Hitzige Debatte um Beitrag anlässlich Hitler-Geburtstag
Täter oder Opfer: Hat Mühldorfer AfD-Bezirksrat Wieser einen Hitler-Post bei Facebook geliked?
Am 20. April feiern Rechtsextreme den Geburtstag von Adolf Hitler. AfD-Bezirksrat und stellvertretender Kreisvorsitzender des BLSV Martin Wieser hat dazu einen Beitrag geliked – oder doch nicht?
Mühldorf – Ist der Oberneukirchner AfD-Bezirksrat Martin Wieser ein rechtsextremer Faschist? Oder ist der Mitarbeiter des Landratsamtes Mühldorf und stellvertretende Kreisvorsitzende des BLSV Opfer einer Fälschung? Darum dreht sich seit dem 20. April eine hitzige Debatte auf in den sozialen Medien.
Am 20. April soll Wieser seine Zustimmung zu einen Facebook-Post signalisiert und mit einem Like versehen haben, einen Post der Adolf Hitler „Alles Gute zum Geburtstag!!“ wünscht. Eine Zustimmung, die Wieser vehement bestreitet.
Rechtsextreme nutzen Hitler-Geburtstag
Der 20. April ist für Rechtsextreme und Nationalsozialisten so etwas wie ein faschistischer Feiertag. Denn am 20. April 1889 wurde im österreichischen Braunau Adolf Hitler geboren. An diesem Tag bedienen sich Rechtsextreme aller möglichen Symbole und Chiffren, um in ihren Kreisen ihrem Bekenntnis zum nationalsozialistischen Gedankengut Ausdruck zu verleihen, es zu unterstreichen.
Am 20. April hat der Facebook-User „Uwe Herb“ ein Schwarzweiß-Bild von Hitlers Braunauer Geburtshaus gepostet und mit der Nachricht versehen „Alles Gute zum Geburtstag !!“. 36 Personen haben diesen Beitrag geliked – laut Screenshot auch ein Martin Wieser.
Video zeigt den Like
Verschiedene Gruppen, die auf Facebook und anderen sozialen Netzwerken gegen Rechtsextremismus kämpfen, haben das aufgegriffen. Unter anderem „Endstation Rechts – Bayern“ zeigt dazu ein Video: Zu sehen ist die Maus, die den Post Wiesers, in der namentlichen Liste der Likes aufruft. Nach dem Klick auf den User „Martin Wieser“ erscheint die Facebook-Seite von Martin Wieser aus Oberneukirchen, AfD-Bezirksrat, stellvertretender Vorsitzender des BLSV und – wie er selber immer wieder auch sagt – Mitarbeiter im Landratsamt Mühldorf.
Die „Endstation rechts“ sieht darin einen Beleg, dass es sich nicht um eine Fälschung handelt, sondern um ein Like, das Wieser gesetzt hat, weil es direkt auf seine Facebook-Seite führt.
Wieser sieht sich „durch den Dreck“ gezogen
Die Reaktion von Martin Wieser auf diese Veröffentlichung? „Kennt jemand diese Regierungstruppe, ich lach mich halbwegs tot“, schreibt er auf Facebook. Er nennt die Recherche-Gruppe „Die Insider“, die die AfD beobachten, „Denunzianten“. Wieser schreibt: „Was sind das eigentlich für Personen, die anständige Bürger regelrecht durch den Dreck ziehen! Anzeige ist gemacht!“ Und weiter: „Man sollte dieser widerlichen Bande das Handwerk legen“.
Wieser spricht davon, dass die Screenshots, die im Umlauf sind und sein Like zeigen, gefälscht seien.
Wieser betont in einer auf Facebook veröffentlichten Stellungnahme gegenüber „DieInsider“: „Ich distanziere mich entschieden von solch abscheulichem Gedankengut und verurteile jegliche Form von Hass, Diskriminierung und Gewalt.“
Solche „gefälschten Beiträge“ sollen seinem Ruf schaden. „Ich habe niemals solche Ansichten geäußert und stehe für Werte der Toleranz, des Respekts und der Vielfalt ein.“
Andere Beiträge zeigen ein anderes Bild
Eine Recherche am Mittwoch, 24. April, durch Wiesers-Aktivitäten auf Facebook ergibt ein anderes Bild.
Am 9. November hat Wieser, so „DieInsider“, auf Facebook der Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck zum 95. Geburtstag „die allerbesten Glückwünsche“ übermittelt und nannte sie „eine Frau mit Rückgrat“.
Am 9. April hat Herr Wieser auf seiner Seite einen Beitrag von Björn Höcke geteilt, der das Buch „Regime Change von rechts - Eine strategische Skizze“ des österreichischen Rechtsextremen Martin Sellner empfiehlt. Wieser schrieb dazu: „Ein ganz besonderes Buch, auch ich habe es gelesen. Herzlichen Dank für so viel Zuspruch, Martin Sellner hat gegenwärtig ein Einreiseverbot!“
Am 18. April unterstützt Wieser den Thüringer AfD-Vorsitzenden Björn Höcke, dem wegen Nazi-Parolen in Halle der Prozess gemacht wird. Er nennt die Richter „Faschistenpack“ und schreibt: „Wenn Unrecht zu Recht wird, ist der Widerstand Pflicht. Alles erdenklich Gute und Erfolge für Björn Höcke.“ Zwei Tage später schreibt Wieser: „Ich stehe komplett auf der rechtsstaatlichen Seite und den Aussagen von Björn Höcke.“
Facebook-Seiten sind jetzt fast leer
Seit Donnerstag, 25. April, sind die Facebook-Seiten von Martin Wieser nahezu verwaist. Die aktuellen Beiträge auf „Martin Wieser“: ein neues Titelbild mit dem Mühldorfer AfD-Stadt- und Kreisrat Oliver Multusch vom 7. März sowie ein Beitrag von Mühldorf-TV über die Neuwahlen des BLSV-Kreisvorstandes vom 6. Oktober 2017. Dazwischen hat Martin Wiesner – Stand jetzt – nichts gepostet.
Ähnliches Bild auf der Seite „Martin Wieser Bezirksrat“. Der jüngste Post ist ein Neujahrsgruß vom 31. Dezember 2023. Davor hat er zuletzt am 29. März 2021 gepostet – allerdings ist dieser Inhalt „derzeit nicht verfügbar“.
Martin Wieser war für eine Stellungnahme weder telefonisch noch auf eine Anfrage per E-Mail zu erreichen.
Am 25. April hat sich Wieser aber auf seinem privaten Facebook-Account geäußert. Darin sieht er sich als Opfer und weist die Verantwortung für die Anschuldigungen „linken Gruppen“ zu. „Selbst meine einfachsten Posts oder Likes werden kritisch hinterfragt, und ich finde mich jedes Mal im Rechtfertigungsmodus wieder – als ob ich wirklich so wichtig wäre?“, schreibt Wieser. „Persönlich habe ich den Eindruck, dass diese Gruppen nur darauf warten, mich öffentlich an den Pranger zu stellen.“
Um die angebliche Fälschung zu beweisen, kündigte Wieser an, ein Aktivitätenprotokoll seines Facebook-Kontos zu veröffentlichen. Aus diesem Protokoll geht hervor, was Wieser wann auf Facebook gemacht hat. Dieses Aktivitätenprotokoll hat er bislang nicht veröffentlicht.




