Nachgefragt beim Landratsamt
Wie weit ist der Landkreis Mühldorf bei Erneuerbaren Energien?
Wie weit ist der Landkreis Mühldorf am Inn bei der Umstellung auf Erneuerbare Energien? Angesichts der aktuellen Lage stellt sich diese Frage mehr, denn je. Wir haben uns beim Landratsamt nach dem Stand er Dinge erkundigt.
Landkreis Mühldorf am Inn - „Die aktuelle Lage zeigt wie wichtig eine Unabhängigkeit von Energieimporten ist. Eine aktuelle Abfrage zeigt, dass der Anteil der regenerativen Stromerzeugung am gesamten Stromverbrauch im Landkreis Mühldorf am Inn, der durch Wasserkraft, Photovoltaik und Biomasse erzeugt wird, bei über 80 Prozent liegt“, berichtet Karin Huber, Pressesprecherin des Landratsamts Mühldorf am Inn, „Großes und noch ausbaufähiges Potenzial sieht man im Landkreis in der Sonnenenergie. Aktuell liefern Photovoltaik-Dachanlagen etwa 25 Prozent des gesamten Stromverbrauchs.“
„Um das Potenzial mehr auszuschöpfen, wird ein sogenanntes Solarpotenzialkataster eingeführt. Mit einem modulscharfen Wirtschaftlichkeitsrechner wird den Bürgerinnen und Bürgern, Kommunen sowie Unternehmen eine Hilfestellung an die Hand gegeben, um frei konfigurierbare Module virtuell auf dem eigenen Dach zu platzieren. So kann einfach und schnell das Potenzial unter Einbeziehung des Eigenverbrauchs ermittelt werden“, fährt Huber fort, „Auch der Einsatz eines Speichers oder die Nutzung einer Solarthermie kann berücksichtigt werden.“ Zudem würden sich aktuell neben neuen Dachanlagen mehrere Freiflächenanlagen im Bau beziehungsweise in Planung befinden. Auch große Unternehmen mit entsprechenden Dachflächen und hohem Eigenverbrauch seien derzeit in der Planungsphase. „Darüber hinaus darf die Wärmewende nicht außer Acht gelassen werden.“
Erneuerbare Energien: Der Stand im Landkreis Mühldorf am Inn
Große Meilensteine habe es in den letzten Jahren bereits einige gegeben. „2018 brachte die EGIS eG in Niederbergkirchen eine 2,9 MW PV-Freiflächenanlage ans Netz. Die InnHügelLand Energie eG baut aktuell eine PV-Freiflächenanlage mit 5,4 MW. Zahlreiche Kommunen sowie der Landkreis arbeiten gerade an der Ausweitung bestehender sowie der Errichtung neuer Wärmenetze mit erneuerbaren Energien“, berichtet Huber. „Nach dem Abschluss des Energieeffizienz-Netzwerks Südbayern ist aktuell ein neues Netzwerk aktiv. Dem Energieeffizienz-Netzwerk Südostbayern haben sich die Kommunen Schwindegg, , Buchbach, Gars a. Inn und Mühldorf a. Inn sowie die Verwaltungsgemeinschaften Heldenstein/Rattenkirchen, Rechtmehring/Maitenbeth und Erharting/Niederbergkirchen/ Niedertaufkirchen angeschlossen.“ Auch die Unternehmen des Landkreises seien sehr engagiert. „Unter anderem beteiligen sich einige Unternehmen seit vielen Jahren regelmäßig am Umweltberatungsprogramm ÖKOPROFIT.“
Der Stand aktuell laufender Projekte (Auswahl):
| PV-Freiflächenanlage der InnHügelLand Energie eG | Bauphase |
| PV-Freiflächenanlage in Schönberg | Bauphase |
| Wärmenetz für die Landkreisliegenschaften | Derzeit Ausarbeitung von Details, dann Umsetzung |
| Wärmenetze in Kommunen | Bearbeitung in mehreren Kommunen, u.a. Haag/Realschule |
| Solarpotenzialkataster | Aktuell in Fertigstellung |
| Energieeffizienznetzwerk Südostbayern | Im ersten von drei Netzwerkjahren |
| ÖKO-Modellregion Mühldorfer Land | Seit 2019 im ganzen Kreis/seit März auf 4 Jahre verlängert |
„Es gibt nicht unbedingt Hinderungsgründe, jedoch Herausforderungen. Beispielsweise der Denkmalschutz oder der Ausbau der nötigen Infrastruktur. Beim Denkmalschutz ist zum Beispiel darauf zu achten, wie Maßnahmen integriert werden können. Dabei hilft eine Beratung mit Experten“, so Huber, „Projekte müssen in Kooperation mit den Bürgerinnen und Bürgern entstehen, manche
sind daran an der Vergangenheit gescheitert. Darüber hinaus können rechtliche Vorgaben, die Wirtschaftlichkeit sowie die Grundstücksverfügbarkeit eine Hürde darstellen.“
Kommunen seit vielen Jahren aktiv im Klimaschutz
