Über die Zukunft der Event-Location in Tüßling
Was wird aus dem Uschihaus? Gebrüder Obereisenbuchner suchen Pächter – das sind die Gründe
Ein Vierteljahrhundert lang waren Martin und Florian Obereisenbuchner aus der Partyszene in der Region nicht wegzudenken. Nach der entbehrungsreichen Corona-Zeit wollten die beiden Gastronomen wieder voll durchstarten. Doch jetzt denken die beiden plötzlich an Abschied. Das sind die Gründe.
Tüßling/Kraiburg — Nein, die beiden sehen nicht gerade glücklich aus beim Interview-Termin im Café Eicher in Mühldorf. Martin (54 Jahre) und Florian Obereisenbuchner (52) hadern mit einer Entscheidung, die wegweisend für ihr weiteres Leben sein wird: Sie suchen einen Pächter für das Uschihaus, die Event-Location schlechthin im benachbarten Tüßling, Landkreis Altötting. „Keine einfache Entscheidung, aber wir müssen die Signale ernst nehmen, die uns im vergangenen Jahr ziemlich aus der Bahn geworfen haben. Und schließlich soll es ja mit dem Uschihaus weitergehen!“, sagt Martin Obereisenbuchner mit einem tiefen Seufzer. Nach 25 Jahren in der Gastronomie wollen sich die beiden aus dem Partyleben zurückziehen. Auch wenn es ihnen nicht leicht fällt.
Erschöpft nach dem Treppensteigen
Die Gründe? „In erster Linie gesundheitliche“, wie Martin Obereisenbuchner, der Betriebswirtschaftler und Marketing-Experte der beiden, gleich verrät. Man merkt gleich: Das Reden fällt ihm nicht leicht, immer wieder atmet er tief ein. „Long Covid“, erklärt er dann, sei bei ihm diagnostiziert worden. „Wenn ich eine Treppe raufgehe, muss ich mich erst einmal hinsetzen, weil mir die Puste fehlt.“ Die Folgen einer Corona-Infektion, die genau ein Jahr zurückliegt. Völlig symptomfrei habe er die Infektion damals überstanden. Erst vier Wochen später habe er bei der geringsten Belastung festgestellt: „Ich schnaufe wie ein Dampfross!“
Und das ausgerechnet zu einer Zeit, in der das Brüderpaar wieder richtig durchstarten wollte. Nach zwei entbehrungsreichen Jahren, in welchen die Pandemie das Nachtleben und die Club-Parties quasi ausnahmslos auf Eis gelegt waren, sollten sich im Uschihaus zunächst im Oktober 2021 und dann auch im Frühjahr 2022 mit einem Re-Opening im März 2022 wieder die Tanzflächen füllen. Das war dann auch der Fall. „Eine Rekordveranstaltung jagte die andere. Man hat gemerkt, dass die Leute rauswollen, wieder richtig Lust am Feiern haben“, sagt Martin Obereisenbuchner. Sechs Partys pro Monat. Immer gut besucht. Nur konnte er selbst seinem Bruder Florian, der als handwerklich begabter Allrounder — er ist gelernter Koch und Kfz-Meister — den Laden im Schuss hält, nicht mehr zur Hand gehen. „Wir haben schon viele Unterstützer, auch aus dem Familienkreis. Aber ich habe dann schnell gemerkt, dass ich den Ausfall von Martin langfristig nicht kompensieren kann, weil sich auch mein Gesundheitszustand weiter verschlechtert hat“, berichtet Flo.
Denn der immense Druck, der auf seinen Schultern lastete, die Sorge um die Zukunft ihres Geschäftes, die ihm seit Beginn des Jahres 2022 auch um einen erholsamen Schlaf gebracht hatte — das alles schlug sich auch bei dem 52-Jährigen schließlich gesundheitlich nieder. Er fühlte sich leer, wurde von Panikattacken gepeinigt, stand vor einem Burnout. „Es war unmittelbar vor den Gartentagen in Tüßling im Juli, wo wir das Catering übernehmen sollten. Eine sehr stressige Zeit, als ich dann plötzlich zusammengebrochen und auf der Intensivstation gelandet bin“, erinnert sich Florian Obereisenbuchner. „Ich dachte, es ist vorbei! Ich hatte Todesangst“
Plötzlich war das Augenlicht weg
Was war passiert? Von einer Sekunde auf die andere, so schildert es sein Bruder Marin, habe Florian begonnen, Silben zu vertauschen. „Er kannte den Namen seines besten Freundes nicht mehr. Redete viel Schmarrn. Ich dachte erst noch, er will mich verarschen.“ Als Florian dann zu lallen begann und plötzlich gar kein Wort mehr herausbrachte, ging es ganz schnell: Verdacht auf Schlaganfall. Notruf beim Rettungsdienst.
