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„Das Wirtshaus-Sterben würde stark befeuert werden“

„Das ist existenzbedrohend!“: Mühldorfer Wirte-Sprecher warnt vor Mehrwertsteuer-Erhöhung

Holger Nagl Juli 2023
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Fällt die Steuerreduzierung, muss Hammerwirt Holger Nagl die Preise seiner Speisekarte überarbeiten. Das freut weder ihn noch seine Gäste.

Die Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Speisen von 7 auf 19 Prozent zum 1. Januar 2024 ist das Damoklesschwert über den Gastronomen. Was Landkreis-Wirtesprecher Holger Nagl zu den Steuerplänen sagt und wie Leute auf der Straße über mögliche Preiserhöhungen denken.

Von: Christa Latta und Hans Rath

Mühldorf – Um Restaurants und Gasthäusern durch die Corona-Krise zu helfen, hatte die Bundesregierung die Mehrwertsteuer auf Speisen ab 1. Juli 2020 von 19 auf 7 Prozent gesenkt. Befristet bis 31. Dezember 2022 wurde die Reduzierung um ein weiteres Jahr verlängert. Zum 1. Januar 2024 könnte diese Steuer, die Wirte an den Staat abführen müssen, wieder auf 19 Prozent steigen. Fatal für alle Speiselokale. „Um zu überleben, müssten die Wirte dann ihre Preise erhöhen“, prognostiziert Wirtesprecher und Hammerwirt Holger Nagl. „Da werden nicht alle Gäste mitgehen wollen oder können. Das ist existenzbedrohend!“

Die logische Konsequenz: „Viele werden sich das Essengehen sparen, weil sie es sich nicht mehr leisten können oder wollen“, so Nagl. Kommen weniger Gäste, sinkt der Umsatz der Wirte noch weiter und „das Wirtshaussterben wird nicht nur weitergehen, es würde sogar stark befeuert werden“. Nagl sieht besonders kleinere Gasthäuser, die auf das Tagesgeschäft angewiesen sind, in Gefahr.

Wie viel verdient der Wirt an einem 10 Euro-Schnitzel?

Erhöhung der Mehrwertsteuer: Preise steigen um über 15 Prozent

Eine aktuelle DEHOGA-Umfrage - Holger Nagl ist Kreisvorsitzender des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbandes DEHOGA - liefert ein eindeutiges Ergebnis: 96,1 Prozent der befragten 2.000 Betriebe in Bayern gaben an, bei einer Mehrwertsteuererhöhung die Preise erhöhen zu müssen. Um die Steuererhöhung sowie die weiterhin hohen Kosten für Lebensmittel, Personalgehälter und Energie zu stemmen, würden die Preise um durchschnittlich 15,6 Prozent steigen. „Dann kostet ein Schnitzel nicht mehr 10 Euro, sondern 11,56 Euro“, rechnet Nagl als einfaches Beispiel vor. „Gäste würden ausbleiben, die Nachfrage einbrechen, der Umsatz sinken.“ Und selbst, wenn Wirte ihren Umsatz halten können, würde das Abführen der erhöhten Steuer an den Staat den Gewinn doch beträchtlich schmälern. 7,2 Prozent der Befragten sagten, sie müssten dann ihren Betrieb aufgeben.

So viel Mehrwertsteuer muss im europäischen Ausland gezahlt werden.

„In Zeiten, in denen alles massiv teurer wird und sich die Bürger immer weniger leisten können, jetzt auch noch die Mehrwertsteuer auf Speisen von 7 auf 19 Prozent anzuheben, wäre der Sargnagel für viele klein- und mittelständige Gastronomiebetriebe“, stellt Bayerns DEHOGA-Präsidentin Angela Inselkammer fest. Einen Restaurantbesuch müsse sich auch weiterhin jeder leisten können. Außerdem sei der reduzierte Mehrwertsteuersatz für Speisen in der Gastronomie europaweit die Regel. In 23 EU-Staaten gebe es steuerlich keinen Unterschied zwischen Essen im Restaurant, Essen aus dem Supermarkt, im Gehen und Stehen oder bei Essenslieferung. Dass das auch in Deutschland dauerhaft so bleibt, wünscht sich auch Hammerwirt Nagl.

„Es wird eng für die Wirte“

Zurück zum Beispiel-Schnitzel für 10 Euro. Wie setzt sich dieser Preis eigentlich zusammen? Holger Nagl erklärt: „38 bis 40 Prozent davon sind Personalkosten, 30 Prozent die Kosten für die Ausgangsware, rund 22 bis 24 Prozent für Energiekosten und Steuern.“ Bleiben nach Adam Riese rund 8 Prozent als Umsatzrendite für den Wirt. „Die Verdienstlage ist sehr dünn“, stellt Nagl fest. „Bricht mit der erhöhten Steuer weiterer Umsatz weg, wird es richtig eng für die Wirte.“

Zum Thema steigende Preise in Gasthäusern und Restaurants hat das OVB Passanten auf dem Mühldorfer Stadtplatz befragt.

Irene Hötzinger (70), Rentnerin aus Ampfing: „Seit Corona ist das Essen spürbar teurer geworden. Ich gehe mit Freunden etwa zweimal pro Monat essen, meistens während der Woche. Dabei wird unter den Lokalen abgewechselt, mal ist es bayrisch, mal italienisch, mal chinesisch. Mir ist aufgefallen, dass in vielen Wirtschaften die Öffnungszeiten sehr reduziert worden sind. Einen Schweinebraten, der dann vielleicht 17 Euro kostet, den kaufe ich dann allerdings nicht. Für 17 Euro kann ich ja Schweinebraten zu Hause kochen und die ganze Straße einladen. Auch wenn die Umsatzsteuer erhöht wird – ich gehe weiterhin essen, um meine sozialen Kontakte zu pflegen.“ (hra)
Alois Weigand (76), Rentner aus Neumarkt-St. Veit: „Ich gehe alle vier bis fünf Wochen mit meiner Familie essen. Ich habe 60 Jahre als Maurer in einem einzigen Betrieb gearbeitet und daher eine gute Rente. So kann ich mir das Essen leisten, auch wenn es teurer wird. Das ist dann schon ein Höhepunkt, wenn wir in einem Lokal essen. Meiner Meinung nach ist die Ampel-Koalition daran schuld, dass alles, nicht nur das Essen teurer wird. Früher, vor der jetzigen Regierung, war es besser.“ (hra)
Anna Schwarz (32), Büroangestellte aus Mühldorf: „Die Gastronomen haben während der Pandemie Umsatzeinbußen erlitten. Wenn jetzt durch die Erhöhung der Umsatzsteuer die Preise für die Speisen in Lokalen steigen, dann profitieren auch die Wirte etwas. Für mich sind zwei Dinge wichtig: Erstens muss das Preis-Leistungs-Verhältnis und zweitens die Qualität des Essens stimmen. Ich gehe weiterhin etwa ein- oder zweimal pro Monat zum Essen.“ (hra)

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