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„Die Probleme sind jetzt gewollt!“

Der Dammbauer vom Elsenbach: So gelang es Schönberg, den Biber in den Griff zu bekommen

Ein Biber schwimmt durch die Isen, nimmt von Paul Bogner keine Notiz, der sich einen gut getarnten Spot errichtet hat, um den Tieren besonders nah zu sein.
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Ein Biber in heimischen Gewässern: Der Nager ist geschützt, das macht ihn aber nicht beliebter. Zumal er ganze Bachläufe verändern und dadurch für Überschwemmungen sorgen kann. Unsere Aufnahme stammt vom Töginger Fotografen Paul Bogner, der einen Biber in der Isen festgehalten hat.

Immer wieder hat er einen Damm gebaut: In Groislmühl bei Schönberg gab es deshalb öfter Überschwemmungen. Zu vertreiben war der lästige Biber nicht. Wie es mit einem ungewöhnlichen Ansatz gelang, den lästigen Nager in die Schranken zu weisen.

Schönberg – „Kannst Du den Feind nicht besiegen, umarme ihn.“ So lautet eine alte Volksweisheit. In der Gemeinde Schönberg hat man diesen Leitsatz umgesetzt, um dem Biberproblem Herr zu werden. „Jetzt sind die Probleme gewollt“, zieht Bürgermeister Alfred Lantenhammer eine Bilanz dazu, wie sie das Wüten des geschützten Tieres in den Griff bekommen haben. „Immer wieder hat der Biber seine Dämme gebaut und das hat in Groislmühl zu Überschwemmungen geführt. Wir durften diese beseitigen. Doch die Dämme kamen wieder. Der Biber war nicht kleinzukriegen“, erinnert sich Schönbergs Bürgermeister Alfred Lantenhammer noch an die Zeiten, in denen der Nager der Gemeinde immer wieder vor Herausforderungen gestellt hat. Jetzt ist das anders. Man hat sich arrangiert.

Denn hat die Gemeinde die Taktik umgestellt: „Das Areal in Groislmühl hatte einer älteren Dame gehört, die nicht mehr in der Lage war, die Schäden selbst zu beseitigen. Also hat die Gemeinde das Areal gekauft und kümmerte sich fortan darum“, erzählt Lantenhammer. Wenn er von Schäden spricht, dann meint er solche, die durch das aufgestaute Wasser entstanden sind. Fichten dominierten das Waldstück. „Diese wurden nach dem Krieg gepflanzt. Als Brotbaum!“ Durch die Überschwemmungen sei der Waldboden aufgeweicht geworden. Ungünstig für schweres Gerät, wenn etwa der Borkenkäfer gewütet hat und die Schadbäume zu entfernen waren.

Des Bibers Unterschlupf. Saubere Arbeit hat der Nager da am Elsenbach geleistet.

Was also tun? Man versuchte, den Ablauf des Elsenbaches zu gewährleisten. Die Gemeinde Schönberg hatte deswegen in Dammnähe KG-Rohre im Bach versenkt, die den Durchfluss sicherstellen. Doch der Biber war schlauer: „Er hat einfach so viele Äste in die KG-Rohre gestopft, bis diese dicht waren. Ziemlich schlau!“, muss auch Lantenhammer anerkennen.

Zu vertreiben war der Biber nicht

Zu vertreiben war der lästige Nager also nicht. Die Gemeinde gab sich geschlagen und wählte einen anderen Ansatz. Den des friedlichen Miteinanders. „Wir haben die Fläche dann als Ökofläche deklariert und ließen dem Biber freie Hand!“ Die Schadbäume wurden entfernt, abgestorbene Bäume sich selbst überlassen. Das Ergebnis: Entlang des Elsenbachs hat die Biberfamilie zwei Dämme gebaut, die nicht mehr angetastet werden. „Das Ökosystem wird sich selbst überlassen“, so Lantenhammer.

Das Wasser hat sich seitdem aufgestaut. Es leben kleinere Fische im Wasser, das Wasser hat sich seinen eigenen Weg gesucht, der Bach verläuft mittlerweile wieder dort, wo er ursprünglich war. Lantenhammer zeigt auf das Wasser, das sich nach dem Damm durch den Wald zu den beiden Weihern schlängelt und findet mit zufriedener Miene: „Das Wasser ist ziemlich klar!“ Dadurch, dass diese Ökofläche sich selbst überlassen wurde, hat das Wasser nun Raum, sich auszubreiten. „Und das wiederum dient dem Hochwasserschutz“, folgert Lantenhammer. Denn die Fließgeschwindigkeit würde sich verringern und damit auch der kanalisierte Bachlauf in Richtung Rott.

Durch den Damm staut sich das Wasser am Elsenbach. Es finden sich auch kleine Fische im stehenden Gewässer. Bürgermeister Alfred Lantenhammer ist mit der Entwicklung des Ökosystems zufrieden.

