Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Schock über Grundsteuer-Anstieg

„Grundsteuer-Irrsinn“: Grundbesitzer in Kirchweidach muss 13-mal mehr als zuvor bezahlen

Christian Schuhbeck (48) auf seinem Grundstück. Im Hintergrund das nicht mehr bewohnbare Wohnhaus (links), der Rinderstall (hinten) und die Maschinenhalle (rechts).
+
Christian Schuhbeck (48) auf seinem Grundstück. Im Hintergrund das nicht mehr bewohnbare Wohnhaus (links), der Rinderstall (hinten) und die Maschinenhalle (rechts).

Christian Schuhbeck aus Kirchweidach versteht die Welt nicht mehr: Ab diesem Jahr soll er das 13-Fache seiner üblichen Grundsteuer zahlen – und das für Gebäude, die er nicht mal nutzt. Was Betroffene und Gemeinden in solchen Fällen tun können.

Kirchweidach – Christian Schuhbeck aus Kirchweidach ist 48 Jahre alt, verheiratet und Vater von zwei Kindern. Wie viele andere Grundstücksbesitzer erhielt der Kfz-Meister zu Beginn des Jahres einen neuen Grundsteuerbescheid – doch als er die Neuberechnung sah, zog es ihm glatt den Boden unter seinen Füßen weg: Denn statt der bisherigen 146 Euro muss er nun 1929 Euro Grundsteuer zahlen – jährlich. „Das ist über das 13-Fache des bisherigen Betrags“, sagt Schuhbeck noch immer unter Schock. Trotz eines Einspruchs und zahlreicher Rückfragen beim Finanzamt bekam er nur zu hören, dass keinerlei Fehler vorlägen. So wandte sich der Wahl-Kirchweidacher schließlich an innsalzach24.de.

Nicht bewohnbares Haus, Rinderstall und Maschinenhalle

Sein Grundstück in Kirchweidach hatte der 48-Jährige erst im April 2021 erworben – weil ihm und seiner Frau die abgeschiedene Lage so gut gefiel. Da das alte Sacherl des ehemaligen Landwirtschaftsbetriebs wegen Feuchtigkeit und Schimmel nicht mehr bewohnbar war, baute das Ehepaar ein neues Wohnhaus. Für den ausgedienten Rinderstall und die Maschinenhalle wurde jedoch keine andere Nutzung als die bisherige genehmigt. „Halb so wild“, dachte sich Schuhbeck damals, der den neuen Wohnsitz ohnehin als privaten Rückzugsort genießen wollte. Dass die Grundsteuerreform eine solche Überraschung für ihn bereithalten würde, ahnte er jedoch nicht.

Der ausgediente Kfz-Meister, der sich mit seiner jahrzehntelangen Arbeit als Selbständiger diverse gesundheitliche Probleme zugezogen hatte, wurde aber skeptisch, als er die Daten für sein Grundstück bei der digitalen Plattform „Elster“ eingeben wollte. „Schon da habe ich gemerkt, dass unser Grund nicht so richtig ins Schema passt“, sagt Schuhbeck im Rückblick. Als er dann die Neuberechnung erhielt, fühlte sich der 48-Jährige bestätigt und legte Einspruch ein: aber ohne Erfolg. Anfang Januar erhielt er somit den neuen Bescheid und die Aufforderung 1929 Euro zu zahlen.

Oben der Schuhbecks alter Grundsteuerbescheid – Unten der neue.

Wie wird die Grundsteuer berechnet?

Vergleicht man nun Schuhbecks Grundsteuerbescheid aus dem Jahr 2022 mit dem jetzigen, dann fällt der sogenannte „Messbetrag“ ins Auge: Dieser erhöhte sich nämlich von 45,72 auf 602,94 Euro während der Hebesatz der Gemeinde Kirchweidach bei 320 Prozent geblieben ist. Auf der Homepage des Bayerischen Landesamts für Steuern wird erläutert, wie sich dieser „Messbetrag“ zusammensetzt: Grundstücksfläche (0,04 € / m2) * 100 % + Wohnfläche (0,50 € / m2) * 70 % + Nutzfläche (0,50 € / m2) * 100 %. Um die Grundsteuer zu berechnen, wird der Messbetrag schließlich noch mit dem Hebesatz der Gemeinde multipliziert.

