Abfüllung von Mineralwasser in Weiding
„Dürfen uns nicht blenden lassen!“: Rückzieher der CSU reicht Trinkwasser-Aktivisten nicht
CSU und Freie Wähler haben ihre Anträge zur erleichterten Nutzung von Grundwasser zurückgezogen. Den Kämpfern gegen die Abfüllung von Mineralwasser in Weiding reicht das nicht. Sie fürchten Auswirkungen auf die Wasserversorgung der gesamten Region. Ein heimischer CSU-Bürgermeister stimmt ihnen zu.
Mühldorf/Polling - Mit Erleichterung hat der Arbeitskreis „Tiefenwasserschutz Weiding“ auf die Entscheidung von CSU und den Freien Wählern reagiert, ihre Änderungsanträge zur Nutzung von Tiefenwasser im Landesentwicklungsplan (LEP) zurückzuziehen. Beide Parteien hatten beantragt, den hohen Schutzstatus zu verringern.
Damit wäre aus Sicht von Kritikern der Schutz des Grundwassers verwässert worden. CSU und FW wollten den Passus ändern, in dem derzeit die Nutzung von Grundwasser als „bevorzugt“ zur Trinkwasserversorgung bezeichnet wird. Künftig, so die Pläne der Regierungsparteien, hätte der LEP festlegen sollen, dass es nur noch „insbesondere“ der Trinkwasserversorgung dienen soll.
CSU und FW haben sich bewegt - aber nicht weit genug
Der Abschnitt im LEP, wonach Tiefengrundwasser „nur im zwingend notwendigen Umfang genutzt werden“ solle, hätte komplett gestrichen werden sollen. Und dem ursprünglichen Vorschlag, „bedeutende, durch Wasserschutzgebiete oder Vorrang- beziehungsweise Vorbehaltsgebiete geschützte Trinkwasservorkommen sollen für die zukünftige Nutzung dauerhaft erhalten bleiben“, fehlten in der Fassung von CSU und FW die Begriffe „Vorbehaltsgebiete“ und „dauerhaft“. Diese Version haben CSU und FW jetzt auf Druck von Ministerpräsident Markus Söder zurückgezogen.
Aktionen gegen Tiefenwassernutzung in Polling angekündigt
„Die Meldung hört sich fürs Erste gut an“, kommentiert Ingrid Irgmaier den Rückzieher der Regierungsparteien. „Doch wir dürfen uns nicht blenden lassen!“, sagt die Landwirtin, die eine Nachbarin des Werks Weiding ist, in dem Innfood die Förderung von Tiefenwasser zur Herstellung von Mineralwasser plant. Zusammen mit anderen hat sie den Arbeitskreis „Tiefenwasserschutz Weiding“ gegründet. Sie fordert: „Wir müssen sehr bewusst weitermachen.“
Nach ihrer Ansicht ist die Produktion nämlich kein reines Pollinger Problem. Neben der starken Zunahme von Lastwagenverkehr rund um Mühldorf fürchtet der Arbeitskreis Auswirkungen auf die ganze Region. Dabei beruft sich der Arbeitskreis auf die Antwort des Wasserwirtschaftsamts Rosenheim auf eine Anfrage der Grünen aus Polling und dem Landkreis.
Tiefengrundwasserstock betrifft viele Städte und Dörfer in Südostoberbayern
Nach Angaben der Pollinger Gemeinderätin Lena Koch hatte ihre Partei angefragt, wie groß der sogenannte Tiefengrundwasserkörper sei, aus dem Tiefenwasser durch die bestehenden Brunnen auf dem Werkgelände in Weiding gefördert werde. In der Antwort, die den OVB Heimatzeitungen vorliegt, nennt das Wasserwirtschaftsamt den Bereich des Tiefengrundwassers eine „große Fläche“. Schriftlich teilt die Behörde mit: „Daher erstreckt sich der relevante Bereich für das hydrogeologische Modell etwa von Steinhöring im Südwesten, Neufahrn bei Lengdorf im Westen, Vilsbiburg im Norden, Eggenfelden im Nordosten, Marktl im Osten, Burgkirchen, im Südosten und Gars im Süden.“
Für Ingrid Irgmaier und den Arbeitskreis Tiefenwasser ist damit klar: „Es ist kein Weidinger oder Pollinger Problem. Es geht sehr viele an.“ Aschaus Bürgermeister Christian Weyrich (CSU) sieht das genauso. Seine Gemeinde liegt Luftlinien gut 20 Kilometer von Weiding entfernt. Weyrich beruft sich bei seiner Einschätzung auf ein hydrologisches Modell von 2011. Das zeigt nach seinen Angaben, dass es einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Grundwasservorkommen in der Region gibt.