Die Kommunen des Landkreises sowie der Landkreis selbst seien seit vielen Jahren sehr aktiv im Klimaschutz. „Der Klimaschutzfahrplan, der Energienutzungsplan sowie das Landkreisübergreifende Energiekonzept der Region 18 liefern einen Überblick über den Ist-Zustand sowie den vorhandenen Potenzialen“, fährt Huber fort, „Die kontinuierliche Umsetzung von Maßnahmen und Projekten lässt sich dabei in mehrere Bereiche gliedern. Durch Inbetriebnahme weitere Anlagen zur Stromerzeugung stieg der Anteil am Gesamtstromverbrauch auf etwa 80 Prozent. Im Wärmebereich konnte der erneuerbare Anteil von etwa 13 auf rund 23 Prozent erhöht werden.“ Am Beispiel des genannten kommunalen Energieeffizienz-Netzwerks werde die Steigerung der Energieeffizienz durch Maßnahmen wie Sanierungen und Modernisierungen im Bereich Gebäude und Technik sichtbar. „Im privaten Bereich spiegeln die jährlich steigenden Zahlen der Bürger-Energieberatung die Aktivitäten der Bürgerinnen und Bürgern bei privaten Wohngebäuden wieder. Schwerpunkte der Beratungen sind die Themen Heizungstausch zu erneuerbaren Energien, Teil- oder Komplettsanierungen sowie die Einbindung von Sonnenenergie in Form von PV oder Solarthermie.“
„Um genaue Daten zum Fortschritt der Energiewende auf Landkreis- sowie auf Kommunenebene zu erhalten, wurde 2020 die Durchführung einer landkreisweiten CO 2 -Bilanz beschlossen. Die Energie- und CO₂-Bilanz bildet die Grundlage für ein kontinuierliches Monitoring der Treibhausgasemissionen auf Landkreisebene, um so wirksame Maßnahmen seitens der Kreisverwaltung und der Kreisgremien in den kommenden Jahren zu ermöglichen. Da die Klima- und Energiewende ein gemeinsamer Kraftakt ist, sollen auch die Kommunen auf die Daten zugreifen können“, so Huber, „Entsprechend erstellt das Institut für nachhaltige Energieversorgung (INEV) nicht nur eine Gesamtbilanz für den Landkreis, sondern auch für jede einzelne Kommune.“
Landkreis bezieht für Liegenschaften 100 Prozent Ökostrom
„Darüber hinaus werde es möglich sein, diese Bilanz eigenständig für die kommenden Jahre fortzuführen. Der Landkreis Mühldorf am Inn stellt den Kommunen im Rahmen einer Bündellizenz die Nutzung des Klimaschutz-Planers, einer internetbasierten Software des Klima-Bündnis zum Monitoring des kommunalen Klimaschutzes, zur Verfügung. So können auch gemeinsame Energie- und Klimaprojekte auf den Weg gebracht werden.“ Der Landkreis selbst beziehe für seine Liegenschaften zu 100 Prozent Ökostrom. „Aktuell befinden sich zehn Einspeiseanlagen auf verschiedenen Liegenschaften beziehungsweise auf einer alten Deponie.“
Die Stromproduktion durch Einspeiseanlagen beträgt rund 1.600.000 kWh/a. Dies entspricht rechnerisch einem Anteil von etwa 70 Prozent am Gesamtverbrauch. Weitere PV-Anlagen sind als Eigenverbrauchsanlage geplant. Hierzu werden die Liegenschaften nach und nach genauer betrachtet. Eine erste Eigenverbrauchsanlage wird in Form eines PV-Carports 2022 am Landratsamt errichtet.“ Mehrere Liegenschaften seien darüber hinaus bereits an ein Geothermie- beziehungsweise Hackschnitzelnahwärmenetz angeschlossen. „Das BSZ Berufliche Schulzentrum ist als Energie-Plus Gebäude konzipiert. Dort wird mehr regenerative Energie produziert, als verbraucht wird. Für die verbleibenden Liegenschaften laufen aktuell technische und wirtschaftliche Betrachtungen, beispielsweise in Form einer Machbarkeitsstudie, für die Umsetzung weiterer Nahwärmenetze mit erneuerbarer Energie.
Schritt für Schritt zur Klimaneutralität 2030
Der Landkreis habe sich weiterhin dem kommunalen Energieeffizienznetzwerk Südbayern von 2017-2020 mit zehn Landkreisliegenschaften angeschlossen. „Dabei wurde eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt, wie die Umrüstung auf LED-Leuchten, eine Erneuerung der Heizungssteuerung und -verteilung wie beispielsweise der Einsatz von geregelten und selbstlernenden Zirkulationspumpen nach dem neuesten Stand der Technik, die bedarfsgerechte Optimierung der Wärmeabgabe inklusive hydraulischem Abgleich, die Entfernung elektrischer Heizungen und die zusätzliche Dämmung von obersten Geschossdecken.
„Die Gesamteinsparung durch diese Maßnahmen beträgt rund 700.000 kWh/a für Strom und Wärme. Gemessen am Gesamtenergiebedarf der betrachteten Gebäude sind dies rund 9 Prozent. Weitere Gebäude werden die nächsten Jahre energetisch optimiert, wie beispielsweise im Fall der Generalsanierung der Berufsschule.“ Der Anteil an reinen Elektroautos im Fuhrpark des Landratsamts betrage aktuell etwa 65 Prozent, schließt Huber, „Durch die Umsetzung laufender Projekte wie zum Beispiel das Wärmenetz für die Landkreisliegenschaften in Mühldorf am Inn geht es Schritt für Schritt zur Klimaneutralität der Landkreisliegenschaften in den Bereichen Strom und Wärme bis 2030.“
hs