Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Unregelmäßigkeiten in Kämmerei schon länger bekannt

Vorwürfe gegen Kämmerer beschäftigen Stadt Mühldorf seit 15 Jahren: Lange ist nichts geschehen

Die Vorwürfe gegen den Kämmerer der Stadt Mühldorf gibt es schon seit Jahrzehnten. Das sagt Mühldorfs ehemaliger Bürgermeister Günther Knoblauch.
+
Die Vorwürfe gegen den Kämmerer der Stadt Mühldorf gibt es schon seit Jahrzehnten. Das sagt Mühldorfs ehemaliger Bürgermeister Günther Knoblauch.

Vorwürfe gegen die Mühldorfer Kämmerei gibt es schon länger, genau seit über 15 Jahren. Das hat der ehemalige Mühldorfer Bürgermeister Günther Knoblauch jetzt erklärt. Er sagt auch, warum sich trotzdem lange nichts geändert hat.

Mühldorf - In die Diskussion um die Vorgänge in der Mühldorfer Kämmerei hat sich jetzt Günther Knoblauch (SPD) eingeschaltet. Knoblauch, der bis Herbst 2014 Bürgermeister war, stellt sich vor allem gegen Aussagen, dass er und seine Nachfolgerin Marianne Zollner (SPD) die mutmaßlichen Vergehen in der Kämmerei nicht bemerkt und nichts dagegen unternommen hätten.

Seit Herbst 2021 steht der ehemalige Kämmerer nicht mehr an der Spitze der wichtigen Abteilung der Stadtverwaltung. Die Stadt versetzte und beurlaubte ihn.

Zwei Maßnahmen ergriffen

Nach Angaben des ehemaligen Bürgermeisters Knoblauch war das nicht das erste Vorgehen gegen den Kämmerer. Er beruft sich auf zwei Maßnahmen, die er nach eigenen Angaben ergriffen hat. Nur wenige Jahre nach der Anstellung des Kämmerers im Jahr 2002 hätten die Eigenmächtigkeiten zugenommen. Nach dem Bau der Mittelschule 2007 wollte Knoblauch ihn auf Anraten des Kommunalen Prüfungsverbands versetzen und an die Spitze einer eigens geschaffenen, aber „bedeutungs- und einflusslosen Abteilung“ stellen. „Diese Versetzung hat der Stadtrat abgelehnt“, sagt Knoblauch heute. Eine Kündigung sei nahezu ausgeschlossen gewesen, da der Kämmerer Beamter ist.

Dienstaufsichtsbeschwerde läuft seit siebeneinhalb Jahren

Es folgte eine Dienstaufsichtsbeschwerde im Jahr 2014. Knoblauch stellte sie am 6. August, ein knappes Jahr, nachdem er aus dem Rathaus als Abgeordneter in den Bayerischen Landtag gewechselt war. Darin warf er dem damaligen Kämmerer vor, falsche Behauptungen über die Bewertung von Grundstücken abgegeben, Dienstgeheimnisse an Stadtratsmitglieder verraten und sich mehrfach krankgemeldet zu haben, ohne krank zu sein. Knoblauchs Fazit in der Dienstaufsichtsbeschwerde: „Er war nicht geeignet, als Kämmerer der Stadt Mühldorf zu arbeiten.“

Dass die versuchte Versetzung gescheitert und die Dienstaufsichtsbeschwerde bis heute ohne Rechtskraft ist, bedauert Mühldorfs ehemaliger Bürgermeister. „Wir haben damals also etwas gemacht, waren aber abhängig davon, was der Stadtrat sagt.“ Und der sagte zur Versetzung: nein. Die Weigerung des Stadtrats, eine Stelle zu schaffen und mit dem Kämmerer zu besetzen, habe das Vorhaben vereitelt, ihn aus der Verantwortung für die Finanzen der Stadt zu nehmen. „Wir haben damit leben müssen, dass er sich auch danach an verschiedene Dinge nicht gehalten hat.“

Auch nach mehr als acht Jahren noch keine Entscheidung

Diese Erfahrungen wollte Knoblauch nach eigenen Angaben seiner Nachfolgerin Marianne Zollner (SPD) ersparen. Mühldorfs heutiger Bürgermeister Michael Hetzl (UM) bestätigt den Eingang der Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Stadt im November 2014; damals war Zollner Bürgermeisterin. Die Dienstaufsichtsbeschwerde sei nach interner Prüfung im August und September 2015 beantwortet worden. Weitere Informationen könne die Stadt nicht geben, erklärt Hetzl auf Anfrage. Denn zuständig ist die Landesanwaltschaft, an die die Beschwerde ging. Die Landesanwaltschaft wurde nach eigenen Angaben tätig und verhängte dreieinhalb Jahre später - am 9. April 2018 - „die Disziplinarmaßnahme der Kürzung der Dienstbezüge“, wie ein Sprecher auf Anfrage mitteilt.

