Alpenverein Mühldorf
Vielleicht die Jüngste in Deutschland - Sandra Schachtner ist neue Vorsitzende des DAV Mühldorf
Der Alpenverein ist der größte Verein im Landkreis, seine Vorsitzende eine der Jüngsten: Seit knapp einem halben Jahr führt Sandra Schachtner die Sektion Mühldorf. Sie erst 28 und damit die vielleicht jüngste DAV-Vorsitzende in ganz Deutschland. An den Spitzenjob beim Alpenverein ist sie auf ungewöhnlichem Weg gekommen.
Mühldorf – Es gibt viele Skeptiker, als Ehrenvorsitzender Roland Unger im März 2018 eine Findungskommission ins Leben ruft.
Viele Positionen unbesetzt
Viele Positionen im Vorstand und Beirat des Alpenvereins Mühldorf sind unbesetzt, es gibt eine hohe Fluktuation und Kritik am Vorsitzenden. Der Brief, den Unger an 1500 Sektionsmitglieder zwischen 25 und 40 Jahren schreibt, bekommt auch Sandra Schachtner. Sie ist zwar Mitglied, hat sich im Verein aber nie engagiert. „Ja, warum eigentlich nicht“, ist ihre Reaktion. Und Ehrenvorsitzender Unger erzählt: „Sie kam ganz freiwillig zu mir, das fand ich super.“ Schachtner steigt in die Vereinsarbeit ein, lässt sich als Schriftführerin wählen, der Anfang ist gemacht.
Langwieriger Übergang
Der Übergang aber zieht sich. Wieder hören Vorstandsmitglieder auf, darunter der Vorsitzende, es kommen neue hinzu, bis die Mitglieder bei der Jahreshauptversammlung im Herbst endlich das neue, sehr junge Team einstimmig auf den Weg schickt. Die Frau an der Spitze ist erst 28, die anderen sind nicht viel älter, alle unter 50. Und, sagt Ehrenvorsitzender Roland Unger, mit 79 Jahren weit älter als sein Vorstand: „Es gibt wohl nur wenige Alpenvereins-Sektionen mit zwei Frauen an der Spitze“, denn Vize ist Marina Pösl.
Corona setzt Verein massiv unter Druck
Wenn Schachtner über ihre Mitstreiter spricht, sagt sie: „Es macht wirklich Spaß, wir sind ein klasse Team.“ Das muss es auch sein, denn die Sektion Mühldorf steht massiv unter Dampf. Corona hat ihr zwar keinen Mitgliederschwund wie anderen Vereinen beschert, aber das Kletterzentrum mit seinen Hundertausenden Euro Schulden und Zwangsschließungen in den bisherigen Coronawellen stellt Verein und Vorstand auf eine harte Probe. „Ich kann gut schlafen“, sagt Schachtner trotz der Belastung.
Gesunden Respekt vor der Arbeit
„Ich habe aber einen gesunden Respekt vor der Arbeit.“ Das ist aber auch schon der einzige Moment, in dem Schachtner kurz zögert. Wenn sie das alles vorher gewusst hätte? „Nein“, sagt sie, „es ist aufwendiger als gedacht, aber schon alles gut geregelt.“
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Coronahilfen, Kurzarbeit und verständnisvolle Geldgeber haben bislang dazu geführt, dass der Verein finanziell gut durch die Krise kommt und 2021 mit einer schwarzen Null abschließen kann. Die Mitgliederzahlen sind ohnehin kein Problem, sie steigen seit Jahren und liegen bei über 4000.
Jüngere für Bergsport begeistern
Um vor allem Jüngere für den Bergsport zu begeistern, muss sich der Verein nach Ansicht Schachtners verjüngen. Das ist natürlich mit der Kletterhalle erreicht, soll aber dort nicht enden. Schachtner spricht von einer Modernisierung der Sektion. Dabei scheut sich der neue Vorstand nicht, alte Zöpfe abzuschneiden.
Struktur in die Arbeit bringen
Das gedruckte Jahresprogramm ist bereits Geschichte, jetzt werden alle Angebote über die Internetseite vertrieben. Auch der Sektionsabend, das bislang monatliche Treffen von Mitgliedern, soll eine neue Gestalt bekommen, die Frequenz verringert werden. Das Kursangebot soll erweitert und professionalisiert, neue Partnersektionen geworben werden. „Wir sind dabei, Struktur in den Verein zu bringen.“
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Eine Statistik über das Alter von Sektionsvorsitzenden führt der Deutsche Alpenverein nicht, sagt Sprecher Thomas Buchner. Er weiß deshalb auch nicht, ob Schachtner die Jüngste ist: „Aufs Podium käme sie aber sicher“, ist sich der Verbandsvertreter sicher. Auf den Jahresversammlungen seien die Vorsitzenden aller Sektionen anwesend, so junge Chefs und Chefinnen habe er noch nicht getroffen.
Der Grund für das eher höhere Alter liegt laut Buchner zum Einen im Durchschnittsalter der Vereinsmitglieder, das nach seinen Angaben bei 43 liegt. Außerdem übernähmen selten Menschen Verantwortung, die noch voll berufstätig seien. „Es ist schließlich ein sehr aufwendiges Ehrenamt. Deshalb ist das Durchschnittsalter höher. “
Mountainbiken und Skitouren
Über Arbeitsmangel außerhalb des Vereins kann sich aber auch die Vorsitzende der Sektion Mühldorf nicht beklagen, genauso wenig wie ihre Vorstandskollegen. Betriebswirtin Schachtner arbeitet als Controllerin bei Baierl und Demmelhuber, die übrigen sind Bänker, Geschäftsleute, Wissenschaftler.
Und außerdem will die Mettenheimerin ja auch selbst Zeit in den Alpen verbringen. Zusammen mit ihrem Freund beim Bergsteigen, Mountainbiken oder auf Tourenskiern. Einfach in Bewegung bleiben, die sie danna auch auf den ganzen Verein übertragen will.