Kein Fall für die Staatsanwaltschaft
Nazi-Parolen in Neumarkt-St. Veit? Anwohnerin ärgert sich über untätige Behörden
Ein Penis, die Zahl „187“, die in den USA für eine Mordmeldung steht und dann noch Striche, die ein stilisiertes Hakenkreuz darstellen könnten. Zwischen der Adlsteiner und Hörberinger Straße in Neumarkt St. Veit sind viele Schmierereien zu sehen. Anwohnerin Sieglinde Einmayr kritisiert die untätigen Behörden.
Neumarkt-St. Veit – Bereits seit neun Monaten sind in Neumarkt-St. Veit Gewaltparolen wie „187“ und ein stilisiertes Hakenkreuz an einer Mauer am Verbindungsweg zwischen der Adlsteiner Straße und der Hörberinger Straße zu sehen. Daran störte sich Anwohnerin Sieglinde Einmayr schon von Beginn an: „Ich habe die Stadtverwaltung im Januar darauf aufmerksam gemacht und nochmals im Juni vor dem Volksfest. Und es ist nichts passiert“, empört sie sich.
Die Mühlen mahlen langsam
Empörung deshalb, denn sie ist der Meinung, dass in der heutigen Zeit solchen Dingen kein Raum gelassen werden sollte. Doch die Mühlen der Behörden mahlen scheinbar sehr langsam. Denn Einmayr hat zunächst die Stadt über ihre Beobachtung informiert. Nachdem sie nachgehakt habe, sei zwar die Polizeiinspektion in Mühldorf darüber von der Stadt informiert worden, „aber meine Bilder wurden nicht weitergeleitet“.
Eigentümer hat sich nicht gekümmert
Nach Auskunft der Stadt, so Einmayr, sei auch der Eigentümer angeschrieben worden, doch die vielen Parolen seien unangetastet bis zuletzt zu lesen gewesen. „Jetzt beginnt die Schule wieder, und die Kinder sehen es jeden Tag beim Vorbeigehen. Das finde ich nicht wirklich gut“, so Einmayr, die ein Einschreiten der Stadt fordert.
Stadt hatte Eigentümer informiert
„Wir hatten den Eigentümer der Mauer schon bei der erstmaligen Meldung kontaktiert und leider keinerlei Antwort bekommen“, teilt Neumarkts Bürgermeister Erwin Baumgartner zu den aktuellen Schmierereien mit. „Da wir nichts mehr gehört hatten, dachten wir, dass es schon erledigt ist.“
Bürgermeister hat die Sache selbst in die Hand genommen
Nach einer weiteren Meldung in der vergangenen Woche hat die Stadtverwaltung die Zeremonie wiederholt und bisher wieder keine Antwort erhalten. Allerdings ergänzte Bürgermeister Baumgartner am Donnerstag dazu: „Ich habe deshalb jetzt gerade mit dem Eigentümer gesprochen, und er hat mir zugesagt, dass wir die Mauer in dem Bereich streichen dürfen.“
Bauhof ist bereits ausgerückt
Das heißt im Klartext: Der Bauhof wird jetzt diese Flächen überstreichen. Zum Teil ist das mittlerweile auch schon erfolgt. „Wir hoffen, dass dann nicht am nächsten Tag wieder Verschmutzungen angebracht werden.“
Meist, so Bürgermeister Baumgartner weiter, sind solche Schriftzeichen auf öffentlichen Flächen. „Dies wird dann immer vom Bauhof durch Überstreichen erledigt.“
Und das steht im Strafgesetzbuch
Im Strafgesetzbuch (StGB) ist unter Paragraf 86 a die Strafe bei der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen definiert. Demnach droht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe, wenn im Inland Kennzeichen von verfassungswidrigen und terroristischen Organisationen, Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt, verwendet werden.
Auch die Darstellung eines Inhalts, der ein derartiges Kennzeichen enthält, sowie die Herstellung, Verbreitung oder Verwendung fällt darunter. Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Diesen genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.
Vorgang gilt lediglich als Sachbeschädigung
Ob es sich bei den Schmierereien tatsächlich um verfassungsfeindliche Symbole handeln könnte, wollte Sieglinde Einmayr schließlich auch von der Polizei wissen und leitete die Bilder an die Polizeiinspektion in Mühldorf weiter. Dort sei auch überprüft worden, ob überhaupt eine Ähnlichkeit der Schmiererei mit einem Hakenkreuz anzunehmen ist und diese Ähnlichkeit für die Strafbarkeit dem Paragrafen 86 a ausreicht. Wie ihr die Polizei schließlich per E-Mail mitgeteilt hat, spreche der Strafrechtskommentar von „verwechselungsfähiger Ähnlichkeit“, die aber nach Ansicht der Polizei nicht gegeben sei. Auch die Staatsanwaltschaft sieht offenbar keinen Grund, ein Strafverfahren anzustrengen. Der Vorgang sei lediglich als Sachbeschädigung aufgenommen worden.
Anwohner hat kein Interesse an Strafverfolgung
Wie es von der Polizei heißt, habe der Anwohner, dessen Mauer beschmiert wurde, kein Interesse an einer Strafverfolgung. „Solange es sich nur um Schmierereien handelt, die für Passanten zwar möglicherweise störend wirken, aber sonst keine weitere Straftat darstellen, kann man den Geschädigten jedoch nicht zur Beseitigung zwingen“, heißt es dazu seitens der Polizei.
Während man also in Neumarkt-St. Veit keine größere Notwendigkeit sieht, zu ermitteln, verhält es sich bei der Gedenkstätte im Mühldorfer Hart anders. Dort hatten Unbekannte Anfang August die KZ-Gedenkstätte „Mühldorfer Hart“ mit Nazi-Symbolen geschändet. Der Staatsschutz ermittelt.
Einmayr: „Nicht eskalieren lassen!“
Sieglinde Einmayr ist es grundsätzlich wichtig, dass die Behörden eine Sensibilität gegenüber Schmierereien entwickeln und für deren umgehende Beseitigung einstehen, selbst wenn es lediglich versteckte Botschaften sind, wie die „187“, die offenbar keine strafrechtliche Relevanz haben. „Man sollte solche Parolen im Keim ersticken!“ sagt sie, „bevor es weiter eskaliert!“
