Der Blick der Kraiburger Künstlerin Lisa Franz auf Corona
Ausstellungen in Trostberg und Argentinien - aber nicht im Landkreis Mühldorf: „Ach, wäre das schön“
Die Kraiburger Künstlerin Lisa Franz hat Corona in ganz besonderen Fotos verarbeitet: „Eine Parodie der Tragödie“. Warum sie die jetzt in Trostberg präsentiert und welchen Wunsch sie hat.
Kraiburg / Trostberg - Gilt die Künstlerin nichts im eigenen Land? Lisa Franz lebt seit fast sechs Jahren in Kraiburg und arbeitet als freie Fotografin im Landkreis Mühldorf. Wenn sie aber ihre Kunst der Öffentlichkeit präsentieren will, dann muss sie in Trostberg oder Argentinien ausstellen.
Die 43-Jährige sitzt am Küchentisch, ihr Blick geht in ihren großzügigen, winterlichen Garten im Herzen der Marktgemeinde. Franz ist aufgeregt. Sehr sogar. Denn am Freitag, 17. Februar, ist um 19 Uhr im Atrium am Trostberger Stadtmuseum die Vernissage für ihre Fotoausstellung „Torpezas - Ungeschicklichkeit des Augenblicks“. Für Franz ist das ein ganz besonderer Moment: „Das ist meine erste Solo-Ausstellung, seit ich in Deutschland bin.“
„Es waren schwierige Jahre“
Seit Juni 2017 lebt die Weltenbummlerin mit ihrem Mann, dem Musiker Facundo Barreyra, in Kraiburg. Davor lebte sie, die in Peking geboren ist und in Spanien studiert hatte, zehn Jahre in Argentinien. Diese Zeiten und Eindrücke hält sie in ihrer Fotografie fest, verarbeitet sie künstlerisch. „Wir mussten uns ein komplett neues Leben aufbauen“, sagt Franz zu ihrem Start in Kraiburg. „Es waren schwierige Jahre.“ Jahre, in denen Corona und die Isolation alles noch schwieriger machten. „Meine Fotos haben mich durch diese Zeit gerettet.“
Zehn dieser Bilder, die während der Isolation im heimischen Wohnzimmer entstanden sind, zeigt sie jetzt in Trostberg. „Es ist eine Fotoperformance“, so Franz. „Irgendwann fing ich an, mir Alltagsgegenstände falsch herum aufzusetzen und Fotos von mir zu machen.“ Und immer auf dem Bild: die verhüllende, anonymisierende Maske, die plötzlich omnipräsent und ein Symbol für diese Zeit war. „Nichts mehr war in unserem Leben wie vorher“, blickt Franz zurück. „Das war ein absurder historischer Moment, der alle betroffen hat. Den wollte ich mit Fotos festhalten.“
Eine Parodie der Tragödie
Und so entstand ihr ganz persönliches „Tagebuch der Quarantänen“, mit dem sie diese einschneidende Zeit festhält, verarbeitet und ihr einen visuellen Ausdruck verleiht. „Es ist die Parodie einer Tragödie, die wir erlebt haben“, sagt Franz über die Ausstellung „Torpezas“. Sie möchte diese Tragödie keineswegs verharmlosen. „Wir haben selber in dieser Zeit Freunde verloren und leiden darunter, aber der Humor rettet uns“.
Sie sei durch Corona ernsthafter und ihre Arbeit intensiver geworden: „Uns ist durch Corona unsere Verletzlichkeit und Sterblichkeit bewusster geworden. Das war ja plötzlich im eigenen Schlafzimmer.“
„Kunst gibt uns Freiheit, rettet Leben“
Lisa Franz hat keinen feststehenden Kunstbegriff: „Kunst ist dafür da, Fragen zu stellen.“ Eine Ausstellung soll Denkanstöße liefern. „Kunst gibt uns Freiheit, rettet Leben, gibt uns Identität und löst sie wieder auf. Kunst lädt uns ein, aus unserem Schubladendenken herauszukommen. Kunst ist so viel und wird so unterschätzt.“
Ihre aktuelle Ausstellung verdankt sie einem Konzert ihres Mannes in Trostberg. Danach hätten sie mit der Veranstalterin noch einen Wein getrunken. Als sie aufbrachen, sagte die Leiterin des Trostberger Kulturamtes, Dr. Johanna Steiner, nachts um eins zwischen Tür und Angel zu ihr: „Ich möchte gerne mehr von deinen Fotos sehen.“ Franz zückte sofort ihr Handy - und die Ausstellung war geboren.
International erfolgreich - aber in Mühldorf unbeachtet
In Trostberg ist Franz keine Unbekannte mehr. Sie war dort bereits 2021 mit ihrem Triptychon „Das reisende Bandoneon“ auf der Kunstmeile vertreten. Auch dieses Jahr ist sie wieder Teil der Kunstmeile: mit der Installation „Left overs,“ gestaltet mit Fotos von achtlos auf dem Boden liegenden Masken.
Auch international ist sie gefragt: Im Oktober vergangenen Jahres stellte sie in Tucumán (Argentinien) auf Einladung der Jury ihr Projekt „Portrait of a migrant“ auf der 10. Biennale für dokumentarische Fotografie aus. Aber im Landkreis Mühldorf? Bislang Fehlanzeige. „Das ist wahnsinnig traurig“, sagt Lisa Franz. Trotz aller Erfolge hofft die Künstlerin aus Kraiburg auf Aufstellungen im Landkreis. „Ach, wäre das schön. Es wäre wunderbar, einmal in Mühldorf auszustellen. Das würde mich wahnsinnig freuen“, sagt sie und ihr Blick geht wieder in den winterlichen Garten.
Torpezas - Ungeschicklichkeit des Augenblicks
Die Ausstellung ist vom Samstag, 18. Februar, bis Sonntag, 26. Februar, im Atrium am Stadtmuseum Trostberg (Schedling 11) zu sehen. Öffnungszeiten sind Donnerstag, Freitag, Samstag und Sonntag von 14 bis 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.
