Prozess am Amtsgericht Mühldorf
Sturzbetrunken und „Fuß auf dem Roller“: Reicht das aus für den Führerschein-Entzug?
Ein Mann verlässt mit 3,11 Promille ein Fest und stürzt auf dem Heimweg. Mit dabei: Sein Roller. Laut Zeugin hatte er beim Sturz einen Fuß auf dem Gefährt. Nun saß er in Mühldorf auf der Anklagebank.
Mühldorf – Eins war vor dem Mühldorfer Amtsgericht sicher: Pjotr S. (Name von der Redaktion geändert), war sturzbetrunken, als er ein Fest verließ. Die Polizei stellte jedenfalls einen Blutalkoholwert von 3,11 Promille fest. Vor Gericht war zu klären: Konnte Pjotr S. mit diesem Promillewert noch mit seinem Roller fahren und hat er tatsächlich getan?
Gefeiert und sehr viel getrunken
46 Jahre ist Pjotr S. alt, vor Richterin Dr. Angela Michielsen leugnete er nicht, an jenem 28. Juli feiern gewesen zu sein. „Ich parkte meinen Elektroroller und ging mit meinem Freund und dessen Freundin auf das Fest, wo wir Alkohol tranken.“ Sehr viel Alkohol: Wodka, Bier und Shots. Es sei sehr spät geworden. „Auf dem Heimweg schob ich meinen Roller und stürzte“, berichtete er vom weiteren Verlauf des Abends. „Mehr weiß ich nicht mehr, ich kam erst im Krankenhaus wieder zu mir.“
Das Problem: Weil Notarzt und Polizei zu dem verunglückten Mann kamen, landete sein Führerschein auf Anweisung von Staatsanwalt David Heberlein wegen Trunkenheit im Straßenverkehr im Tresor der Staatsanwaltschaft und Pjotr S. auf der Anklagebank in Mühldorf.
Die Freundin seines Freundes, eine 33-jährige Verpackerin, schilderte den Abend als Zeugin vor Gericht so: „Pjotr parkte seinen E-Scooter bei meiner Mama, mein Freund, er und ich gingen zu dem Fest.“ Es war ein Sonntag. „Vor allem die beiden Männer tranken viel“, erinnerte sie sich. „Auf dem Heimweg wollte Pjotr die Straßenseite wechseln und mit dem Roller fahren, er hatte seinen Fuß auf dem Roller, fuhr aber nicht, sondern kippte sofort um.“ Sie habe etwa 10 Meter hinter ihm gestanden und einen Krankenwagen gerufen. „Und dann kam auch schon die Polizei“.
Einer der Polizisten, die am Unfallort ankamen, sagte vor Gericht, dass der Angeklagte bereits im Sanka verarztet worden sei. „Er war nicht vernehmungsfähig.“ Ein Alkoholtest habe 3,11 Promille ergeben. „Wir haben den E-Scooter überprüft, der war fahrbereit.“
Mehr aber auch nicht: Ob Pjotr. S. tatsächlich gefahren ist, ob er den Roller schob oder sturzbetrunken beim Aufsteigen einfach umgefallen ist, ließ sich nicht mehr feststellen. Staatsanwalt David Heberlein fasste sich in seinem Plädoyer kurz: „Ein Tatnachweis ist nicht zu führen, ich beantrage Freispruch“.
Am Ende: Freispruch
Dieser Forderung schlossen sich Rechtsbeistand Peter Prokop und Richterin Michielsen an: Freispruch.
Eine Nachfrage von Rechtsanwalt Prokop ergab, dass der Führerschein seines Mandanten noch immer im Tresor der Staatsanwaltschaft Traunstein verwahrt werde. Und dass es ein paar Tage dauern könne, bis er zugestellt werde. Mit einem Nachweis des Mühldorfer Amtsgerichts könne der Mann aber sofort wieder am Straßenverkehr teilnehmen.

