Nach Volksfestauftritt
Starkoch pleite – Warum die Stadtkapelle Mühldorf für die Schuhbeck-Insolvenz bluten muss
Sie spielten im Festzelt, bekamen ihr Geld spät – und müssen es nun teilweise zurückzahlen: Die Stadtkapelle Mühldorf wurde ungewollt Teil des Insolvenzfalls Schuhbeck. Und nicht nur die Stadtkapelle.
Mühldorf/München – Starkoch Alfons Schuhbeck ist pleite. Er persönlich und viele seiner vielen Firmen. Es laufen seit 2021 mehrere Insolvenzverfahren, darunter auch eine Privatinsolvenz. Bislang spürten das in der Region nur Menschen, die seine Wirtshäuser oder Geschäfte meist in München besuchen wollten.
Stadtkapelle regelmäßig auf dem Volksfest
Hautnah spürt das dagegen die Mühldorfer Stadtkapelle. Die muss bluten, weil Schuhbecks Firmen kein Geld mehr haben. Und das kam so.
Am 16. April 2018 unterschrieben Schuhbecks Festzeltmanagerin und Chefin des Schuhbeck-Partyservice, Sabrina Schlokat, und der damalige Vorstand der Stadtkapelle Mühldorf, Werner Hussy, einen Vertrag. Er verpflichtete die Stadtkapelle, dreimal beim Weißbierfestwirt Schuhbeck auf dem Mühldorfer Volksfest zu spielen, jeweils sonntags, montags und freitags. Für den heutigen Kassier eine logische Verpflichtung. „Wir haben regelmäßig beim Volksfest im Unertl-Weißbierzelt gespielt.“
Im Gegenzug sagte Schuhbeck den Musikern Essen, Brotzeit und Getränke zu, außerdem ein Honorar für die 17-Mann-und-Frau-starke Kapelle: 3600 Euro.
Lange aufs Honorar gewartet
Auf das Honorar musste die Stadtkapelle sehr lange warten, immer wieder meldeten sich die Musiker bei Schuhbeck. Dann endlich kam das Geld, da war das Volksfest schon über ein Jahr vorbei. Die Überweisung kam zwar nicht von der Party-GmbH, dafür von einer der anderen Schuhbeckgesellschaften. Den Musikern war’s recht, denn das Geld stand ihnen nicht nur zu, sie konnten es auch gut gebrauchen.
Und dann, am 14. August 2025, erhielt der Verein wieder Post aus München. Diesmal nicht von der Schuhbeck-Firma, die damals das Honorar überwiesen hat, sondern von einem Rechtsanwalt. Der stellte sich als Insolvenzverwalter dieser Schuhbeck-Firma vor. Und forderte das Geld zurück. Kassier Jürgen Kindler sagt heute ernüchtert: „Schuhbeck hatte schon damals kein Geld mehr.“
Mit großen Vorschusslorbeeren war der Starkoch ins Weißbierzelt als Festwirt eingezogen. Ein alter Freund der Festwirtsfamilie Unertl, er sollte den bevorstehenden Generationswechsel begleiten und dem Mühldorfer Volksfest ein Promiglanzlicht aufsetzen. Mit gebratenen Weißwürsten mit Chili versuchte er sich in die Herzen der Mühldorfer zu kochen, an vielen Abenden konnte man ihn in der Küche werkeln sehen. „Damals war noch nicht bekannt, dass er eigentlich schon insolvent war“, sagt Stadtkapellen-Vorständin Johanna Brandstetter.
Das alles erklärt aber nicht, warum die Stadtkapelle ihr Honorar zurückzahlen muss. Erklären kann das Florian Loserth. Der Mühldorfer ist nicht nur der Rechtsanwalt der Musiker, sondern selbst als Insolvenzanwalt tätig. Er spricht vom Paragraph 134 der Insolvenzordnung (InsO). In der gibt es den Begriff der „unentgeltlichen Leistung“. Auf Deutsch: Die Stadtkapelle hat Geld von einer Schuhbeck-Gesellschaft bekommen, für die sie nie eine Leistung erbracht hat.
Falsche Gesellschaft hat bezahlt
Loserth verwendet den Begriff Geschenk, um es allgemeinverständlich zu erklären: „Die damalige Rechnung für musikalische Darbietungen hat die falsche GmbH bezahlt.“ Die GmbH hat der Stadtkapelle Geld geschenkt, sozusagen, denn mit dieser zweiten Gesellschaft hatte die Stadtkapelle nie einen Vertrag. Weil diese Gesellschaft zum Zeitpunkt der Zahlung aber bereits zahlungsunfähig war, forderte deren Insolvenzverwalter das geschenkte Geld zurück, denn ein solches Geschenk ist laut Paragraph 134 InsO nicht zulässig.
3300 Euro sind für einen Verein wie die Stadtkapelle viel Geld. Die Musiker wollen sich neu einkleiden, dafür brauchen sie jeden Cent aus dem Vereinsvermögen. Deshalb stürzten sich die Musiker ins juristische Gefecht und konnten den Rückzahlungsbetrag mit Anwaltshilfe auf 1100 Euro herunterhandeln und den Schaden zumindest begrenzen. „Das beeinflusst den Kauf der neuen Kleidung schon“, sagt Vorständin Brandstetter. Über Jahre habe der Verein darauf hingespart. „Und dann kommt das daher. Traurig, aber wahr.“
Einziger Trost: Laut Vertrag vom 16. April 2018 bekamen die Musiker bekanntlich auch Essen, Brotzeit und Getränke. Das zumindest konnte ihnen auch die Schubeck-Insolvenz nicht mehr nehmen.

