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Verkehrsberuhigung in Mühldorf

Zu schnell, zu laut, zu viele Umfahrer: Mühldorfer Anwohner wollen Tempo 30 - Stadt sagt nein

Der Gehweg als Straße: Ein Busfahrer nutzt die Absenkung des Bordsteins an der Mulfinger Straße, um leichter um die Verkehrsinsel herumfahren zu können. Bis zum Fußgänger ist nicht mehr viel Platz.
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Der Gehweg als Straße: Ein Busfahrer nutzt die Absenkung des Bordsteins an der Mulfinger Straße, um leichter um die Verkehrsinsel herumfahren zu können. Bis zum Fußgänger ist nicht mehr viel Platz.

Die nächste Straße in Mühldorf, in der sich Anwohner über Schnellfahrer und hohe Verkehrsbelastung beschweren. Und wieder hält die Stadt Abhilfe für nicht möglich.

Mühldorf – Dass der Stadtverwaltung Mühldorf nach ihrer Ansicht die Hände gebunden sind, wurde während der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses deutlich, der auch für Verkehr zuständig ist. Vom Tisch ist das Thema damit aber nicht.

Lange Liste von Problemen

Diesmal machen Anwohner der Mulfinger Straße hinter St. Pius mobil. Wie viele es sind, ist nicht bekannt, eine Unterschriftenliste gibt es laut Bürgermeister Michael Hetzl (UM) nicht. Wohl aber eine Auflistung der Probleme, die dem Hauptausschuss der Stadt vorlag. Und ein knappes Dutzend Zuhörer waren bei der jüngsten Sitzung anwesend.

Autos gefährden Schulkinder

Die Liste, die Anwohner Bertram Muchan vorgelegt hat, zeigt die Probleme auf, die sich vor Ort zeigen: Die breite Siedlungsstraße ist ein Schleichweg durchs Wohngebiet Nord, um die Ampelstaus auf der Nordtangente zu umgehen.

Kindergarten und Kinderkrippe liegen in einer Seitenstraße, Ausparker gefährden sich und durchfahrende Autos. Abgesenkte Gehsteige verführen Lastwagen und Busse, bei Gegenverkehr auszuweichen und Fußgänger zu gefährden. Am großen Spielplatz an der Pestalozzistraße dürfen Autos mit 50 vorbeifahren, genau wie an der Bushaltestelle, an der viele Schulkinder aussteigen. Der Lärm ist groß.

Schulbushaltestelle als Gefahrenpunkt

„Das sieht doch jeder, welche Gefahren hier drohen“, sagt Muchan bei einem Ortstermin. Er steht zusammen mit Edgar Sonntag an der Kreuzung zur Pestalozzistraße. Ein Schulbus hält, Dutzende Kinder springen heraus. „Der ist doch viel zu schnell“, sagt Anwohner Sonntag, als ein Kleinwagen vorbeifährt. Die beiden wissen, was besser zu machen wäre: ein Tempolimit auf 30 Kilometer in der Stunde und ein Durchfahrtsverbot für Lastwagen.

Weil sich keiner mehr auf die Straße traut

Genau dieses Tempolimit ist nach Ansicht der Stadt aus Sicherheitsgründen nicht erlaubt. Ordnungsamtsleiter Fritz Waldinger sagt, eine solche Regelung sei nur zulässig, wenn es erhöhte Gefahren gebe, die das „allgemeine Risiko deutlich überschreiten“ würden. „Das ist dort nicht der Fall.“

Das sieht auch Bürgermeister Hetzl so. „Dieser Einschätzung einer gefährlichen Straße würde die Polizei immer widersprechen“, sagte er. Damit fehle die Rechtsgrundlage für die Einschränkung.

Gegen eine Beschränkung spricht sich auch Rupert Rigam (CSU). „Wenn es keine besondere Gefahr gibt, sollten wir darauf verzichten.“ Bürgermeister Hetzl sagt, Messungen hätten gezeigt, dass die Durchschnittsgeschwindigkeit in der Mulfinger Straße bei 40 liege. Anders argumentiert Claudia Hungerhuber (SPD).

Friedhofstraße auf Tempo 30 beschränkt

Sie erinnert an die Friedhofsstraße, die auf Tempo 30 reduziert sei. Sie fragt, ob nicht das Interesse der Anwohner höhe zähle als das der Autofahrer.

