Mühldorfer Kreistag muss sich entscheiden
Steigt der Landkreis Mühldorf beim MVV ein? Das wollen die Fraktionen im Kreistag
In Zeiten knapper Kassen steht für den Landkreis Mühldorf eine schwierige Entscheidung an: Beitritt zum Münchner Verkehrsverbund – ja oder nein? Soll und kann sich der Landkreis das leisten? So positionieren sich die einzelnen Fraktionen dazu.
Mühldorf – Ende März 2024 hatte sich der Mühldorfer Kreistag noch gegen einen Beitritt zum Tarifgebiet des Münchner Verkehrsverbunds MVV ausgesprochen – bei der angespannten Haushaltslage reichte das Geld damals hinten und vorne nicht. Am 4. April, wird diese Entscheidung wieder auf der Tagesordnung der Kreistagssitzung stehen.
Schneller Beitritt wäre finanziell attraktiv
„Wenn der Beitritt zum 1. Januar 2026 erfolgen soll, muss sich der Kreistag spätestens in der Aprilsitzung 2025 entscheiden“, teilt das Landratsamt auf Anfrage mit. „Das Beitrittsdatum wäre finanziell attraktiv“. Weil in diesem Fall der Freistaat ab Beitrittsbeginn einen Teil der Kosten ausgleichen würde. Außerdem würde sich der Freistaat zu 90 Prozent oder einer knappen Million Euro an den Kosten für Beratung, Umsetzung, Marketing und infrastrukturelle Anpassungen beteiligen. Bei einem späteren Beitritt fiele diese Förderung durch den Freistaat weg.
Gegenüber dem Münchner Merkur hatte MVV-Chef Bernd Rosenbusch zum Beitritt Mühldorfs schon Ende Februar von neuen Berechnungen berichtet. Daraus leitete er gute Chancen für einen Beitritt Mühldorfs ab, er sei da „verhalten optimistisch“. Auf die Nachfrage des OVB wollte sich Rosenbusch dazu nicht mehr äußern, verwies auf das Landratsamt Mühldorf. Der dortigen Pressestelle war diese Aussage des MVV-Chefs nicht bekannt.
Es könnte teurer werden
„Dem Landkreis Mühldorf liegen seit wenigen Tagen neue Berechnungen vor“, so Landratsamtssprecher Wolfgang Haserer Anfang März. „Derzeit werden diese geprüft und entsprechend aufbereitet. In der Sitzungswoche im April werden die Zahlen den Gremien vorgelegt.“ Diese Berechnungen hätten ergeben, dass sich „die Kosten für den Landkreis erhöhen“ werden. Gründe dafür seien das teurere Deutschlandticket und tarifliche Steigerungen im personellen Bereich. Beides werde vom Freistaat nicht ausgeglichen.
Vor- und Nachteile abwägen
Das Für und Wider eines Beitritts zum MVV-Gebiet beschäftigt auch die Kreistagsfraktionen seit Monaten. Wie werden sie entscheiden? „In der Fraktion haben wir uns noch nicht final abgestimmt“, sagt Josef Grundner, CSU-Fraktionssprecher im Kreistag, über das ja oder nein zum MVV. Der Landkreis müsse genau abwägen, welche Vor- und Nachteile der Beitritt zum MVV haben könnte. Vor allem die finanziellen Auswirkungen müsse man im Blick haben.
