Staatsanwaltschaft äußert sich
Posts im rechtsextremen Umfeld: Bekommt AfD-Bezirksrat Wieser jetzt juristisch Ärger?
Ein Like an Hitlers Geburtstag, Glückwunsch für eine Holocaust-Leugnerin und noch mehr bringt AfD-Bezirksrat Martin Wieser in die Bredouille. Ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft?
Oberneukirchen – Posts auf Facebook sind nicht nur Beiträge für Freunde und Bekannte. Sie können auch empfindliche Konsequenzen nach sich ziehen. Das zeigen die umstrittenen Facebook-Aktivitäten von Martin Wieser, AfD-Bezirksrat und stellvertretender Kreisvorsitzender des Bayerischen Landessportverbandes (BLSV).
Wie berichtet, hatte Wieser am 20. April, dem Geburtstag von Adolf Hitler, einen Post, der Hitlers-Geburtshaus zeigte und mit „Alles Gute zum Geburtstag!!“ überschrieben war, ein Like gegeben. In der Folge sprach Wieser auf Facebook davon, dass ein entsprechender Screenshot gefälscht sei. Auch wollte er Anzeige erstatten und sein Aktivitätenprotokoll veröffentlichen.
Bislang sind keine Anzeigen von Wieser eingegangen
Nach Auskunft von Pressesprecher Stefan Sonntag sind bis Dienstag (30. April) beim Polizeipräsidium Oberbayern Süd keine Anzeigen von Martin Wieser eingegangen. Gleiches teilt auch Oberstaatsanwalt Rainer Vietze, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Traunstein am Dienstag mit. Bis zum Dienstagmittag hat Martin Wieser auch sein Aktivitätenprotokoll nicht veröffentlicht.
Am 9. November hatte Wieser laut den AfD-Beobachtern „DieInsider“ auf Facebook der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck zum 95. Geburtstag „die allerbesten Glückwünsche“ übermittelt und nannte sie „eine Frau mit Rückgrat“.
Lob für österreichischen Rechtsextremen und Björn Höcke
Am 9. April lobte er das Buch „Regime Change von rechts – Eine strategische Skizze“ des österreichischen Rechtsextremen Martin Sellner: „Ein ganz besonderes Buch, auch ich habe es gelesen. Herzlichen Dank für so viel Zuspruch.“
Am 18. April unterstützte er auf Facebook den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke, der wegen Nazi-Parolen in Halle vor Gericht steht und nannte die Richter „Faschistenpack“. Zwei Tage später schreibt Wieser: „Ich stehe komplett auf der rechtsstaatlichen Seite und den Aussagen von Björn Höcke.“
Staatsanwaltschaft nimmt Vorprüfung auf
Die Facebook-Aktivitäten von Wieser erfüllen zumindest das Muster von Rechtsextremen, sich Codes und Chiffren zu bedienen und damit in der Szene die Zugehörigkeit zu signalisieren. Ob damit auch Straftatbestände erfüllt sein könnten, prüft jetzt die Staatsanwaltschaft Traunstein, so Pressesprecher Vietze: „Es wird nun ein Vorprüfungsverfahren eingeleitet, in dem geklärt wird, ob ein Anfangsverdacht für eine verfolgbare Straftat gegeben ist.“
Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, wegen aller verfolgbaren Straftaten einzuschreiten, sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. „Erhält die Staatsanwaltschaft Kenntnis von einem Sachverhalt, bei dem ein entsprechender Anfangsverdacht hinsichtlich einer verfolgbaren Straftat besteht, so leitet sie ein Ermittlungsverfahren ein.“
Wieser sieht eine „Hexenjagd“
Martin Wieser war bis zum Freitag, 26. April, für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Dafür bezog er auf seiner Facebook-Seite am Montag, 29. April, aus seinem Ägypten-Urlaub dazu in fünf Punkten Stellung. „Die Hexenjagd geht weiter!“, schrieb er in bester Trump-Manier und fragt, ob hier „gezielt vor der Europawahl“ der AfD „maximaler politischer Schaden“ zugefügt werden solle.
Von einer Fälschung seines Likes, wie er ursprünglich sagte, ist jetzt keine Rede mehr. Wieser schreibt jetzt: Bei dem Geburtstags-Gruß an Hitlers Geburtstag „war nicht ersichtlich, dass es sich um das Geburtshaus von Adolf Hitler handelte“. Der Holocaust-Leugnerin habe er „aufgrund ihres hohen Alters“ gratuliert. „Als ich erfuhr, dass sie eine verurteilte Leugnerin ist, habe ich den Beitrag von meiner Internetseite entfernt.“
Er bekräftigt seine Unterstützung für Björn Höcke. „Meiner Meinung nach hat er nichts Unrechtes getan, und ein Gerichtsverfahren gegen ihn halte ich für undemokratisch und fraglich.“ Andere Politiker hätten die gleiche Aussage getätigt, stünden aber nicht vor Gericht.
Zu seiner Bezeichnung der Richter als „Faschistenpack“ äußert er sich nicht.
Seine Posts, so Wieser weiter, habe er „nie öffentlich gemacht, sondern nur mit Freunden geteilt. Meine Posts wurden dahingehend zweckentfremdet und öffentlich durch fremde Personen ins Netz gestellt.“
Wieser schließt damit: „Liebe Freunde, ich überlasse es Ihnen, ein Urteil über mich zu fällen, aber ich weise klar darauf hin, dass ich kein Rechtsextremist bin.“ Die „gegenwärtige Vorverurteilung“ sei „äußerst bedauerlich und unangebracht“.
BLSV und Landratsamt Mühldorf zu den Aktivitäten
Martin Wieser ist auch stellvertretender Kreisvorsitzender des Bayerischen Landessportverbandes (BLSV). Der BLSV wendet sich laut seiner Satzung explizit auch gegen „verfassungs- und fremdenfeindliche Bestrebungen“.
„Es ist nicht die Aufgabe des BLSV als organisiertem Dachverband private Social Media Aktivitäten nachzuverfolgen oder gar zu zensieren, zumal die Posts von Herrn Martin Wieser nicht öffentlich einsehbar sind und es sich im vorliegenden Fall um keine offiziellen BLSV-eigene Kanäle aus der Öffentlichkeitsarbeit handelt“, so Katharina Schwarz, Leiterin der Verbandskommunikation des BLSV. Sollten die privat geteilten Inhalte mit der BLSV-Satzung und dem Grundgesetz unvereinbar sein, „wird sich hiervon in aller Deutlichkeit distanziert und seitens des BLSV in keinster Weise toleriert“.
Schwarz betont, dass der BLSV eine „Null-Toleranz-Politik zu antisemitischen, antidemokratischen und extremistischen Einlassungen“ betreibe und „Sensibilisierungsmaßnahmen“ auch gegenüber seinen Funktionären „aus voller Überzeugung unterstützt und extremistische Äußerungen mit aller Schärfe ablehnt“.
Wieser ist im Landratsamt Mühldorf im Bürgerservice im Bereich „Archiv/Registratur“ beschäftigt, so die Homepage des Landratsamtes. Fragen zu möglichen personellen Konsequenzen, zum Vorgehen des Landratsamtes und ob solche Post aus Sicht der Behördenleitung für einen Mitarbeiter des Landratsamtes tolerabel seien, beantwortet Landratsamts-Pressesprecher Wolfgang Haserer in einem Satz: „Wir bitten um Verständnis, dass wir uns zu Personalangelegenheiten generell nicht äußern.“