Waldinger weist darauf hin, dass in der Friedhofsstraße das Verwaltungsgericht die Lärmbelastung nach jahrelangem Rechtsstreit als besondere Gefahren erkannt und die Stadt zur Vermeidung aufgefordert habe. Die Tempobeschränkung habe dem schließlich genügt.

Heftige Kritik übt Dr. Matthias Kraft, Fraktionssprecher der Grünen. „Nur weil sich keiner mehr auf die Straße traut, zu sagen es ist nicht gefährlich, ist für mich zynisch.“ Für ihn ist die Mulfinger Straße ein Beispiel für verfehlte Verkehrspolitik, die Siedlungsstraßen zu Hauptstraßen mache. Er regt einen „Verkehrsversuch“ an, der Tempo 30 zum Ziel habe.

Verkehrsversuch laut Bürgermeister nicht rechtens

Bürgermeister Hetzl betont, dass die Stadt ein Ziel formulieren müsse, das den Verkehrsversuch rechtfertige. „Bei Gefahrenreduzierung wird uns die Polizei widersprechen. Wo sollen wir die Gefahren hernehmen?“ Um das umsetzen zu können, müsse die Stadt die Straße umbauen, wenden Waldinger und Hetzl ein. Kraft fordert eine Planung dafür. „Dann können wir uns entscheiden, ob uns das zu teuer ist.“ Außerdem solle die Stadt die Berechnung des Lärms in Auftrag geben, um daraus eine zweite Möglichkeit für eine Beschränkung ähnlich wie in der Friedhofstraße zu erhalten.

NIcht nichts tun

Auch Dr. Reinhard Wanka (UM) spricht sich für einen Verkehrsversuch zur Verkehrslenkung aus. „Ich möchte nicht einfach aus der Sitzung gehen und sagen: Wir machen gar nichts.“ Laut Hetzl ist eine Tempo-30-Einführung zur Verkehrslenkung unzulässig. „Dieses Ziel gibt es nicht.“ Waldinger nannte es rechtswidrig. Der Verkehrsausschuss spricht sich schließlich einstimmig dafür aus, einen Verkehrsversuch durch das Landratsamt prüfen zu lassen.

Anwohner halten Einschränkungen für rechtens

Die Anwohner Muchan und Sonntag halten auch davon nicht viel. Aus ihrer Sicht reicht es, dass die Straße eben doch gefährlicher ist als die Stadt es darstellt. Und deshalb die Beschränkung auf Tempo 30 nicht nur notwendig, sondern auch rechtens.

Das sagt der Ordnungsamtschef

Fritz Waldinger: „Eine Begrenzung allein der Mulfinger Straße auf Tempo 30 ist genauso unmöglich, wie die Einrichtung einer Tempo-30-Zone. Die Vorgaben, die solche Regelungen fordern, sind an der Mulfinger Straße nicht erfüllt. Für uns ist vom Verfahren her der Endzustand erreicht. Wir haben erhebliche Schwierigkeiten, Elemente für eine Tempo-30-Regelung zu finden, egal ob für die Strecke oder eine Zone.“

Das sagt der Anwohner

Bertram Mucha: „Die Geschwindigkeit und der Lärm durchfahrender Fahrzeuge stellen nicht nur eine erhbliche Belastung dar, sondern auch eine Gefährdung der Kinder auf dem Schulweg oder dem Weg zum Spielplatz. Eine Erschließungsfunktion der Mulfingerstraße ist nach weitgehender Fertigstellung des Wohngebiets Nord nicht mehr gegeben. Die Straße wird zunehmend als Schleichweg genutzt.

Das sagt der Verkehrsreferent

Dr. Georg Gafus (Grüne): „Es wäre Zweck eines Verkehrsversuchs mit Tempo 30, die Verdrängung des Durchgangverkehrs zu erreichen. Es geht darum den Verkehr zu lenken und aus dem Wohngebiet herauszuhalten. Wir sollten das jetzt versuchen und dann schauen, was dabei heraus kommt. Um eine Beruhigung des Verkehrs mit einer Verringerung der Geschwindigkeit kommen wir nicht herum.

Das sagt der Polizist

Karl-Heinz Stocker, Polizei-Verkehrsexperte: „Wir haben dort zum Glück keine Unfälle. Es gibt zwar Gefahrenstellen, aber die haben wir überall. Wir haben keine Fußgängerströme, keinen Kindergarten oder ein Altenheim an der Straße. Die Mulfinger ist eine Durchgangsstraße, die ich nicht auf Tempo 30 reduzieren kann. Wir müssen rechtskonform handeln und dürfen keine Rechtsverstöße begehen.“

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