Rohstoffe, Energie und Lieferwege
Heimische Brauereien ziehen die Preise an: Wie die Energiekrise das Biertrinken teurer macht
Die höheren Kosten durch gestörte Lieferketten, Rohstoffknappheit und teurer Energie machen auch vor heimischen Brauereien nicht halt. Das kommt auf Biertrinker zu.
Erharting - „Im Endeffekt liegt alles an der Energie. Energie steckt überall drin, die massiven Preissteigerung auf diesem Sektor bekommen wir unmittelbar mit. Das beginnt beim Dünger und endet bei den Mehrwegflaschen!“, sagt Amelie Röhrl, Brauereichefin in Erharting, während sie gerade durch ihren Betrieb führt. Über Arbeit braucht sie sich nicht beschweren. Gerade wird neues Erhartinger Bier abgefüllt. Aufgeregt klirren die Flaschen, wenn sie auf den Produktionsstraßen durch den Betrieb rotieren. Der Luftdruck ist zu hören, wenn die Kronkorken verpresst werden, während auf der anderen Seite die Produktionshalle das Leergut gerade ultrahocherhitzt wird. Es geht heiß her. Im wahrsten Sinne des Wortes.
Röhrl macht keinen Hehl daraus, dass sich die hohen Energiepreise mittlerweile auch in der Brauerei bemerkbar machen. „Lange Zeit haben wir die Kostensteigerung noch kompensieren können. Aber jetzt müssen wir die Preise anpassen“, bedauert sie.
Gerste ist schon 2021 teurer geworden
Öl und Gas im Allgemeinen, der Strom kam später dazu. „Die Gerste ist schon 2021 teurer geworden“, zählt Amelie Röhrl die wichtigsten Posten auf, bei denen sich große Preissteigerungen eingestellt haben. Der Hopfen? Teurer, weil die Holledauer den kostenintensiven Dünger draufschlagen. Nur beim Malz atmet Röhrl auf. „Das stellen wir selbst her!“
„Die Energiekrise macht sich bereits bei den Lieferwegen bemerkbar. Warenströme sind gestört oder ganz gekappt.“ Röhrl nennt als Beispiel die Getränkeflaschen, die unter anderem aus der Ukraine stammen. Zwei große Werke in der Ukraine hätten die Lieferungen eingestellt, es würde nun in Weißrussland produziert. „Die Limoflasche kostet jetzt 32 Cent anstatt bisher 14.“ Eine Kostenmehrung stehe auch bei den Etiketten an. Kronkorken? „Eine Steigerung von 50 Prozent!“
Preissteigerungen habe man geduldig ertragen und zuletzt auch noch kompensiert. „Doch jetzt geht es nicht mehr!“ Von 1,50 Euro spricht Röhrl, den man beim Kasten Bier draufschlagen müssen. Im Geschäft muss man nun im Schnitt 18 Euro hinlegen. Die Hoffnung, dass die Energie irgendwann nochmal billiger als noch 2021 wird, hat Röhrl nicht.
Nicht nur die hohen Dieselpreise für die Getränke-Laster machen der Brauerei zu schaffen. Es fehlt auch an den Transportmitteln selbst. „Wir haben einen Lastwagen bestellt. Lieferzeit: ein Jahr. Wann er kommt? Wir wissen es nicht!“, zuckt Röhrl mit den Schultern. Bange um die Zukunft ist ihr dennoch nicht. Da vertraut sie auf die Stammkunden.
Rohstoffe schon vor der Ukraine-Krise teuer
Die Geschichte mit den teuren Rohstoffen. Davon kann auch Bernhard Altmann ein Lied singen. Er war schon mit gestiegenen Preisen konfrontiert, als er begann ein Export aus Neumarkt-St. Veit in Anlehnung an das Neumarkter Klosterbier auf den Markt zu bringen. „Der Preis für Gerste und Malz hatte schon lange vor der Ukraine-Krise angezogen. Mit Putins Einmarsch hat sich dann alles nochmal verteuert.“ Altmann spricht von mehr als 50 Prozent Preisanstieg.
Kunden sind bereit, den höheren Preis zu zahlen
Keine einfache Basis für jemanden, der als kleiner Brauherr gerade mal versucht, in der Brauerei-Szene Fuß zu fassen. Glücklicherweise sei die Lohnbrauerei, wo er über den „Innbräu“ Max Vetter das Helle von „Hertrich Bräu“ brauen lässt, energietechnisch gut aufgestellt. Die Öltanks seien gut gefüllt gewesen, als er begann, sein Bier herstellen zu lassen. Also hätten ihn auch die gestiegenen Energiepreise nicht getroffen. Noch nicht. Mit dem Wissen steigender Energiepreise sei er von Haus aus mit einem höheren Preis auf den Markt gegangen, um etwas Puffer zu schaffen.
Corporate Identity muss warten
22 Euro pro Kiste Hertrich-Export ist ein stolzer Preis. Doch offenbar stimmt die Qualität, die Kunden seien bereit, diesen Preis zu zahlen, „das Bier verkauft sich gut“, sagt Altmann ohne genaue Angaben zum Absatz zu geben. Nur so viel verrät er. Er wird den Ausstoß erhöhen. Ausgeliefert wird das Bier des Neumarkters aber bis auf Weiteres in Getränkekisten von „Innbräu“. Es sei aktuell schlichtweg zu teuer, in ein eigenes Corporate Identity zu investieren. Dafür verspricht er, dass sich das Angebot erweitern wird. Anfang Mai will er auch ein dunkles Export-Bier auf den Markt bringen.
Die erste Brauerei in der Region macht dicht
In nicht allzu weiter Entfernung gibt es bereits eine Brauerei, die den aktuellen Herausforderungen nicht mehr gerecht werden kann. Die Brauerei Bachmayer in Dorfen hat angekündigt, dass sie Ende April/Anfang Mai ihren Betrieb einstellt. Dies hat Inhaber Josef Hörmann erst vor wenigen Wochen öffentlich gemacht und die Geschäftsaufgabe als ausweglos bezeichnet. „Die Rohstoffpreise etwa für Malz und Hopfen, haben schon vor einem Jahr, also vor dem Ukraine-Krieg, stark angezogen. Hinzu kommen die deutlich gestiegenen Energiekosten. Und nicht zuletzt finden wir einfach keine Mitarbeiter“, erklärte der Inhaber, warum er sich zu dem schweren Schritt entschlossen habe. Auch die Corona-Krise mit monatelangen Zwangsschließungen hätte ihren Teil dazu beigetragen. Die Dorfener Brauerei gibt es seit 176 Jahren. Ihre Wurzeln reichen noch weiter zurück ins Jahr 1649.

