CSU-Antrag in öffentlicher Sitzung
Schmierereien und Verwüstungen: Braucht Neumarkt-St. Veit einen Jugendpfleger?
Haag hat einen. Ampfing auch. Heldenstein ebenso. Und die Stadt Waldkraiburg sogar drei: Jugendpfleger vor Ort sind dort Anlaufstelle, wenn Jugendliche einer besonderen Betreuung bedürfen. Macht ein Jugendpfleger auch in Neumarkt-St. Veit Sinn? Das diskutiert jetzt der Finanzausschuss.
Neumarkt-St. Veit - Jugendarbeit vor Ort - in Neumarkt-St. Veit sind es in erster Linie die Vereine, die in dieser Hinsicht eine hervorragende Arbeit abliefern. Denn es gibt jede Menge Schützenvereine, jede Ortschaft verfügt über eine eigene Feuerwehr und auch im Sport hat die Rottstadt ein buntes Angebot, von Fußball bis zu Eishockey. Und dennoch dürfe man sich nicht dem Gefühl hingeben, dass man sich auf einer Insel der Glückseligkeit befindet und dies auch weiterhin so bleiben werde. Das sagt Heike Perzlmeier, die seit ihrer Wahl in den Neumarkt-St. Veiter Stadtrat das Amt der Jugendreferentin innehat und nun erreichen will, dass die Stadt einen Jugendpfleger beschäftigt, der sich um die Jugendlichen und Heranwachsenden kümmert, die nicht Teil der Gesellschaft sind, möglicherweise auf der Strecke bleiben oder auf die schiefe Bahn geraten könnten.
Finanzausschuss berät Jugendpfleger in Neumarkt
Perzlmeier hat in einem Antrag den Jugendpfleger vor Ort ins Spiel gebracht. In der Sitzung des Finanz- und Verwaltungsausschuss von Neumarkt-St. Veit wird am Dienstag, 17. Januar, ab 18.30 Uhr (Sitzungssaal des Schlosses Adlstein) die Arbeit und das Konzept des Jugendpflegers vor Ort vorgestellt. Danach wird das Gremium darüber beraten, ob es Sinn macht, einen Jugendpfleger auch in Neumarkt-St. Veit - zumindest stundenweise - abzustellen.
Anschluss zum sozialen Leben herstellen
Perzlmeier verweist auf Vernetzungstreffen, bei denen immer wieder mal auch ein Jugendbeauftragter diskutiert worden sei. Und das mit Begeisterung. „Über jemanden, der speziell als Sozialpädagoge geschult ist und damit auch die nötige Kompetenz mitbringt, sich den Sorgen und Nöten anzunehmen“, findet Perzlmeier. In erster Linie meint sie damit Teenager als Zielgruppe, die eben nicht in Vereinen gebunden sind und auf der Strecke bleiben können, weil sie keinen Anschluss an die Gesellschaft finden. Dass in der Vergangenheit immer wieder Schmierereien aufgetreten sind und auch Verwüstungen nicht ausblieben, wie etwa am Fußballkäfig an der Ampfinger Straße, sieht Perzlmeier als Indiz dafür, dass es offenbar durchaus Personen gibt, „denen es fad ist. Und wenn jemandem fad ist, dann macht er eben Dummheiten“. Ein Jugendpfleger könne für frustrierte Jugendliche Anlaufstelle sein.
Vereine leisten bereits hervorragende Arbeit
Die Basis für soziale Integration sei in Neumarkt-St. Veit aufgrund der Vielzahl an engagierten Vereinen wunderbar, betont Perzlmeier, die selbst viele Jahre lang als Jugendleiterin die Schützen ihres Vereins „Elf & Eins“ betreut hatte. „Doch wir müssen uns Herausforderungen stellen und präventiv tätig werden“, sagt Perzlmeier, gerade mit dem Blick auf die Wohnbaugebiete, die in den vergangenen Jahren in Neumarkt-St. Veit entstanden und auch mit Zuzügen verbunden sind.