„Nicht leistbar, nicht sinnvoll“
Als „zum jetzigen Zeitpunkt finanziell nicht leistbar, nicht sinnvoll und deshalb nicht zu befürworten“ bezeichnet Ulli Maier von der UWG den MVV-Beitritt. „Ein Nutzen aus dem MVV für den Landkreis lässt sich nicht bewerten“, sagt Maier. Die Zugehörigkeit zum MVV-Gebiet sei nur sinnvoll, wenn damit auch Münchner in den Raum Mühldorf kämen. „Dass die in Scharen zu uns kommen, halte ich für sehr fragwürdig.“
Grüne von Anfang an dafür
Die Grünen im Kreistag sind ganz klar für einen Zusammenschluss des Landkreises mit dem MVV. „Von Anfang an“, unterstreicht Fraktionssprecherin Lena Koch. „Es wäre eine historische Entscheidung für den Landkreis, ein Schritt hin zu mehr Klimaschutz und mehr Lebensqualität für die Bürger auf dem Land.“ Denn, die Erfahrung des MVV könnte der Landkreis Mühldorf für den weiteren Ausbau seines öffentlichen Nahverkehrs nutzen.
„Was haben wir davon?“
Noch nicht abschließend hat die SPD-Fraktion beraten. Ihr Vorsitzender Günther Knoblauch lehnt den MVV-Anschluss persönlich ab. „Man muss die finanzielle Lage des Landkreises sehen“, sagt er. „Und sich fragen, was wir davon haben.“ Die rund 15.000 München-Pendler hätten wahrscheinlich einen geringen Vorteil vom MVV. „Aber was ist mit den anderen 100.000 Landkreisbürgern, die Busverbindungen innerhalb unseres Landkreises brauchen? Was tun wir für Sie?“ Die Verbesserung des eigenen Busnetzes im eigenen und in die benachbarten Landkreise habe sich der Landkreis bisher weder leisten wollen noch können.
Der Knackpunkt sind die Finanzen
Aktuell habe die WGW nicht über das Thema MVV diskutiert, sagt ihr Sprecher Josef Schöberl. Aber die WGW würde einen Beitritt grundsätzlich begrüßen: „Wenn sich der Beitritt für unseren Landkreis einigermaßen rechnet, dann sind wir dafür.“ Die Finanzen seien der entscheidende Knackpunkt.
„Problematisch und nicht verantwortbar“
„Bei den jetzigen Voraussetzungen des Kreishaushaltes ist ein MVV-Beitritt für uns keine Option“, bringt Sprecher Oliver Multusch den in der AfD herrschenden Konsens auf den Punkt. „Es mag mehr Bequemlichkeit für den Fahrgast bringen, aber keine Mehrleistung und keine Verbesserung für unseren ÖPNV. Dafür hohe Summen auszugeben, halten wir für problematisch und nicht verantwortbar.“
„Kein Beitritt um jeden Preis“
„Was kostet es uns und was bringt es uns?“, diese Fragen stellen sich für die ÖDP/FDP, so deren Fraktionsvorsitzender Reinhard Retzer. Mit dem MVV bekomme der Landkreis keine einzige Busverbindung zusätzlich. „Angesichts unserer prekären Situation, darf es keinen Beitritt um jeden Preis geben“, betont er. Alle Zahlen und Förderzusagen müssten im Kreistag und den Ausschüssen auf den Tisch. „Sollte es finanziell umgehen, dann würden wir ja sagen.“
Kein Geld, keine Entscheidung
„Vor einem Jahr wurde die Entscheidung zum MVV-Beitritt aus Kostengründen verschoben“, so der fraktionslose Kreisrat Konrad Zeiler. „Da sich die finanzielle Lage im Landkreis aber seitdem nochmal verschlechtert hat, ist die logische Folgerung auf absehbare Zeit keine Entscheidung zu treffen. Es sei denn, der Freistaat Bayern schraubt seine Förderung höher.“ Lukas Eder, alleiniger Vertreter der Linken im Kreistag, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Der MVV erweitert sich indes munter weiter: Vor rund zwei Wochen haben sich Stadt und Landkreis Landshut trotz auch dort herrschender angespannter Haushaltslage für den Anschluss an den MVV zum 1. Januar 2026 ausgesprochen. Das MVV-Gebiet umfasst dann 14 Landkreise sowie die Städte München, Rosenheim und Landshut mit einem einheitlichen Tarifsystem.
