Bässe statt Zitherklang
Techno-Sound im Dorfwirtshaus: Roßkothen-Wirt wummert in eine Marktlücke
Es muss kein Club sein, um sich der Techno-Extase hinzugeben. So etwas funktioniert auch auf dem Land. Zum Beispiel im Wirtshaus von Hubert Roßkothen in Niedertaufkirchen.
Niedertaufkirchen – In der Gaststube trifft sich der Stammtisch. Es wird Karten gespielt. Nebenan wetteifern die Altschützen aus Stetten am Schießstand um die höchste Ringzahl. Ja und dann ist es natürlich auch die gute Küche von Gourmet-Koch Hubert Roßkothen, die die Leute von der Bundesstraße 299 abfahren lassen, um sich kulinarisch verwöhnen zu lassen. Ein gemütliches Dorfwirtshaus, wie aus dem Bilderbuch.
Techno-Musik im alten Saal
Aber nicht nur. Denn inzwischen hat sich das Gasthaus Roßkothen zu einem beliebten Treffpunkt einer ganz besonderen Community gemausert: Einige Male im Jahr wird es nämlich laut im alten Saal. Dort wo früher regelmäßig Hochzeiten stattgefunden haben und bis vor zwei Jahren noch der Niedertaufkirchener Theaterstadl aufgetreten ist, ist Techno angesagt.
So wild es auch bei den Partys zu geht, so zurückhaltend sind die Jungs, die hinter den Plattentellern schwitzen, wenn es darum geht zu erfahren, mit ihnen über ihre Musik zu sprechen. Rico Ruff, Daniel Hollweck und Nico Sigrüner heißen sie. Unter dem Label „subsdance_raves“ promoten sie ihre Seite auf Instagram, die immerhin 2.200 Follower abonniert haben. 25, 24 und 22 Jahre sind die drei DJs jung, die einfach nur Spaß am Auflegen haben.
Man kennt sich aus dem „Magazin“
Techno im Dorfwirtshaus? Wie passt das zusammen? Die Erklärung dafür ist eigentlich ganz banal. Wirt Hubert Roßkothen kennt die DJs von Besuchen im „Magazin“, einem Club in Töging, wo die drei regelmäßig hinter dem DJ-Pult stehen. Oder bei Privatveranstaltungen. Hollweck zum Beispiel hat mal im Gasthaus Hubert Roßkothen bei einer Hochzeit im Saal aufgelegt, erzählt er. „Später hab ich bei dieser Hochzeit etwas Techno aufgelegt. Das hatte gerade so gepasst!“
Es muss auf jeden Fall ein Mords-Spaß gewesen sein, denn damit war auch das Eis zu Wirt Hubert gebrochen, schnell war die erste Technoparty vereinbart: Beim Wirt in Stetten, in der Gaststube direkt an der Schänke. Im Februar 2023 war das. „Später kam eine Party draußen im Biergarten dazu. Danach wurde im Saal getanzt. Es wurden immer mehr Leute“, schildert Nico Sigrüner die Entwicklung der Techno-Partys in Stetten.
Sie sind alle keine Grünschnäbel in Sachen Musik, füllen mit ihrer Musik nicht nur den Club in Töging, sondern locken die Leute auch nach Dorfen ins „Heizwerk“. Ein wichtiger Standort, wie auch Nico Sigrüner findet. Denn über Dorfen schaffe man die Verbindung nach München und könne Leute auch in die Landkreise Mühldorf und Altötting locken.
München nach wie vor Hotspot
Denn Techno funktioniert nach wie vor, da sind sich die drei DJs einig. Auch wenn es schon gut 40 Jahre her ist, dass die Musikrichtung den Anfang ihres Siegeszuges begonnen hatte. Sicherlich: Auf dem Land sei Techno und House aus der Wahrnehmung mehr oder weniger verschwunden. „Aber in den Großstädten, in München, war immer Techno. Dort hat die Bewegung nie aufgehört“, sagt Daniel Hollweck.
Die nächste Party ist schon seit Langem in Planung. Am Samstag, 30. November, wird dann der Saal beim Roßkothen zur Techno-Meile. Ab 21 Uhr sollen es 250 Gäste sein, die zur Musik von Max Fischl, Maextrem B2B FOxy, Ravedan und Rico Ruff in Extase geraten.
Da kann es schon mal sein, dass auch die Nachbarschaft in Stetten vorbeischaut, neugierig, was im Saal los ist. „Das wird durchaus positiv aufgenommen“, freut sich der Vorsitzende von Subsdance, Daniel Hollweck. Einmal habe sich ein Nachbar über die Lautstärke beschwert. „Der ist beim nächsten Event aber dann einfach weggefahren. Der Konflikt war dann keiner mehr“, erinnert sich Hubert Roßkothen.
„Pop-Up-Club“ kostet viel Geld
Viele Gäste, das bedeutet auch hohe Einnahmen. Doch reich werden die Discjockeys aus Töging deswegen nicht. Dekoration und die komplette Technik, das Equipment, die Soundanlage – das alles selbst anzuschaffen würde in die Abertausende gehen. Stattdessen leihen sich die drei Töginger die Ausrüstung für ihren „Pop-Up-Club“ wie sie ihn nennen, von einem Eventtechniker aus Neumarkt-St. Veit. „Im Kollektiv sind es etwa 15 bis 20 Leute, die uns immer beim Auf- und Abbauen helfen“, verrät Rico Ruff. „Und auch die machen das alles für lau.“ Bleibt am Ende doch noch ein Überschuss, „wird der einfach in die nächste Party gesteckt“, sagt Rico Ruff.
Die gute Sache wird nicht vergessen
Außerdem haben die drei DJs im Februar 2023 einen gemeinnützigen Verein gegründet, in den die Gewinne aus ihren Partys fließen und die dann wiederum für wohltätige Zwecke bestimmt sind. Dem Kinderhort Don Bosco in Neuötting kam auf diese Weise bereits eine Zuwendung zugute. Sie selbst verdienen nichts an ihren Partys, versichern die drei Jungs am Plattenteller. „Uns reichen ein paar Tragerl Bier als Aufwandsentschädigung“, meint Rico Ruff.

