das Ehepaar damals im Frauenlager im Föhrenwinkel lebte. „Seit 33 Jahren arbeite ich hier als Stadtarchivar. In dieser Zeit ist es zum ersten Mal, dass die Nachfahrin von polnischen Zwangsarbeitern des Pulverwerks zu Besuch in Waldkraiburg ist.“

Helena Kasjan kam im Februar 1946 im Mühldorfer Krankenhaus zur Welt. An ihre Zeit in Waldkraiburg kann sie sich nicht erinnern, denn als Baby mit neun Monaten verließ sie mit ihren Eltern die Region. „Am 31. Oktober 1946 begann am Kraiburger Bahnhof (49 Personen) der Rücktransport über Augsburg nach Polen“, heißt es im Archiv. „Die Fahrt im Güterzug hat lange gedauert. Es war damals nach dem Krieg eine logistisch große Aufgabe, die Bevölkerung umzusiedeln“, erzählt Stadtarchivar Kern bei dem Treffen. Etwa ein Jahr lang lebte die Familie in der Nähe von Lublin und wurde dann nach Liegnitz im ehemaligen Niederschlesien umgesiedelt. Auch lange noch nach dem Krieg hat die Familie Kontakt zu einer Landwirts-Familie, auf dessen Hof Helena Kasjans‘ Mutter gearbeitet hat.

Informationen und Eindrücke verarbeiten

„Es war mir wichtig zu sehen, wo meine Eltern damals gearbeitet, wo sie gelebt und wo sie geheiratet haben“, erzählt Helena Kasjan, die diese Reise mit ihrem Mann Dolek und ihrer ehemaligen Arbeitskollegin Krystyna Stefanowska gemacht hat. Für sie ist die Reise ein Erlebnis, auf ihre Erzählungen harren zu Hause die beiden Söhne. „Sie warten auf eine Erklärung.“ Stadtarchivar Konrad Kern hat Kasjan an diesem Vormittag im Bunkermuseum begleitet, hat sie mit vielen Informationen aus der damaligen Zeit versorgt. „Jetzt kann ich alles erzählen,“ freut sich die Polin, die 35 Jahre als Biologie-Lehrerin gearbeitet hat.

Nach dem Besuch der ehemaligen Pulverfabrik muss sie die vielen Informationen und Eindrücke verarbeiten. „Innerlich werde ich mich erst einmal beruhigen müssen.“ Dass so viele Jahre nach dem Krieg offen über Damals gesprochen werden kann, bewertet ihr Mann als sehr wichtig. „Die Geschichte ist der gemeinsame Weg zur Versöhnung.“

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