Erntebilanz der Landwirte
Erst Hitze, dann Dauerregen im Mühldorfer Land: „Ein so schwieriges Jahr weiß ich noch nie“
Ein Großteil der Ernte im Landkreis Mühldorf ist schon gelaufen. In den nächsten Wochen muss noch der Mais von den Feldern geholt werden. Mit welchen Schwierigkeiten die Bauern in diesem Jahr zu kämpfen hatten.
Mühldorf – Bei der alljährlichen Erntepressefahrt des Bayerischen Bauernverbandes Mitte Juli brannte die Sonne vom Himmel und es fehlte an Regen. Die Landwirte machten sich wegen der Wasserknappheit Sorgen um Weizen und Mais, auf den Wiesen war das Gras ausgebrannt. Schon acht Tage später öffnete der Himmel die Schleusen und sorgte zwei Wochen lang für Dauerregen. Darauf folgten wieder Tage voller Hitze, jäh abgewürgt von tagelangem Regen und Hochwasser auf dem Inn. Nicht zu vergessen stellenweise massive Schäden durch Unwetter mit Hagel, wie in Gumattenkirchen und Niederbergkirchen.
Ende August sah die Erntebilanz für den Landkreis Mühldorf nach den ausgestandenen Wetterkapriolen wieder ganz versöhnlich aus. „Beim Weizen konnten unsere Landwirte wie schon zuvor bei der Wintergerste gute bis sehr gute Ernten einfahren“, konnte Ulrich Niederschweiberer, Kreisobmann des Bauernverbandes berichten. „Auch der Raps ist gut ausgefallen. Der nächste Grasschnitt muss noch ein paar Wochen warten, bis die Wiesen wieder abgetrocknet sind, da drin steht noch das Wasser.“ Der Mais habe gut aufgeholt, denn er liebt Wärme und Sonne und genug Regen hat er letztendlich auch abbekommen. „Ist der Mais glücklich, dann ist es der Bauer auch“, lacht Niederschweiberer.
Mit dem Regen leidet die Qualität der Ernte
Mit dem ersten Teil seiner eigenen Weizenernte drei Tage vor dem langen Regen im Juli war Niederschweiberer zufrieden. Was er in einer späteren Regenpause vom Feld holen konnte, musste er wie einige andere Landwirte zum Trocknen ins Lagerhaus bringen. Mit 15 Prozent Feuchtigkeit war es nicht ohne Trocknung lagerfähig. „Mit dem Regen sinkt die Qualität des Weizens“, erklärt er. „Regnet es eine Woche durch, dann beginnt das Weizenkorn in der Ähre zu keimen, und es können sich Pilze bilden. Dann ist das Getreide unter Umständen nicht mal mehr als Tierfutter zu gebrauchen.“ Besonders in der Rinderzucht müsse man mit solchem Futter vorsichtig sein, es gefährdet die Gesundheit der Tiere. Im Landkreis Mühldorf habe man den Weizen aber relativ gut von den Feldern gebracht, auch wenn einiges minderwertige dann doch in der Biogasanlage gelandet sei.
Manche Ernte zum Wegschmeißen
Dennoch: „Ein so schwieriges Jahr wie heuer, mit einem so großen Unterschied zwischen guten Ernten und solchen, die nach dem Regen fast zum Wegschmeißen waren, weiß ich noch nie“, stellt Ulrich Niederschweiberer fest. „Aber kein Grund zum Jammern.“ Ernteerfolge und -misserfolge würden sich über die Jahre hinweg immer wieder ausgleichen. Problematisch würde es erst, wenn das Wetter auch in den kommenden Jahren so wäre wie heuer.
Im Landkreis wurden laut Zahlen des Landwirtschaftsamtes von 2021 auf rund 11.600 Hektar Wintergetreide wie Weizen und Gerste angebaut; Mais auf 15.000 Hektar, was laut Kreisobmann einem Drittel der gesamten Ackerfläche entspricht. Soja wurde auf 785 Hektar angebaut, mit steigender Tendenz. Den Rest der Ackerflächen teilen sich unter anderem Raps, Dinkel sowie etwas Sommerweizen und Sommergerste.
Die Züchtungen von Saatgut passten sich immer mehr den veränderten Bedingungen an. Und auch die Bauern überlegten sich genau, was sie in zunehmend heißen Jahren anbauen können. „Es wird immer mehr robustere Wintergerste ausgebracht anstelle von Winterweizen, die ist als Futter genauso wertvoll“, weiß der erfahrene Landwirt, Gerste kann halt nicht zu Backmehl verarbeitet werden. „Immer mehr setzen auch auf Soja, denn der mag heiße Sommer.“ Und Soja ist ein wichtiger Eiweißlieferant für die Tierfütterung.
Wenn es Erde vom Feld schwemmt
Bei Starkregen kam es in letzter Zeit immer wieder dazu, dass Straßen mit nassem Erdreich von den Feldern überschwemmt werden. Dabei geraten schnell die Landwirte und die Bewirtschaftung ihrer Felder in Kritik. „Dabei tut das uns Bauern am meisten weh, denn was vom Feld weggeschwemmt werden kann, ist unser bester Boden“, bedauert Niederschweiberer. Wenn Erde vom Feld abgeschwemmt wird, dann deshalb, weil eine frisch ausgesäte Zwischenfrucht in dem gelockerten Untergrund noch nicht aufgegangen ist und den Ackerboden noch nicht genügend verfestigt hat. „Mit der Zwischenfrucht versuchen wir ja gerade den Boden regenfest zu machen“, erklärt er. „Kommt Starkregen dazwischen, muss die Aussaat zwei- oder dreimal wiederholt werden.“
Diesjährige Ernte eine „echte Zitterpartie“
Aus Sicht des Präsidenten des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, ist die diesjährige Ernte eine echte Zitterpartie: „Ein nasses Frühjahr, gefolgt von Trockenheit im Mai und Juni und eine ständig durch Niederschläge unterbrochene Ernte stellen Deutschlands Bauern in diesem Jahr vor gewaltige Herausforderungen. Die Bauern haben in den letzten Tagen und Wochen enorm viel geleistet, um ihre Ernte einzubringen. Nach derzeitigem Stand erwarten wir aufgrund der schwierigen Wetterbedingungen in diesem Jahr eine unterdurchschnittliche Getreideernte.“ Der DBV-Erntebericht ist eine Hochrechnung und basiert auf Meldungen aus den 18 Landesbauernverbänden über die tatsächlich geernteten Flächen und erzielten Erträge. Quelle: Deutscher Bauernverband