Zu viel Lärm zwischen 22 und 6 Uhr
Anwohner-Protest gegen Glockenläuten in Neumarkt-St. Veit: Gibt die Kirche nachts nun Ruhe?
Glockenstreit in Neumarkt-St. Veit: Einige Anwohner protestierten gegen den nächtlichen Glockenschlag der Kirche St. Johann am Stadtplatz. Nun reagiert die Kirche. Gibt Pfarrer Eisenmann nach?
Neumarkt-St. Veit – Es sind nur sechs Zeilen im Kirchenanzeiger des Pfarrverbands Neumarkt-St. Veit. Aber diese sechs Zeilen haben es in sich. „Nach Beschwerden einzelner Anlieger darf der Stundenschlag der Turmuhr von St. Johann nachts nicht mehr sein“, teilt die Kirchenverwaltung mit. Konkret, kurz und knapp heißt es in der Nachricht, dass es nach 22 Uhr bis 6 Uhr morgens kein Glockenzeichen mehr zu den Viertelstunden geben soll. Das ist aber noch nicht alles: Die Kirchenverwaltung weist außerdem darauf hin, dass sie im November 2024 eine Änderung des Anschlaghammers zum Viertelstundenschlag habe vornehmen lassen. De sei nämlich „recht hart“ gewesen. Jetzt ist er leiser.
Kirchenverwaltung uneins, aber kompromissbereit
„Wir waren in der Kirchenverwaltung schon vor drei Jahren mit einer Eingabe konfrontiert, dass der Viertelstundenschlag zu laut sei. Weil es nur eine einzige Beschwerde war, sahen wir damals noch keinen Anlass, darauf zu reagieren“, sagt Pfarrer Franz Eisenmann. Nachdem ein Glockensachverständiger festgestellt habe, dass der Glockenschlag auch tagsüber grenzwertig sei und das Landratsamt Mühldorf zur gleichen Erkenntnis gelangt war, habe man reagiert und die Intensität des Hammerschlags geändert.
Dass an der Johanneskirche diese Stunden- und Viertelstundenschläge zwischen 22 und 6 Uhr jetzt komplett ausgesetzt werden, sei aber eine Reaktion auf weitere Beschwerden, die bei der Kirchenverwaltung eingegangen seien. Man habe sich die Entscheidung in der Kirchenverwaltung nicht leicht gemacht, auf den Glockenschlag in der Nacht zu verzichten.
Pfarrei ist der Empfehlung der Diözese gefolgt
„Das war nicht unumstritten“, verrät Eisenmann. Letztlich sei man aber der Empfehlung es Erzbistums gefolgt, das darauf verwiesen habe, dass in größeren Städten grundsätzlich auf den Glockenschlag in der Nacht verzichtet werde. Man verzichte jetzt darauf, „auch um zu signalisieren, dass wir auf die Anliegen der Bewohner eingehen.“ Damit wäre aber seine Kompromissbereitschaft ausgereizt: „Bei weiteren Forderungen würde ich mich dann fragen, ob das noch verhältnismäßig ist!“, betont Eisenmann.
Pfarrer zum Probehören eingeladen
„Man hatte mir sogar angeboten, dass ich nachts zum Probehören vorbeikommen sollte. Das ist aber nicht nötig, denn ich selbst wohne ja nur knapp 20 Meter vom St. Veiter Kirchturm entfernt. Den Glockenschlag dort bin ich schon so gewöhnt, dass ich ihn gar nicht mehr wahrnehme“, sagt Eisenmann. In St. Veit bliebe übrigens alles beim Alten, ergänzt Eisenmann in diesem Zusammenhang. „Keine Einschränkungen in der Nacht.“
Hörberings Kirchenpfleger Michael Asbeck kann über Einschränkunge nur den Kopf schütteln. „Es kann doch nicht sein, dass einzelne Personen – und es sind sicher nur wenige – einfordern können, was möglicherweise über Jahrhunderte hinweg Tradition ist.“ In Hörbering zumindest schlägt die Turmuhr von Sankt Jakobus ohne Pause die Nacht durch. Zu jeder vollen Stunde viermal und dann alle 15 Minuten.
In Hörbering bleibt alles beim Alten
Und dann gibt es in Hörbering immer noch das Gebetsläuten. Im Winter abends um 18 Uhr, im Sommer um 20 oder 20.30 Uhr, „nicht länger als fünf Minuten“, ergänzt Asbeck. Ein Gebetsläuten gibt es traditionell auch am Morgen. Früher schon um 5 Uhr. Doch auch da hat es irgendwann mal Beschwerden von Anwohnern gegeben. Zu früh, habe es geheißen. Man habe aber vor 15 Jahren den Kompromiss gefunden: 6 Uhr.
Liturgisches Läuten ist nicht betroffen
Wie Pfarrer Eisenmann betont, ist das Gebetsläuten bislang von Beschwerden nicht betroffen. In der Regel läuten die Kirchenglocken vor 22 Uhr, sagt Eisenmann.
Gerichte erachten Glockenläuten als ortsüblich
Während die Kirchenverwaltung in Neumarkt-St. Veit auf Beschwerden reagiert hat, wurden an anderen Orten in Bayern schon Gerichte bemüht. Wie das Magazin Kommunal, eine Zeitschrift für Bürgermeister, Kommunalpolitiker und Verwaltung, im Mai 2024 berichtet hatte, zog ein Mann, der in der Nähe einer katholischen Pfarrkirche im Landkreis Kelheim wohnt, vor das Landgericht Regensburg gezogen.
Das Landgericht Regensburg hatte die Unterlassungsklage in erster Instanz abgewiesen und darauf verwiesen, dass ein solches Glockenläuten ortsüblich sei. Das Gericht habe auch darauf verwiesen, dass der Kläger erst vor wenigen Jahren und in Kenntnis der dort seit 125 Jahren befindlichen Pfarrkirche in das Wohnhaus eingezogen war. Der Kläger ging eine Instanz weiter, doch das Oberlandesgericht Nürnberg schloss sich dem Urteil des Landgerichts an. „Es habe alle für die Bewertung der Zumutbarkeit maßgeblichen Umstände in seiner Entscheidung berücksichtigt.“
Stadtrat befasst sich mit der Johanneskirche
Zu den stummen Glocken der Johanneskirche ist aber auch noch nicht das letzte Wort gesprochen. Der Stadtrat von Neumarkt-St. Veit wird sich in seiner nächsten Sitzung am Donnerstag, 20. Februar, mit der „Einschränkung der Glockenzeichen bei der Kirche St. Johann“ befassen. Die Sitzung im Sitzungssaal des Rathauses im Schloss Adlstein beginnt um 18.30 Uhr.