„Erst ging das Sprachvermögen flöten, ich konnte mich nicht mehr mitteilen. Dann ließ die Sehkraft nach, bis ich überhaupt nichts mehr gesehen habe. Ich dachte: Das war‘s jetzt!“, berichtet Florian Obereisenbuchner von den dramatischen Momenten, die sich im Rettungswagen abgespielt haben. Was folgte, waren sechs bange Stunden auf der Intensivstation.
Hinweise auf einen Schlaganfall
Und dann die Diagnose: Transitorische Ischämische Attacke (TIA). Dabei handelt es sich um eine kurze, meist nur Minuten andauernde Durchblutungsstörung im Gehirn. Die Symptome einer TIA bilden sich immer vollständig und meistens innerhalb von Minuten bis einer Stunde zurück. Eine TIA kann der Vorbote eines Schlaganfalls beziehungsweise eines Hirninfarkts sein. „Bei 50 Prozent der Fälle kommt es dann innerhalb von sechs Wochen tatsächlich zu einem Schlaganfall“, erzählt Florian weiter. Er sei glimpflich davongekommen, wurde nach einer gewissen Zeit dann auch als körperlich gesund entlassen. Doch dieser „Schuss vor den Bug“ habe ihn nachdenklich gemacht. „Das war ein klares Zeichen der Überbelastung. Und wenn man solche Signale bekommt, dann muss man auf seinen Körper hören“, zeigt sich Flo heute geläutert.
Uschihaus in Tüßling am 29. April




Man habe dann die Sommerpause vorgezogen, sich Zeit genommen, um zu regenerieren. Schließlich sollte es Ende September 2022 weitergehen, wenn mit dem Herbst die Club- und Party-Saison im Uschihaus starten sollte, in der Hoffnung, dass beide wieder auf den Damm kommen. „Wir haben es probiert, allerdings schon bald gemerkt, dass die Belastung zu groß ist. Maximal zweimal im Monat eine Party im Uschihaus. Mehr ging nicht“, so Martin Obereisenbuchner, der inzwischen die Diagnose „Long Covid“ erhalten hat, nachdem er einen Arzt nach dem anderen aufgesucht hatte. „Auf einen Termin für die Long-Covid-Sprechstunde in Mühldorf wartete ich Monate. Ich hatte Platz 800 auf der Warteliste“, bedauert Martin, dass die Nachsorge nach einer Corona-Erkrankung immer noch sehr schleppend verläuft.
Erst einmal fünf Wochen in die Reha
„In zweifacher Hinsicht sind wir nun Opfer des Virus geworden“, bedauert Martin heute, wenn er erst auf die corona-bedingte Schließung des Uschihauses verweist und nun seine Long-Covid-Erkrankung ins Spiel bringt. Immerhin hat er jetzt einen Plan: Fünf Wochen geht es jetzt erst einmal auf Reha, nachdem im Uschihaus nach der Party am vergangenen Wochenende vorzeitig die Sommerpause eingeläutet wurde.
Wunschalter zwischen 30 und 35 Jahre
Und auch Bruder Florian wird sich jetzt erst einmal eine Auszeit geben. Während Martin an der Ostsee regeneriert, begibt sich Florian nach Passau in eine psychosomatische Spezialklinik. Beide wissen allerdings schon jetzt: Dem Nachtleben werden sie Good-Bye sagen. Umso wichtiger ist ihnen, dass ein geeigneter Pächter gefunden wird, um das Uschihaus in die Zukunft zu führen. „Zwischen 30 und 35 Jahre sollte er sein, wie wir damals, als wir den Schuppen übernommen haben. Und jede Menge Idealismus sollte er mitbringen“, sagt Florian.
„Erst einmal gesund werden. Alles andere ist offen!“
Das Haus sei gut in Schuss, man habe den Lockdown für weitreichende Sanierungsmaßnahmen genutzt. Man übergebe ein gut bestelltes Feld. Welche Pläne die beiden für sich verfolgen, wenn sie sich zukünftig nicht mehr lange Nächte um die Ohren zu schlagen haben, das wissen sie noch nicht. „Wir müssen jetzt erst einmal wieder richtig gesund werden. Alles andere ist offen!“