Dass der Biber sich nun ungehindert vermehren könnte, diese Sorge hat Lantenhammer nicht. Es sei zumindest nicht auffällig, dass woanders Biber tätig geworden seien. „Seitdem wir ihn in Ruhe lassen, hat er auch keine Bäume mehr gefällt!“

Naturschutzbehörde begrüßt Maßnahme der Gemeinde

Tatsächlich würdigt auch die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Mühldorf das Engagement der Gemeinde Schönberg. „Die Fläche wurde als Ökokonto ausgewiesen und erfährt dadurch eine naturschutzfachliche Aufwertung. Der Biber trägt mit seinen landschaftsgestalterischen Aktivitäten zu dieser Entwicklung bei“, heißt es dazu von Benedikt Schwarzfischer, Teamleiter der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Mühldorf.

Und weiter: „Im Rahmen der Ausweisung als Ökokonto wurde ein entsprechendes Konzept ausgefertigt, in dem Maßnahmen zur Aufwertung der Fläche festgelegt wurden. Durch die Aufwertung und Pflege dieser Fläche werden neue Lebensräume für seltene Tier- und Pflanzenarten geschaffen. Dies stellt einen wichtigen Beitrag zur Erweiterung des Biotopverbundes im Landkreis Mühldorf dar, weshalb diese Maßnahme seitens der unteren Naturschutzbehörde ausdrücklich begrüßt wird.“

Biodiversität hemmt auch Schädlinge wie den Borkenkäfer

Den Biber bezeichnet Schwarzfischer als „Schlüsselart“, die nicht nur für sich, sondern auch für eine Vielzahl anderer Tierarten wie Amphibien, Reptilien, Vögel Lebensräume schaffe. „Die in einem solchen intakten Ökosystem vorhandene Biodiversität trägt dazu bei, dass Schädlinge wie der Borkenkäfer geringere Ausbreitungsmöglichkeiten haben!“

Ich bin nicht der beste Freund vom Biber!

Schönbergs Bürgermeister Alfred Lantenhammer

Mit dem Konzept hin zu Ökologie schlägt die Gemeinde gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe. „Ich bin nicht der beste Freund vom Biber. Aber hier kann er sich nun in einem eigenen System austoben, ohne, dass er viel Schaden mehr anrichtet, worunter andere leiden würden.“ Und die Heimat des Bibers dient zudem als Ausgleichsfläche für Bauvorhaben der Gemeinde. „Gerade arbeiten wir in Schönberg daran, im Baugebiet Oberlerch-West das Bauen auf zwei Grundstücken zu ermöglichen. Dafür können wir 300 Quadratmeter aus unserem Ökokonto herausziehen!“

Besonders Erlen fühlen sich entlang des feuchten Bachlaufs wohl.

Etwas weiter den Bach hinunter befinden sich zwei Weiher. Das Areal links und rechts davon sieht gepflegt aus. Der Landschaftspflegeverband kümmert sich um diese Flächen. Hohes Gras, Schilf, wird regelmäßig geschnitten. „Rotationsmahd“, nennt Lantenhammer das Vorgehen, wenn erst die eine Fläche und Wochen später die andere gemäht wird.

Biber ist sesshaft geworden

Der Biber scheint sesshaft geworden zu sein, meint Lantenhammer. Ihm seinen jedenfalls keine Meldungen bekannt, dass irgendwo in der Nähe des Elsenbachs weitere Biber ihr Unwesen treiben würden. Und wenn, dann weiß er jetzt, wie man ihn ihm habhaft wird.

2024 wurden im Landkreis Mühldorf 37 Biber zur Strecke gebracht

Der Biber ist im Landkreis Mühldorf mittlerweile flächendeckend an nahezu allen Gewässern vorhanden, wie die Pressestelle des Landratsamtes auf Nachfrage erklärt. „Seine Aktivitäten führen neben den positiv hervorzuhebenden lebensraumgestaltenden Effekten auch zu Konflikten mit Grundstückseigentümern und Landnutzern.“ Die Rede ist von Fraßschäden an Gehölzen und Feldern, Unterminierung von Uferrandstreifen oder die Vernässung von Wirtschaftsflächen. Um diesen Konflikten zu begegnen, wird den Betroffenen im Rahmen des bayerischen Bibermanagements eine lösungsorientierte Beratung angeboten.

2024 wurden im Landkreis Mühldorf insgesamt 37 Biber getötet, wie es von der Pressestelle heißt. Voraussetzung für eine solche „Biberentnahme“ sei in erster Linie das Vorliegen eines triftigen Grundes. Dieser liegt in der Regel vor, wenn ernste land- oder forstwirtschaftliche Schäden eintreten können oder eine Gefährdung für die öffentliche Sicherheit, wie bei Unterminierung von Infrastruktureinrichtungen, abzuwenden ist.

Vor der „Entnahme“ eines Bibers gelte es immer, zuerst zu prüfen, ob geeignete und zumutbare Präventivmaßnahmen möglich sind und diese dann zwingend umzusetzen.

Für Schadensfälle gibt es laut Landratsamt übrigens die Möglichkeit, sich diese anteilig über einen bayernweiten Schadensfonds erstatten zu lassen. Als Ansprechpartner stehen hierzu die Biberberater der unteren Naturschutzbehörde zur Verfügung.

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