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Interview zum Wohnraum in Mühldorf - Teil 2

Stadtbauleiterin: „Wir brauchen Parkplätze für 50 leerstehende Wohnungen im Zentrum“

Mühldorfs Bürgermeister Michael Hetzl und Stadtbaumeisterin Birgit Weichselgartner.
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Mühldorfs Bürgermeister Michael Hetzl und die Leiterin des Stadtbauamts, Birgit Weichselgartner.

Die Diskussion um fehlenden (bezahlbaren) Wohnraum in Mühldorf und Umgebung ist ein Dauerbrenner. Im ersten Teil des Interviews sprachen Bürgermeister Michael Hetzl (UM) Stadtbauleiterin Birgit Weichselgartner über die Trennung von Eigenheim-Erwerb und Mietwohnungsbau. Das Wohnbaumodell geht in die finale Phase mit Entscheidung der Grundstücksvergabe im März 2022. Ärgerlich ist offenbar, dass im Stadtzentrum viele bezahlbare Wohnungen leer stehen.

Mühldorf - Im ersten Teil unseres innsalzach24.de Interviews (Plus-Artikel) gaben Michael Hetzl und Birgit Weichselgartner Einblick in die Bau-Aktivitäten der Stadt. Sie erklärten, warum es im Baulandmodell eine Einkommens-Obergrenze gibt. Im zweiten Teil geht es nun hauptsächlich um Zukunftsvisionen und einen unerklärlichen Leerstand in der Innenstadt.

In Mühldorf sind alle Preise rund ums Wohnen in den letzten zehn Jahren deutlich gestiegen. Das gilt auch – zum Teil auf etwas niedrigerem Niveau –für die anderen Städte und Gemeinden im Landkreis.

Abwechselnd beantworten Birgit Weichselgartner (BW) und Michael Hetzl (MH) unsere Fragen zur Thematik.

