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Aufräumen nach dem Schneebruch

Bäume liegen wie Mikado-Stäbchen herum: Was Waldbauern und Spaziergänger beachten müssen

Kreuz und quer wie ein Mikado-Spiel: Der Waldbauer muss sich genau überlegen, wo er zuerst die Motorsäge ansetzt und wie er die Bäume entsprechend sichert.
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Kreuz und quer wie ein Mikado-Spiel: Der Waldbauer muss sich genau überlegen, wo er zuerst die Motorsäge ansetzt und wie er die Bäume entsprechend sichert.

Stippvisite in einem Waldstück bei Flossing: Waldbauer Wolfgang Lohr führt durchs Holz, wo eine große Menge abgebrochene Äste liegt. Folgen des starken Schneefalls Anfang Dezember, der auch seinen Waldbestand nicht verschont hat. Und das birgt große Gefahren.

Flossing – „Unsere Vermutung ist, dass der Schnee Anfang Dezember bei einer Temperatur von ungefähr null Grad Celsius in Schneeform runtergekommen ist“, sagt Waldbauer Wolfgang Lohr. „Bei dieser Temperatur hat der Schnee einen hohen Wasseranteil und verklebt. Die Fichten und Kiefern hat es deswegen sehr stark erwischt, weil die oben sehr gut bekront waren. Und darauf konnte sich eine Menge Schnee ansammeln.“ Das alles zusammen habe dazu geführt, dass viele Bäume der Belastung nicht mehr standgehalten hätten, es kam zum Schneebruch, wie Lohr schlussfolgert.

Nasser und schwerer Schnee war das Problem

Baumstämme, deren Kronen abgebrochen sind. Laubbäume, die durch die Schneelast abgeknickt sind. Lohr ist sich sicher: „Hätten wir Minusgrade von zwei bis vier Grad Celsius unter Null gehabt, dann wäre der Schnee auf jeden Fall viel früher von den Bäumen gefallen. Oder wenn wir auch nur einen leichten Wind gehabt hätten, dann hätten wir auch nur einen Bruchteil der Schäden zu beklagen.“ Er betont aber auch: Maßgebend für diese Schäden sei weder ein Fehler bei der Durchforstung, noch die oft erwähnte Trockenheit.

Baumstämme unter Spannung. Nicht ungefährlich für Waldarbeiter.

Auch Schädlinge, wie der Borkenkäfer, spielen keine Rolle, vorausgesetzt der Bestand ist geschlossen und gut durchforstet. „Randbäume, die keinen Partner mehr haben, waren der Gefahr ausgesetzt, dass sie sich durch die Schneelast schneller in eine Richtung abgebogen haben und schließlich auch schneller gebrochen sind.“

Ein geschlossener Bestand, etwa bei Laubholz, sei sicherlich von Vorteil gewesen. Aber diesmal war eben das Gewicht des Schnees ausschlaggebend. „Pulverschnee hat ungefähr nur ein Fünftel des Gewichts von nassem Schnee. Und das war heuer unser Problem! Und natürlich auch die Menge von fast 50 Zentimetern innerhalb von nur knapp eineinhalb Tagen.“ Gruppenpflanzungen, die das Blattwerk noch nicht abgeworfen haben, zum Beispiel Rotbuche und Stileiche, haben Schaden genommen. Lohr beklagt, dass es vor allem einzelne, junge Eichen erwischt hat.

Gibt es Bäume, die gegen diese Wetterkapriolen besser gewappnet sind? „Ab einem Alter von ungefähr 25 Jahren haben die Weißtanne und die Douglasie kaum Schäden gezeigt“, verrät Lohr. Kiefer und Fichte jedoch seien sehr stark betroffen.

Wolfgang Lohr in einem Waldstück bei Flossing. Unter der Schneelast waren vor allem Äste von Fichten abgebrochen.

Das zeigt auch der Blick nach oben. Einige Fichten haben ihre Krone verloren, während Lärchen kerzengerade aus dem Waldbestand herausragen. „Sie nadeln ab, der Schnee hat weniger Auflagefläche als bei anderen Nadelbäumen!“, erklärt Wolfgang Lohr. Überraschend dicht im Vergleich zur Fichte die Kronen einiger Weißtannen, die allerdings standgehalten haben. „Das kann daran liegen, dass bei Tannen generell die Nadeln nicht kreisrund um den kompletten Zweig wachsen, sondern nur seitlich. Der Schnee kann sich weniger gut halten“, so Lohr weiter.

Revierförster Wolfgang Mayer spricht von Schäden, die unterschiedlich ausgeprägt seien. Ziemlich stark betroffen seien die sogenannten „Wibke-Bestände“, also Baumbestände, die zwischen 35 und 40 Jahre alt sind. Sie waren angelegt worden nach dem großen Orkan „Wibke“, der vom 28. Februar auf den 1. März 1990 über Deutschland gefegt war und ganze Wälder rasiert hatte.