Gegen die Disziplinarverfügung hat der Kämmerer laut Landesanwaltschaft vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München geklagt. Am 15. Februar 2022 habe das Verwaltungsgericht die Disziplinarverfügung geändert und statt der Gehaltskürzung eine Geldbuße verhängt, heißt es bei der Landesanwaltschaft. Gegen dieses Urteil habe der Anwalt des Kämmerers einen Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt.

Ein Sprecher des zuständigen Verwaltungsgerichtshofs erklärt: „Das Verfahren ist noch anhängig. Derzeit ist noch nicht absehbar, wann über den Zulassungsantrag entschieden wird.“ Damit läuft das Verfahren rund um die Dienstaufsichtsbeschwerde seit über acht Jahren.

Stadtrat äußert Kritik am Vorgehen gegen ehemaligen Stellvertreter

Ans Tageslicht kamen die mutmaßlichen Verfehlungen des Kämmerers durch eine Sonderprüfung des Kommunalen Prüfungsverbands außerhalb der turnusgemäßen Prüfungen. „Als ich von Verdachtsmomenten zu Vorgängen in der Kämmerei erfahren habe, habe ich den Kommunalen Prüfungsverband im Dezember 2021 mit einer Sonderprüfung beauftragt“, erklärt Mühldorfs Bürgermeister Hetzl auf Anfrage. „Dieser Auftrag zur Prüfung von haushaltsrechtlichen Vorgängen bezog sich ausschließlich auf die Kämmerei, das gilt ebenso für die Beanstandungen im Ergebnis der Sonderprüfung.“

Der Kommunale Prüfungsverband habe festgestellt, dass kein „Organisationsverschulden der Stadt vorliege“. Hetzl: „Er gibt allerdings Empfehlungen zur Verbesserung einzelner Verfahrensabläufe, die wir gerne für die Zukunft berücksichtigen.“

Mit Dr. Georg Gafus (Grüne) hat sich jetzt erstmals ein Stadtrat zu den Vorgängen in der Kämmerei geäußert. Gafus kritisiert vor allem die Entlassung des stellvertretenden Kämmerers im vergangenen Dezember. „Er hätte nicht gehen müssen“, erklärte Gafus. „Es gab keine Schuldzuweisungen im Prüfbericht.“ Gafus nennt den ehemaligen stellvertretenden Kämmerer einen „Sündenbock“: „Nach meinem Eindruck wird hier ein einzelner für ein systemisches Versagen verantwortlich gemacht.“ Gafus nennt das Vorgehen unfair.

Dem ehemaligen Kämmerer werde dagegen vorgeworfen, „Buchungsvorgänge nicht ordnungsgemäß durchgeführt zu haben.“ Bis auf die beiden letzten Monate November und Dezember sei in dem überprüften Zeitraum immer der ehemalige Kämmerer verantwortlich gewesen. Sein Stellvertreter habe erst danach Entscheidungsgewalt gehabt.

Für gute Leistungen belobigt - jetzt Sündenbock

Gafus betont: Nach dem Weggang des ehemaligen Kämmerers habe der Stellvertreter den Haushalt für 2022 erarbeitet. „Er hat diesen zur vollsten Zufriedenheit von Bürgermeister, Stadtrat und Verwaltung erstellt.“ Dafür sei er öffentlich gelobt worden, in einem der früheren Jahre habe er eine „Leistungsprämie für hervorragende Leistungen erhalten.“

Im Dezember hat die Stadt dem stellvertretenden Kämmerer gekündigt, nach Angaben von Bürgermeister Hetzl war er kein Beamter und die Kündigung damit möglich. In den letzten Tagen haben sich Stadt und der ehemalige stellvertretende Kämmerer auf einen Vergleich geeinigt, er arbeitet inzwischen in einer anderen Stadt als Kämmerer.

Kommentare