Heldenstein schwärmt
Denn nicht immer ließen sich Neubürger unmittelbar ins soziale Leben integrieren. „Große Gemeinden haben auch viele Personen, die eben nicht in Vereinen integriert sind“, weiß Perzlmeier aus Netzwerktreffen und von in diesen Treffen geschilderten Erfahrungen, etwa in Heldenstein, wo der Gemeinderat im April 2022 die stundenweise Beschäftigung eines Jugendpflegers beschlossen hatte. Dort erfolgte der Abschluss einer Kooperationsvereinbarung mit dem Landkreis Mühldorf sowie einer Zweckvereinbarung zwischen den anderen teilnehmenden Kommunen wie Ampfing und Waldkraiburg und dem Landkreis. Beschlossen hatte der Gemeinderat damals, den Jugendpfleger zunächst für fünf Stunden pro Woche, mittlerweile für 6,5 Stunden (siehe Kasten) zu beschäftigen. Rund 10.500 Euro Personalkosten waren nach der ersten Vorstellung des Projekts im Haushalt eingeplant worden.
Perzlmeier fordert keinen Vollzeitjob, sie will erreichen, dass der Jugendpfleger in Form eines Projektes auf Stundenbasis tätig wird. Zehn Stunden pro Woche seien zu Beginn ausreichend. Regelmäßige Treffen wären zur Projektbegleitung nötig, um die Ziele zu erörtern oder zu korrigieren. Die Gesellschaft sei im Wandel, die Ich-Bezogenheit nehme zu. Es sei wichtig, dass man präventiv tätig werde, um Heranwachsende frühzeitig zu formen.
Wiederbelebung für den „Turm 1542“ möglich?
Ob die Beschäftigung eines Jugendpflegers eine Initialzündung für die Jugendarbeit allgemein in Neumarkt auslösen kann, bleibt die spannende Frage. In früheren Jahren hatte die Stadt einen Jugendtreff im Unteren Tor, bekannt auch als „Turm 1542“. Mit der Jugendaktionsgruppe gab es in der Stadt auch eine Jugendorganisation, die sich um die Belebung des Turmes gekümmert hatte. Doch im Laufe der Jahre hatte das Interesse daran nachgelassen. Bis 2010 hatte man noch versucht. Über einen Betreuer dem Jugendtreff im Turm neues Leben einzuhauchen. Doch die Bemühungen sind gescheitert. Die Jugendaktionsgruppe hat sich bereits Ende 2012 aufgelöst. Der Turm ist seitdem verwaist.
Von politischer Bildung bis zur Öffnung von Jugendtreffs
Wie der Landkreis Mühldorf auf Nachfrage mitteilt, sind aktuell insgesamt fünf Jugendpfleger vor Ort (Juvo) im Landratsamt Mühldorf angestellt. Sie sind in der Stadt Waldkraiburg, im Markt Haag, in der Gemeinde Heldenstein und in der Gemeinde Ampfing aktiv. In Waldkraiburg sind das dreimal 39 Stunden, im Markt Haag 26 Stunden, in der Gemeinde Ampfing 32,5 Stunden und in Heldenstein 6,5 Stunden. Die Stadt Waldkraiburg und der Markt Haag waren Vorreiter, dort wurden die Jugendpfleger zuerst tätig, wie die Pressestelle des Landratsamtes auf Anfrage mitteilt.
Caroline Puffer aus dem Amt für Jugend und Familie, Teamleiterin der Jugendarbeit, erklärt, dass an allen Standorten bereits Beteiligungsformate mit Jugendlichen und politischen Vertretern durchgeführt worden seien. Dies war unter anderem ein großer Baustein, um die jährlichen Ziele der Juvos an den Bedürfnissen, Wünschen und Ideen der jungen Menschen in ihren Kommunen festzulegen. „Die Resonanz – egal ob bei der aufsuchenden Jugendarbeit, Projekten oder beim offenen Betrieb der Jugendtreffs beziehungsweise der Jugendzentren – ist durchweg positiv. Auch Netzwerkpartner und weitere Akteure der Jugendarbeit freuen sich auf gemeinsame Projekte und den gemeinsamen Austausch mit der Jugendpflege vor Ort.“
Puffer beschreibt die Aufgaben der Jugendpflege vor Ort als „sehr vielfältig“. Dies erstrecke sich von aufsuchender Jugendarbeit über niederschwellige Projektarbeiten oder politische Bildung bis hin zur Öffnung von Jugendtreffs beziehungsweise Jugendzentren. „Auch Netzwerkarbeit ist in der Jugendarbeit ein Schwerpunkt.“
Der Fokus bei allen Aufgaben liege jedoch in der Beteiligung von Jugendlichen vor Ort. „Die Angebote orientieren sich immer an den Bedürfnissen und Wünschen junger Menschen. Ziel ist es, jungen Menschen ein gutes Aufwachsen in ihrer Kommune zu ermöglichen, in der sie sich wohlfühlen.“