Das Problem: Nutzfläche, die nicht genutzt werden darf

Was nun im Fall Schuhbeck ganz besonders ins Gewicht fällt, ist die relativ hohe Bepreisung der Nutzfläche, die mit 50 Cent pro Quadratmeter zu 100 Prozent in die Rechnung einfließt. Für ausgediente landwirtschaftliche Gebäude, die nicht anderweitig genutzt werden dürfen, erscheint dies sehr teuer. Auch, weil für Land- und Forstwirtschaftsbetriebe die Grundsteuer A gilt, die nach Ertragswert berechnet wird, während für Grundstücke des Grundvermögens wie in Schuhbecks Fall die Grundsteuer B gilt und die obige Rechnung zur Anwendung kommt.

Kurz: Wenn das Grundstück landwirtschaftlich genutzt würde, fiele die Grundsteuer dem Nutzen entsprechend angemessen aus. Schuhbeck ist zwar kein Landwirt, aber seinen Rinderstall darf er nur landwirtschaftlich nutzen. Weil dieses Gebäude und die Maschinenhalle mit zwei Etagen und zu 100 Prozent in die Berechnung einfließen erhöht das die Steuer gewaltig. Auch das unbewohnbare Sacherl wird bis hin zum nicht ausgebauten Dachboden zu 70 Prozent berücksichtigt. So kommt es, dass Schuhbecks Grundsteuer nicht dem Nutzen entspricht und somit unangemessen hoch ausfällt.

Wie können die Gemeinden helfen?

Auch Robert Moser, der Bürgermeister von Kirchweidach, ist von der Grundsteuererhöhung betroffen. Mit seiner Familie und Mutter bewohnt er ein älteres, relativ großes Haus mit viel Grund – damit ergab sich auch bei ihm ein deutlicher Anstieg. In Bezug auf Schuhbecks Fall sieht Moser jedoch seine Hände gebunden, denn der Hebesatz der Gemeinde blieb ja derselbe. Angefragt beim Bayerischen Landesamt für Steuern heißt es nun, dass es eine Möglichkeit gibt, wie Gemeinden Betroffenen wie Schuhbeck helfen können:

„Kommt es im Anwendungsbereich der Grundsteuer B im Rahmen der Grundsteuerreform aufgrund des Systemwechsels zu einer unangemessen hohen Steuerbelastung, besteht eine erweiterte Erlassmöglichkeit. Dafür kommen nach Artikel 8 Bayerisches Grundsteuergesetz insbesondere Grundstücke mit ortsunüblicher Lage, überalterte Gebäude oder große nicht zu Wohnzwecken genutzte Gebäude, die einfach ausgestattet sind und entweder einen Hallenanteil haben oder nicht mehr genutzt werden, in Frage. Für die Bearbeitung der Erlassanträge ist ausschließlich die jeweilige Gemeinde selbst zuständig. Ob und in welcher Höhe die Grundsteuer erlassen wird, liegt im Ermessen der jeweiligen Gemeinde.“

Bei Rückfragen könne man keine weiteren Auskünfte geben, schreibt das Landesamt und verweist auf die zuständigen Kommunen. Grundsätzlich gelte aber: „Auch wenn die Frist für den Rechtsbehelf abgelaufen ist, müssen Fehler beim Finanzamt bzw. bei der Gemeinde schriftlich angezeigt werden. Die Bescheide können dann je nach Umständen des Einzelfalls ggf. noch für die Vergangenheit, auf alle Fälle aber für die Zukunft, berichtigt werden.“ Für weitergehende Informationen verweist das Landesamt auf die Website www.grundsteuer.bayern.de und den Abschnitt „Nach Abgabe der Grundsteuererklärung – was passiert nun?“ unter dem Punkt „Sie sind der Meinung, Ihr Bescheid ist nicht richtig?“.

Wie es in Schuhbecks Fall nun weitergeht? Innsalzach24.de bleibt dran.

Kommentare