Schutzgebiete für Kammmolch und Gelbbauchunke sorgen für Diskussionen in Halsbach
„Einmal in 15 Jahren quakt es da und nun hab ich nix als Scherereien!“
Die Regierung von Oberbayern hatte am Donnerstag zusammen mit der Forstverwaltung und den Unteren Naturschutzbehörden der Landratsämter Mühldorf am Inn und Altötting zu einem Runden Tisch zum Managementplan für das FFH-Gebiet „Kammmolch-Habitate in den Landkreisen Mühldorf und Altötting“ in Halsbach eingeladen. Dabei bekamen die Behörden- und Regierungsvertreter teils einiges an Gegenwind.
Halsbach - „Einmal in 15 Jahren quakt es da und nun hab ich nix als Scherereien. Und den elenden Teich hab ich selbst angelegt, wenn ich des gewusst hätte, jetzt tät ich ihn am liebsten zuschütten!“, klagte ein Landwirt, der im betroffenen Gebiet einen Schweinemastbetrieb betreibt. „Vor einer Weile habe ich von Schweinezucht auf Mast umgestellt. Da wurde nix neues hinzugebaut sondern nur die bestehenden Gebäude entsprechend umgebaut. Und trotzdem hatte ich dann einen bürokratischen Wahnsinn am Hals, das man es nicht glauben würde. Mein Hof ist seit 400 Jahren von meiner Familie geführt. Wenn ich weiter bestehen will, muss ich früher oder später einmal An- und Umbauten machen. Aber da soll ich dann horrende Summen für alle möglichen Gutachten ausgeben. Soll jetzt unser Traditionsbetrieb deswegen zu Ende gehen?“ - „Ist so!“ - „Ganz genau so ist es!“ - „Geht mir genauso“, erklangen zustimmende Zurufe von den anderen anwesenden Landwirten.
Bilder: Runder Tisch zu Kammmolch und Gelbbauchunke in Halsbach




„Es heißt immer, Sie seien auf uns für die Sichtung von bedrohten Tieren angewiesen. Vielleicht sichten wir die dann halt einfach nicht mehr?“, warf einer der Landwirte ein. Ein anderer beschwichtigte: „Wir leben ja auch auf und von dem Land. Aber wenn uns die Bürokratie und die Kosten über den Kopf wachsen, wen wundert es denn dann, wenn wir Ihnen für die Maßnahmen die Sie sich hier vorstellen dann nicht mit offenen Armen entgegenkommen?“
Schutzgebiete für Kammmolch und Gelbbauchunke sorgen für Diskussionen in Halsbach
„In den europäischen Mitgliedsstaaten soll die Vielfalt der natürlichen Lebensräume sowie der wild lebenden Pflanzen und Tiere für zukünftige Generationen aufrechterhalten werden. Grundlage für den Aufbau des europäischen Biotopverbundnetzes mit der Bezeichnung Natura 2000 sind die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) und die Vogelschutz-Richtlinie (VS-RL)„, , erklärt die Regierung von Oberbayern das Projekt. „Die Europäische Union fordert einen guten Erhaltungszustand für die Natura 2000-Gebiete. Naturschutz- und Forstbehörden erfassen und bewerten dazu im sogenannten Managementplan Lebensräume und Arten und formulieren Vorschläge für zweckmäßige Erhaltungsmaßnahmen. Für Grundstückseigentümer und Nutzer hat der Managementplan Hinweischarakter. Eigentümer und Nutzer dürfen die Flächen entsprechend der guten fachlichen Praxis auch weiterhin bewirtschaften. Der Erhaltungszustand der Lebensraumtypen und Arten darf sich jedoch nicht verschlechtern. Die Umsetzung des Managementplans ist für die Eigentümer und Nutzer freiwillig und soll vorrangig durch Förderprogramme finanziert werden.“