Trinkwasser mit Tiefenwasser verbunden
Das Grundwasser, das seine Gemeinde nutzt, stammt aus der sogenannten Inn-Niederterrasse. Auf ihr liegen auch viele Nachbarn wie Waldkraiburg oder Mühldorf, die gesamte „Mettenheimer Gruppe“ zur Wasserversorgung bezieht ihr Wasser aus dem Grundwasserstock.
Weyrich betont: „Dieser Grundwasserstock speist sich aus zwei Quellen: dem Regenwasser und dem Tiefenwasserüberdruck.“ Mit anderen Worten: Teile des Grundwasservorkommens in der Region sind direkt mit dem großen Tiefenwassergrundstock verbunden.
Arbeitsplätze und Gewerbesteuer kein Argument
Natürlich weiß auch Weyrich, dass die Förderung von Tiefenwasser in Weiding früher bereits zur Herstellung von Babynahrung genehmigt war. „Aber die Zeiten ändern sich“, sagt er mit Blick auf sinkende Grundwasserspiegel. „Neue Genehmigungen sollte man der neuen Zeit anpassen“, deshalb mahne er zum Verzicht. Argumente wie 50 zusätzliche Arbeitsplätze oder Gewerbesteuereinnahmen lässt er auch als Bürgermeister nicht gelten. „Dass dieser Aspekt ins Feld geführt wird, erscheint mir der heutigen Zeit nicht mehr angemessen.“
Weyrich will nicht polemisieren und nicht emotionalisieren. Aber er will, dass seine Argumente als Bürgermeister gehört werden. „Deshalb werden wir eine Beteiligung im Genehmigungsverfahren einfordern.“
Grüne fordern Nein vom Landrat
In dieses Verfahren haben sich die Grünen im Landkreis schon mit einer deutlichen Forderung an Landrat Max Heimerl eingebracht. Das Landratsamt ist für die Genehmigung des Antrags zuständig, den Innfood vor drei Wochen gestellt hat. Darin hat Innfood zusammen mit seinem Partner Roxane die Umnutzung bestehender oder abgelaufener Wasserrechte in Weiding beantragt.
In einem Brief an Landrat Maximilian Heimerl (CSU) hat sich Sprecherin der Grünen, Kerstin Daser, jetzt gegen eine Genehmigung der Mineralwasserproduktion gewandt: „Diesem Vorhaben stellen wir uns energisch entgegen und fordern Herrn Landrat Max Heimerl, auf: Sichern Sie die Trinkwasserversorgung für die Menschen in den Landkreisen Mühldorf und Altötting und lehnen Sie den Antrag auf Wassernutzungsrechte von Innfood Mineral Waters GmbH ab!“
Landratsamt hat nur beschränkte Möglichkeiten
Das Landratsamt hat bereits bei der Einreichung des Genehmigungsantrags betont, dass sich seine Entscheidung ausschließlich an den Rahmenbedingungen orientiert, die das Parlament festgelegt hat. „Wir weisen darauf hin, dass das wasserrechtliche Verfahren auf die rechtliche und fachliche Abwägung im Hinblick auf die Zulässigkeit des beantragten Vorhabens bezüglich der geltenden und vom Gesetzgeber vorgegebenen Rechtslage beschränkt ist“, erklärte ein Sprecher vor drei Wochen.
Am Samstag, 8. April, lädt die Bürgerinitiative Netzwerk Trinkwasser (Bint) zu einer Demonstration vor das Werk Weiding. Beginn ist um 10 Uhr.