11. Februar
Tag des Notrufs: Hier bekommen Sie bei Katastrophen schnelle Hilfe
Viele, zum Teil kleine Unwetterzellen mit Hagel, Sturm und riesigem Schadenspotenzial stellten die Integrierte Leitstelle Traunstein (ILS) heuer vor die größten Herausforderungen. So reagierten die Retter auf die Jahrhundstürme.
Traunstein/Mühldorf – Die ILS in den vier Landkreisen Altötting, Berchtesgadener Land, Mühldorf und Traunstein ist zuständig für Feuerwehralarmierung und Rettungsdienst und hatte im Sommer 2021 so viel Arbeit wie nie zuvor. Die Zahl der Notrufe schnellte in bislang ungekannte Höhen. Anlässlich des bundesweiten „Tags des Notrufs 112“, am 11. Februar blickten ILS-Leiter Anton Groschak und Geschäftsführer Josef Gschwendner auf eine ereignisreiche Zeit zurück.
Sechs Fachkräfte helfen untertags
Die Zahl der täglichen Notrufe bezifferten Groschak und Geschwendner mit im Schnitt 600 Anrufen in 24 Stunden. Pro Jahr suchten 220 000 Menschen aus den vier Landkreisen Hilfe über den Notruf 112. In Spitzenzeiten wie bei dem über alle vier Landkreise verteilten Unwetter registrierte die ILS aber auch schon 4000 Anrufe – innerhalb von drei Stunden.
Mehr Personal gebraucht
Kümmern sich normalerweise sechs Fachkräfte auf den Disponentenplätzen – nachts sind es in der Regel drei – um die Anliegen der Bürger, so musste die Zahl im Unwettersommer 2021 auf bis zu 16 Annahmeplätze erhöht werden angesichts Hunderter von Notrufen binnen kürzester Zeit. Der Bereich Waldkraiburg-Mühldorf wurde zum Beispiel schwer getroffen, ebenso der Raum Berchtesgaden mit der zerstörten Eisrodelanlage am Königssee. „Wir hatten in wenigen Minuten einen Überlauf an Notrufen. Mit normalen Tages- und Wochenendbesetzungen wären sie nicht zu bewältigen gewesen“, sagt Geschäftsführer Gschwendner. „Jeder, der ein Handy hatte, wurde hereingeholt.“ Auch Gschwendner sprang ein, verfügt er doch über die erforderliche Feuerwehr- und Rettungsdienstausbildung für einen Notrufplatz.
Feuerwehr-App entwickelt
Ähnliches erzählt Anton Groschak, der Leiter der ILS mit 35 Mitarbeitern. Das notwendige Personal vorzuhalten, habe sich schwierig gestaltet. Als eine der Konsequenzen habe man zwischenzeitlich das Personalverstärkungskonzept aktualisiert und zusätzlich technisch aufgerüstet, etwa mit Smartphones und Apps. Schon bei „relativ kleinen Ereignissen“ werde heute der Notruf 112 gewählt, um die Feuerwehr zu holen. Die Feuerwehr sei jedoch per Gesetz nur bei „tatsächlichen Gefahren“ zuständig für eine Hilfeleistung.
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Nach den Erfahrungen des Sommers 2021 begannen Gschwendner und Groschak das Projekt einer einheitlichen „Feuerwehr-App“, die sich jeder Feuerwehrler auf sein Handy laden könne. Jede Wehr entscheide selbst, wem sie welche Berechtigung erteile. Gleichzeitig sei die Feuerwehr-App ein „Ersatzalarmierungssystem“, falls andere Systeme ausfallen.
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Mittlerweile seien in 105 Kommunen in den vier Landkreisen und mehr als 10 000 Feuerwehrkräfte von 230 Wehren am Netz.
Neben der Feuerwehralarmierung koordiniert die ILS Traunstein sämtliche Rettungsdiensteinsätze in der Region. Jede Meldung über den Notruf „112“ läuft bei einem der Disponenten auf. Manchmal leisten sie direkte Hilfe, um Menschenleben zu retten, und leiten Anrufer an, was sie bis zum Eintreffen professioneller Hilfe tun können.
Erste Hilfe per Telefon
Ein Stichwort ist „Telefonreanimation“. „Schritt für Schritt informieren wir, wie eine Herzdruckmassage und eine Mund-zu-Mund-Beatmung vorgenommen werden“, sagt Geschäftsführer Gschwendner. Etwa zehnmal pro Monat seien solche Anleitungen via Telefon gefragt.
Anton Groschak erinnert sich an ein besonders emotionales Gespräch: „Vor ungefähr drei Jahren hat sich ein Herzpatient bei seinem Lebensretter am Disponentenplatz persönlich bedankt.“
Koordinierung von Corona-Patienten
Auch durch Corona ist die Leitstelle gefordert, vor allem in der Krankenhauskoordinierung und bei der Patientensteuerung. Joaquin Kersting, Oberarzt im Krankenhaus Trostberg, und Hubert Pilgram sind befugt, Kliniken bei Bedarf Patienten zuzuweisen und das Verlegen von Patienten in andere Krankenhäuser zu veranlassen. Wichtiger Partner ist dabei die ILS Traunstein.
Keine einzige Triage wurde durchgeführt
Die Leitstelle verfügt über die Zahlen zum Stand in den Notaufnahmen und zu der Belegung der Intensivstationen in den Kliniken. Kersting und Pilgram sehen die Leitstelle „sehr gefordert durch eine hochkomplexe Aufgabe“. Hinzu kämen komplizierte Krankentransporte von Corona-Patienten in teilweise weit entfernt voneinander liegende Krankenhäuser.
Übereinstimmend sagten Joaquin Kersting und Hubert Pilgram: „Wir haben es geschafft, die Individualversorgung aufrecht zu erhalten. Wir mussten keine einzige Triage durchführen, auch wenn wir einmal kurz davor standen.“
Zahlen und Fakten zum Rettungsdienst und zu Feuerwehralarmierung
Die wichtigsten Zahlen für die vier Landkreise Altötting, Berchtesgadener Land, Mühldorf und Traunstein mit 511 949 Einwohnern, 18 Rettungswachen und 13 Notarztstandorte. Einsätze: 86 221 Einsätze (+2,3 Prozent gegenüber 2020), davon Feuerwehr 6677 (+11,23 Prozent), Rettungsdienst 79 544 Einsätze (+1,54 Prozent), Notfallrettung gesamt 35 922 Einsätze (+2,53 Prozent), Rettungshubschrauber Christoph 1427 Einsätze (+17 Prozent), Bergrettungseinsätze 867 Einsätze (-14,07 Prozent), Corona-bedingtes Einsatz- und Transportaufkommen im Bereich der ILS Traunstein (alle Notarzt- und Notfalleinsätze, Arztbegleitete Patiententransporte sowie Krankentransporte von Coronakranknen): 6273.
Die Zahlen wichtigsten Zahlen für den Landkreis Mühldorf: Notarzteinsätze 3918, Notfalleinsätze 3120, Krankentransporte 8595.
Feuerwehreinsätze 6677 Einsätze (+12,39 Prozent), Brandeinsätze 1274 Einsätze (-4,07 Prozent), Unwettereinsätze: 4714 Einsätze (+19,80 Prozent.