„Das 112 Hektar große FFH-Gebiet in den Landkreisen Altötting und Mühldorf am Inn ist ein wichtiger Bestandteil im oberbayerischen ‚Natura 2000‘-Netz und auch von überregionaler Bedeutung. Mit seinen vier Teilgebieten ist das FFH-Gebiet für die Kohärenz im Naturraum und als Trittsteinhabitate für wichtige Vorkommen der Amphibienarten Kammmolch und Gelbbauchunke überregional bis landesweit bedeutsam. Die Umgebung der Teilgebiete ist als potentieller Landlebensraum von Kammmolch und Gelbbauchunke zu werten. Wichtige Teillebensräume dieser Amphibienarten sind die Wald-Lebensraumtypen ‚Waldmeister-Buchenwälder‘ und ‚Weichholzauenwälder mit Erle, Esche und Weide‘.“ Für die Managementplanung in den oberbayerischen Natura 2000-Gebieten ist die Regierung von Oberbayern als höhere Naturschutzbehörde federführend zuständig, soweit die Gebiete nicht überwiegend bewaldet sind. „Im Rahmen der Managementplanung wird für jedes Natura 2000-Gebiet ein Gesprächsforum eingerichtet. Darin können alle Belange – naturschutzfachliche, soziale, forst-, land- und wasserwirtschaftliche – eingebracht werden. Denn nur durch gemeinsames Handeln aller Beteiligten lässt sich die wertvolle Kulturlandschaft Oberbayerns und damit der gute Zustand der Natura 2000-Gebiete erhalten.“
Unterlagen des Managementplan-Entwurfes
Bei dem Termin in Halsbach wollten die Vertreter der Behörden deshalb den aktuellen Stand des Managementplans vorstellen und am Runden Tisch die Anregungen und Wünsche aller Beteiligten diskutieren. „Berechtigte Hinweise werden anschließend in den Managementplan einfließen. Der abgestimmte Maßnahmenkatalog des Managementplans ist dann zukünftig Richtschnur für die zuständigen Behörden, um den Erhalt des guten Zustandes des Natura 2000-Gebiets zu gewährleisten.“ So fanden sich also an einem regnerischen Tag Vertreter der zuständigen Behörden, neben der Regierung von Oberbayern auch Vertreter der Unteren Naturschutzbehörden der beiden Landratsämter, sowie des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und schließlich von der Fachstelle für Waldnaturschutz Niederbayern.
„Wenn man sich erstmal drauf eingelassen hat, dann hat man unter Umständen den Schlamassel“
„Wir betroffenen Grundstücksbesitzer fühlen uns ja natürlich auch der Natur verbunden und verpflichtet. Aber wenn man sich auf die Angebote für den Arten- und Naturschutz einlässt, fängt man sich teilweise vorher ungeahnte Verpflichtungen und damit einhergehende Kosten und so weiter ein“, beklagte auch Martin Winklbauer, auf dessen Grundstück die Veranstaltung stattfand. „Wir können alle ihre Einwände und Bedenken voll verstehen“, betonte Agnes Wagner, die an diesem Tag die Regierung von Oberbayern vertrat. „Bitte sprechen Sie das im Detail mit den jeweiligen Vertretern der Unteren Naturschutzbehörde durch und ich bin mir sicher, für alles wird sich eine gute Lösung finden. Es gibt sehr attraktive Förderprogramme und wie gesagt basiert alles auf freiwilliger Basis.“
„Ja, aber wenn man sich erstmal drauf eingelassen hat, dann hat man unter Umständen den Schlamassel“, wandte ein weiterer Landwirt ein. „Ich beispielsweise würde gerne mein Betriebsgelände erweitern, was jedoch derzeit durch ein Biotop in der Nähe verhindert wird. Ich wäre durchaus bereit, für dessen Neuanlage woanders aufzukommen aber in all den Gesprächen die ich dazu schon geführt habe, konnte mir nie jemand genaue Angaben machen, was ich denn nun tun sollte oder was das an Aufwand und Kosten bedeuten würde“, berichtete der Inhaber eines nahen Kiesabbaubetriebs. Die anwesenden Vertreter der diversen Behörden betonten wiederum auf diese Wortbeiträge hin, viele der beanstandeten Verordnungen, Festlegungen und so weiter seien zum einen teils schon seit langer Zeit in Kraft, zum anderen würden die Entscheidungen darüber auf Landes-, Bundes- und teilweise europäischer Ebene getroffen. „Wir in den Behörden vor Ort, die direkt mit den Menschen zu tun haben, müssen das dann ausbaden“, erklärte abschließend ein Vertreter des Landratsamts Altötting.
hs