Ein Buchenwäldchen hielt den Schneemassen ebenfalls nicht stand.

An Wibke kann sich Mayer deswegen so gut erinnern, weil er damals gerade mal vier Wochen als Revierförster im Amt war. „Das war ein Jahrhundertsturm damals“, in dieser Ausprägung hätte er keine Sturmschäden mehr erlebt. Dass er zum Ende seiner beruflichen Laufbahn nun mit Schneebruch von dieser Tragweite konfrontiert ist, bezeichnet er aber ebenso als ungewöhnlich.

Wipfel abgebrochen wie Zündhölzer

In einzelnen Bestände habe man beobachtet, dass die Wipfel einfach abgebrochen seien, wie Zündhölzer. „Das sind aber nicht die Problembäume!“ Gefährlich seien die Aufräumungsarbeiten, wenn Trennschnitte erforderlich seien und Spannungen freigesetzt würden: „Dann schlagen die Baumstämme aus und das kann tödlich ausgehen!“ Deshalb habe man schon wenige Tage nach dem starken Schneefall zu Waldbegehungen geladen, gut besuchte Veranstaltungen abgehalten, bei denen auf die besonderen Gefahren hingewiesen wurde.

„Ein Teil der Waldbauern bringt da schon viel Erfahrung mit. Schulungen dienen dazu, die Waldbauern zu sensibilisieren, zu erkennen, ob man selbst das Know-how besitzt, die schadhaften Bäume zu beseitigen oder sich Hilfe vom absoluten Fachmann zu holen.“ Erfahrung, die sei nämlich nötig, um das Schadholz aus den Wäldern zu bringen. Sollten Waldbauern mit der Situation in ihrem Wald überfordert sein, dann solle man sich an die Fachstellen wenden beziehungsweise an die Waldbesitzervereinigung, die auf Unternehmen zurückgreifen können, die Schneebruch-Probleme lösen könnten. Denn es habe bei Aufräumarbeiten schon Todesfälle gegeben, warnt Mayer.

Hat man nach den Schneebrüchen neue Erkenntnisse gewonnen? Mayer sagt: „Nicht Neues!“ Entscheidend sei, dass man in Zukunft auf Mischwald setzt, „der einfach stabiler ist“. Es sei nachvollziehbar, dass die Landwirte eher Bäume pflanzen möchten, die sich auch als Bauholz verarbeiten lassen, „nicht nur Laubholz“. Es habe sich herausgestellt, dass Weißtanne und Douglasie bei derartigen Wetterereignissen wie Anfang Dezember weniger Probleme bereiten würden. Eine Bestandsstabilisierung werde durch Bestandspflege und das richtige Maß an Durchforstung erreicht. „Wenn einem Baum das Stützgerüst in Form von anderen Bäumen fehlt, dann bricht er halt ab.“

Manche Stämme sind wie ein Streichholz umgeknickt.

Preisverfall ist nicht zu befürchten

Dass der Schneebruch einen Preisverfall nach sich ziehen könnte, bezweifelt Mayer übrigens. Er beruft sich auf Auskünfte, dass der Holzmarkt sehr aufnahmefähig sei. Laut Waldbesitzervereinigung haben der Schneebruch und dessen Folgen derzeit keine preismindernde Auswirkung, es sei kein Preisverfall zu befürchten. „Der Holzeinschlag hat noch gar nicht begonnen, daher war der Zeitpunkt dieses Schadereignissen nicht der ungünstigste.“ Der Markt für Heizwerke und Hackschnitzelheizungen sei „gut aufnahmefähig“. Die Zeit drängt, sagt Mayer, das Schadholz sollte den Wald verlassen haben, bevor der Borkenkäfer wieder aktiv werde. Das sei Ende März der Fall.

Feuchtigkeit ungünstig für die Standfestigkeit

Das nächste Problem sei gegenwärtig nicht eine befürchtete Trockenheit. „Es ist eher so, dass durch die große Nässe, das Tauwetter und die Niederschläge der Boden sehr gut durchfeuchtet wird. Wir haben eine starke Durchweichung. Wenn jetzt auch noch starke Winde aufkommen, kann es durchaus sei, dass Bäume geworfen werden, weil die Verankerung für die Wurzeln nicht mehr gut ist!“

Spaziergänger und Jogger müssen aufpassen

Bis sämtliche Schäden beseitigt sind, werden noch Wochen und Monate vergehen, warnt Revierförster Mayer. „Entscheidend ist, dass die Leute im Wald aufpassen. Spaziergänger, Jogger und andere Erholungssuchende sollen mit offenen Augen durch die Natur gehen. Vielleicht aktuell nicht gerade im Wald!“ Wichtig sei auch, dass entlang von Wegen keine Gefahr von oben drohe in Form von Ästen, die noch abbrechen und herabstürzen könnten. Hier stünden die Waldbesitzer in der Pflicht, Gefahren zu minimieren.

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