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Nach dramatischer Auseinandersetzung in Neumarkt-St. Veit

Blutiger Streit mit Teppichmesser und Schlagstock: Türke (37) spricht von Notwehr

Wohnkomplex in Neumarkt-St. Veit/Kleines Symbolbild: ein Teppichmesser.
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Außerhalb dieses Wohnkomplexes in Neumarkt-St. Veit gerieten die Männer aneinander. Das Gericht muss klären, ob der Angeklagte aus Notwehr gehandelt hat (kleines Symbolbild: ein Teppichmesser).

Wegen einer blutigen Auseinandersetzung in Neumarkt-St. Veit muss sich ein Türke vor dem Amtsgericht Mühldorf verantworten. Der Angeklagte spricht von Notwehr gegenüber dem Ex-Freund seiner Lebensgefährtin, mit der das vermeintliche Opfer einen gemeinsamen Sohn hat. Der Kindsvater ist mit Sohn abgetaucht.

Neumarkt-St. Veit – Die Auseinandersetzung im November 2021 in der Altöttinger Straße in Neumarkt-St. Veit hatte blutig geendet. Der Kontrahent von Ismail M. (alle Namen von der Redaktion geändert), ein Iraker, hatte ein Teppichmesser gezückt. Ismail M. hatte zunächst mit Fäusten auf sein Gegenüber eingeschlagen, dann einen Schlagstock eingesetzt. Wegen gefährlicher Körperverletzung muss sich der 37-Jährige vor dem Amtsgericht Mühldorf verantworten.

Angeklagter fühlte sich bedroht

Er habe aus Notwehr gehandelt, betont der Angeklagte, weil er sich und seine Lebensgefährtin bedroht gefühlt hatte. „Mein Mandant bestreitet die Auseinandersetzung nicht, aber er bestreitet, dass er daran schuld hatte“, macht Rechtsanwalt Hubertus Werner deutlich.

Ausschlag für die Eskalation war ein Streit zwischen dem Iraker und dessen Ex-Freundin Cordula K., mit der er einen fünfjährigen Sohn hat. Der Kindsvater sollte das Kind an jenem Sonntagabend zurückbringen, was er aber nicht innerhalb der vereinbarten Zeit tat. Stattdessen brachte er den Jungen direkt zum Haus, wo Ismail M. mit der Kindsmutter lebte.

Kind zur Sicherheit in die Wohnung gebracht

Bei der Übergabe machte der Iraker Radau im Flur des Hauses, nicht unbemerkt von Ismail M., der ihn dann vor dem Haus stellte. „Showdown vor der Wohnung also“, folgerte Richter Warga. Von Rumschubsen war zunächst die Rede. Er habe sich nur gewehrt, erklärt Ismail M. die Faustschläge ins Gesicht, die er seinem Kontrahenten verpasst hat.

Und dann registriert er: Ich blute!

Erst wenig später habe er registriert, dass er selbst blutete. Der Ex-Freund seiner Lebensgefährtin hatte ihm offenbar eine Schnittverletzung am Finger beigebracht, mit dem Teppichmesser quer über die Brust gestrichen, damit die Weste zerschnitten und Ismail M. zusätzlich verletzt. „Er hat nicht aufgehört und mich dreimal angegriffen.“

„Er hat nicht aufgehört und mich dreimal angegriffen.“ 

Der Angeklagte

Ismail M. berichtet von Beschimpfungen und Drohungen durch den Iraker: „Ich schlitz‘ Dich auf!“, soll er gesagt haben. Der Angeklagte bezeichnet es als Glück, dass er vorsorglich im Freien einen Schlagstock deponiert hatte, auf den er nun zurückgriff. „Ohne Schlagstock hätte er mich wahrscheinlich wirklich aufgeschlitzt!“, rechtfertigt er sich.

Angst um das eigene Leben und um das der Freundin

Den Schlagstock hatte er wegen der Morddrohungen versteckt, Rechtsanwalt Werner fügt hinzu: „Die Schläge waren eine Reaktion auf die Gewalttätigkeit. Mein Mandant hatte Angst um sein Leben und um das Leben der Zeugin.“ Seiner Ex-Freundin gegenüber soll der Iraker mehrmals mit Mord gedroht, in der Vergangenheit wiederholt Hand gegen sie angelegt haben, wie es im Gerichtssaal heißt.

Doch nicht er ist der Angeklagte, sondern Ismail M. Und ihm wird vorgeworfen, dass er noch zugeschlagen habe, als der Iraker verletzt am Boden gelegen hat. Hier widerspricht Ismail M.: „100-prozentig nicht!“ Sein Kontrahent habe nicht nachgelassen, ihn anzugreifen, erst nach Eintreffen der Polizei sei den Angriffen Einhalt geboten worden.

Welche Rolle spielte der Nachbar?

Unklar ist bislang die Rolle eines Nachbarn, der möglicherweise dabei geholfen hat, den Iraker festzuhalten. „Er ist dazwischengegangen“, erklärte Ismail M.

Der Angeklagte habe keine Selbstjustiz betrieben, beteuert Anwalt Hubertus Werner. Man habe sich schon länger bedroht gefühlt. Deshalb habe sich das Paar an das Jugendamt gewandt, weil man um das Wohl des Kindes gefürchtet habe. Davor gewarnt, dass dessen Vater ihn entführen könnte.

Im Urlaub wohl mit dem Kind abgesetzt

Stattdessen habe man dem Vater erlaubt, Urlaub im Ausland mit seinem Sohn zu machen. „Das hat er gemacht, wohl um sich abzusetzen“, so Werner weiter. Der Iraker ist seit September 2022 untergetaucht mit dem Jungen. Wie also weiter verfahren? „Faktisch liegen Staatsanwaltschaft und Verteidigung weit auseinander“, fasst Richter Warga zusammen. Laut Staatsanwaltschaft gingen Ismail M.‘s Taten knapp an der Notwehr vorbei, der Rechtsanwalt plädiere hingegen auf Notwehr. Für Warga stellen sich zwei Fragen: Wurde der Iraker bei den Schlägen festgehalten? Und wurde noch auf ihn eingeschlagen, als er bereits am Boden lag? Erkenntnisse dazu könnte Cordula K. liefern, die jedoch nur unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu einer Aussage bereit ist. Dazu sieht die Staatsanwaltschaft keine Veranlassung.

Nächster Gerichtstermin am 12. Juli

Weitere Klarheit könnte der Zeuge bringen, der sich in den Streit eingemischt hatte, ob nun schlichtend oder als Unterstützer von Ismail M. Die Sitzung wurde auf den 12. Juli vertagt.

Auch Beleidigung und Belästigung standen im Raum

Die gefährliche Körperverletzung war nicht der einzige Punkt, mit dem Ismail M. konfrontiert wurde. Ihm werden auch Beleidigung und Belästigung gegenüber einer Gruppe von Frauen und deren Begleitern vorgeworfen. Diese Punkte wurden aber nicht weiter verhandelt, der Verteidiger von Ismail M., Hubertus Werner, teilte mit, dass der Angeklagte die Vorwürfe einräumt. Er habe aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums eine eingeschränkte Erinnerung an diesem Abend in einem Lokal in Neumarkt-St. Veit. Aber er habe keine Zweifel, dass die Vorwürfe stimmen, teilte der Angeklagte mit. Mit diesem Geständnis wollte der Angeklagte den drei Zeuginnen eine Aussage vor Gericht ersparen.

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