Teil 2: Spezialisten für die wirklich harten Reinigungsaufträge
„Nicht ganz so lustig, wie im Fernsehen“: Burghauser Tatortreiniger über ihren Job
Einen „Tatortreiniger“ kennen die meisten Menschen nur aus dem Fernsehen. Doch während es bei „Schotty“ in der Comedy-Serie regelmäßig lustig hergeht, haben die realen „Kollegen“ einen wahren „Knochenjob“. Humor ist für Daniela und Thomas Aigner aus Burghausen dennoch wichtig, denn ihr Arbeitsalltag ist anders nicht zu bewältigen. Teil 2.
Burghausen – Daniela (40) und Thomas Aigner (43) aus Burghausen sind neben ihren Einsätzen als Desinfektoren und Tatortreiniger auch mit ganz regulären Entrümpelungen beschäftigt. D&T Aigner bietet neben Hausmeisterservice und Gartenpflege aber auch Hilfe in wirklich harten Fällen: Es werden Messiewohnungen geräumt, Wohnungen von Verstorbenen gereinigt und Gerüche beseitigt, und wenn die Aigners gehen, ist alles blitzblank und desinfiziert. Dabei arbeitet das Ehepaar meist allein – nur hier und da greifen sie auf Helfer zurück. Es ist eine Menge Arbeit, die es für die beiden zu stemmen gilt, denn Aufträge trudeln aus ganz Südostbayern ein. Seit Thomas das Unternehmen gründete, hat sich also viel getan, doch der geprüfte Desinfektor betont, dass er den Aufwand und die Arbeit nicht ohne seine Frau Daniela bewältigen könne.
„Manchmal hat man einfach nicht den richtigen Magen für einen Job“
Nicht nur am Arbeitsplatz ist das Ehepaar ein eingespieltes – und zudem sympathisches – Team: Nach so manchem Auftrag, stehen sich die beiden auch als Gesprächspartner zur Seite. Immerhin ist das, was sie sich zu erzählen haben, nicht für jedes Ohr und jeden Magen geeignet. „Es gab schon Einsätze, über die wir Tage und Wochen reden mussten“, plaudert Daniela aus dem Nähkästchen. Bei Räumungen komme man unweigerlich mit dem Privatleben der betroffenen Personen oder Verstorbenen in Berührung. Dabei komme das ein oder andere Mal auch ein dunkles Geheimnis ans Tageslicht. Von Druckplatten, die zum Geldfälschen verwendet wurden, bis hin zu Kinderpornografie, kam dem Ehepaar schon viel zu Augen – letzteres war für die beiden besonders schwer zu verdauen.
Auch die allererste Erfahrung mit einer „Leichenwohnung“, beeindruckte die Aigners nachhaltig. „Es dauerte etwa drei Wochen, bis wir den Geruch wieder vergessen haben“, sagt Daniela und ihr Mann Thomas ergänzt: „In den ersten drei Tage war es am schlimmsten.“ Drei Monate hatte eine Leiche in der Wohnung gelegen, und bekannterweise graben sich Gerüche tiefer ins Gedächtnis ein als so mancher Anblick. „Auch nach mehreren Jahren Erfahrung ist nicht jeder Tag für uns gleich“, so Daniela. „Manchmal hat man einfach nicht den richtigen Magen für einen Job.“ Zudem habe jeder von ihnen seine „Krux“ mit ganz bestimmten Dingen: Während Daniela empfindlich auf Haaransammlungen reagiert, habe ihr Mann ein Problem mit Spinnen. „In Maulwurfsgröße“, ergänzt die Desinfektorin
Humor hilft, die Eindrücke wieder abzuschütteln
Weil es im Metier der Tatortreiniger oft zu Einsätzen kommt, wo Zeit eine große Rolle spielt, ist das Ehepaar auch häufig am Wochenende unterwegs. Dass dies zu Einschränkungen im Freizeitleben führt, begleitet die Aigners schon seit ihrer Zeit als Krankenpfleger – wo das Paar sich kennen- und liebe lernte. Doch die Aigners lieben ihren Job: „Wir wollten immer schon was mit Menschen machen“, sagt Thomas augenzwinkernd, und beweist, dass Humor wohl nicht nur für TV-Tatortreiniger „Schotty“ ein steter Begleiter ist. Passanten, die über die Aufschrift Firmenwagen des Ehepaares staunen, fragen oft, ob ihre Arbeit wirklich so wie im Fernsehen ist. Die Antwort der Aigners lautet synchron: „Ja, aber es ist nicht ganz so lustig.“
„Tatsächlich haben wir eher einen schwarzen Humor“, lächelt Thomas und Daniela fügt hinzu: „Es hilft uns dabei, die ganzen Eindrücke leichter abschütteln zu können.“ Zwar sind Verstorbene längst entfernt, wenn das Ehepaar zur Besichtigung eines Einsatzortes anrückt – doch was die beiden dann erwartet, sei nie vorhersehbar. Keine Desinfektion und Tatortreinigung sei gleich und jede verstorbene Person werde in einem anderen Zustand aufgefunden. „In manchen Wohnungen ist sogar kaum etwas bemerkbar“, sagt Thomas und erklärt weiter: „Wie es in den Räumen aussieht und riecht, hängt von vielen Faktoren ab: Waren die Fenster offen, das Wetter heiß und schwül? Oder war die Heizung in der Wohnung angeschaltet? Auch er Untergrund, auf dem eine Leiche lag und die Dauer bis zum Fund spielen eine Rolle.“
Schutzanzüge bei 35 Grad Celsius
Gerade die Räumung von Messie-Wohnungen kann sehr beanspruchend sein. Aktuell reinigt das Burghauser Ehepaar ein ganzes Haus, in dem sich der Bewohner seit Ausbruch der Corona-Pandemie verschanzt hatte. Das Zimmer, in dem er sich vorwiegend aufgehalten hatte, war voller verkoteter Kleidung, Müll und Mäusedreck. Im Obergeschoss war dagegen die Zeit stehen geblieben – Feuchtigkeit und Schädlinge richteten jedoch große Schäden an. Die Luft in den Zimmern ist noch immer mit gefährlichen Schimmelsporen, Bakterien und möglicherweise auch Viren belastet. Bei 35 Grad Celsius Außentemperatur schaffen es Daniela und Thomas in Atemschutzmasken und Schutzanzügen aber meist nur 20 bis 30 Minuten: Immerhin muss das Ehepaar auch körperlich hart anpacken.
Für viele Auftraggeber ist schwierig, überhaupt herauszufinden, wer sich um Tatortreinigung und Desinfektion in solchen Fällen kümmert. „Aber auch, wenn Kunden Empfehlungen erhalten haben, ist es gerade für Angehörige manchmal schwierig bei uns anzurufen“, sagt Thomas. „Viele schämen sich“, ergänzt Daniela. Daneben sei das Thema „Sterben und Tod“ noch immer mit einem Tabu behaftet. Das Ehepaar betont aber, dass es keinerlei Grund für Hemmungen gebe: Immerhin sind die Tatortreiniger aus Burghausen echte Profis auf ihrem Gebiet.