Werden in Mühldorf schon bald neue Baugrundstücke erschlossen?
BW: Im Außenbereich der Stadt nicht in naher Zukunft. Denn es gibt im inneren Stadtbereich Entwicklungspotenziale, die erfasst worden sind. Es geht auch darum, nicht zu schnell zu wachsen, damit alle Kinder, die mit ihren Eltern hierher ziehen, einen Platz in Betreuungseinrichtungen bekommen.
Sind 8 Euro pro Quadratmeter für eine Mietwohnung zu schaffen?
MH: Was die SPD da fordert, ist aus der Zeit gefallen. Allein die Auflagen für ökologisches Bauen führen zu einer generellen Teuerung. Mit dem Umrüstung der Gebäude auf CO2-neutrale Heizungsstandards antworten wir auf den Klimawandel.
Kann die Stadt - wie die SPD fordert - selbst bauen und günstiger vermieten?
MH: Wie soll das gehen, wenn das Bauen so teuer ist? Von heute auf morgen sind zum Beispiel KfW Förderprogramme für kommunalen Wohnungsbau gestrichen worden. Die Wohnraumförderung des Freistaats Bayern ist befristet gültig bis Ende 2022. Wir sind momentan dabei, zu klären, ob unsere Bauprojekte 30 Prozent Fördermittel bekommen. Die Lage ist aber kommunalrechtlich unüberschaubar.
Welche Grundstücke sind aktuell Teil des Baulandmodells in Mühldorf?
MH: Zunächst die 20 Grundstücke am Kirchenfeld. Alle Grundstücke im Programm müssen EU-rechtskonform ausgeschrieben werden.
BW: Die Grundstücke im Baulandmodell müssen im Besitz der Stadt sein. Die Bewerbungsfrist ist abgelaufen. Vermutlich im März 2022 werden wir ins Gremium der Verwaltung gehen. Dann versuchen wir gemäß des Punktsystems eine gerechte Vergabe-Entscheidung zu treffen.
Welche Kriterien bringen Punkte beim Baulandmodell?
BW: Die Bewerber sollten hier langfristig ansässig sein. Sie sollten sich mit der Stadt identifizieren. Daher wird ein Ehrenamt positiv bewertet. Zum Beispiel junge Männer und Frauen, die sich bei der Freiwilligen Feuerwehr (FFW) Mühldorf engagieren. Das möchten wir unterstützen.
Wie kann man sich das vorstellen?
BW: Wir haben drei Feuerwachen in der Stadt. Wenn dort zum Beispiel ein junger Feuerwehrmann und Vater für Frau und Kinder ein Einfamilienhaus bauen will, kommt es öfter vor, dass er sich sich in einer umliegenden Gemeinde ein bezahlbares Grundstück sucht. Nach dem Feuerwehrgesetz darf er dann nicht mehr für die FFW Mühldorf tätig sein. Solche wichtigen Leute wollen wir an die Stadt binden. Das ist mein Lieblingsbeispiel für das Einheimischenmodell.
Plant die Stadt, weitere Grundstücke für das Programm zu erwerben?
MH/BW: Dafür sichern wir uns Bauerwartungsland im Vorkaufsrecht. Aber leicht ist es nicht. Eine Anekdote: Als ich beim Notar saß, reagierten die Verkäufer ohne Verständnis dafür, dass die Stadt hier aktiv wird. Angeblich hätten sie sich lieber mit einem privaten Bauträger über einen Verkauf geeinigt. Die Stadt solle doch bitte das Doppelte für die Grundstücke bezahlen.
Können Sie mit ihrem Amt als Bürgermeister da nicht besser einwirken, Herr Hetzl?
MH: Ich wurde teilweise sogar beleidigt und scharf angegangen von manchen Grundstückseigentümern. Sie fragen mich, ob die Bürger schon wüssten, was ich hier veranstalte.
Bekommt das Baulandmodell ein Update in den kommenden Jahren?
MH: Zunächst wird das Kirchenfeld abgearbeitet. Die andere potenziellen Baugebiete umfassen tausende von Quadratmetern, die erst parzelliert werden müssen. Die Bauleitplanung dafür fehlt noch. In den nächsten drei Jahren wird es voraussichtlich kein neues Angebot geben.
Gibt es dafür noch andere Gründe?
MH: Die Regierung hat uns darauf hingewiesen, dass wir zuerst die Innenlücken im Stadtkern entwickeln müssen. Personen, die hier seit über sieben Jahren ihr Baurecht nicht ausüben, werden von uns offiziell angeschrieben. Dieses Brachland soll zeitnah bebaut werden.
Warum wird hier so lange verzögert?
MH: Auch aus Spekulationsgründen. Unter die Genannten fallen Einfamilienhäuser und geplante größere Wohnanlagen. Tübingens Bürgermeister Boris Palmer (Die Grünen) zum Beispiel ging in solchen Fällen soweit, Bauherren zum Bauen zu zwingen. Diese Härte wollen wir möglichst vermeiden.
BW: Unser sanfter Druck zeigt bereits Wirkung, denn bei einigen brachliegenden Bauprojekten geht jetzt etwas vorwärts.
Woher kommt diese Spekulationsblase in Mühldorf?
MH: Das hat auch mit der Null-Zins-Politik etwas zu tun. Wer mit einer Million Euro zur Bank geht, muss Strafzinsen zahlen. Wer aber eine Million Euro Darlehen aufnimmt, ist plötzlich bei den Banken willkommen.
BW: Es entsteht das Luxusproblem, dass die Grundstückseigentümer lieber nicht agieren, weil sie ein Problem hätten, wenn sie verkaufen. Viele können mit dem Geld kurioserweise nichts anfangen.
Und gleichzeitig finden Einkommensschwächere keine bezahlbare Bleibe.
MH: Leider stimmt das in der Tendenz. Hier sieht man, wie die gesellschaftliche Schere von ungleicher Vermögens-Verteilung auseinander geht.
Angeblich gibt es einen rätselhaften Leerstand in der Mühldorfer Innenstadt.
BW: Tatsächlich. Und diese Wohnungen wären sogar relativ günstig zu mieten. Doch Parkplätze bzw. Stellplätze dazu fehlen. Dadurch schwindet das Interesse.
Was könnte die Stadt hier tun?
BW: Der Kreis würde sich schließen, wenn am Sümö-Gelände neue Parkplätze entstehen. Dazu fand 2021 ein Ideenwettbewerb statt. Wir sprechen hier von circa 50 Wohnungen, die wieder belegt werden können.
Kann die Stadt BürgerInnen bei der Schaffung von Eigenheim finanziell unterstützen?
MH: Im Gegensatz zu Land und Bund kann eine Stadt keine Förderprogramme auflegen. Das geht von unserem Auftrag her nicht und wir könnten uns das auch nicht leisten.
Sind andere Hilfestellungen oder Infopoints für finanzschwächere Bauherren denkbar?
MH: Unsere Sparkassen, Raiffeisen- und Volksbanken beraten sehr gut zu KfW-Förderprogrammen und anderen Möglichkeiten.

innsalzach24.de bedankt sich bei Birgit Weichselgartner und Michael Hetzl für das Gespräch.

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