Die Spezialisten für wirklich harte Reinigungsjobs
„Bei unserem Job braucht man Humor“: Tatortreiniger plaudern aus dem Nähkästchen – Teil 1
Einen „Tatortreiniger“ kennen die meisten Menschen nur aus dem Fernsehen. Doch während es bei „Schotty“ in der Comedy-Serie regelmäßig lustig hergeht, haben die realen „Kollegen“ einen wahren „Knochenjob“. Humor ist für Daniela und Thomas Aigner aus Burghausen dennoch wichtig, denn ihr Arbeitsalltag ist anders nicht zu bewältigen. Teil 1.
Burghausen – Den Beruf, den Daniela (40) und Thomas Aigner (43) ausüben, kann de facto nicht jeder verkraften. Seit 2018 hat sich das Burghauser Ehepaar auf Desinfektion und Tatortreinigung spezialisiert und ihr Arbeitsalltag besteht aus vielem, das andere Menschen weder psychisch noch physisch verkraften. Die Beschriftung am Firmenwagen fällt auf – und das muss sie auch, denn wer D&T Aigner braucht, tut sich oftmals schwer, Reinigungsspezialisten wie sie zu finden: Tatortreiniger gibt es schließlich nicht wie Sand am Meer.
Wie sieht der Alltag eines Tatortreinigers aus?
Einen großen Teil ihrer Arbeitszeit verbringen die Aigners in ihrer Arbeitskleidung – die man ebenso wie ihren Job aus dem Fernsehen kennt: In ihre Tatortschutzanzüge, die sonst von den Experten der Spurensicherung getragen werden, dringen weder Partikel noch Krankheitserreger und weder Schadstoffe noch Flüssigkeiten vor. Kein Wunder also, wenn es den Aigners häufig warm wird – denn unter atmungsaktiver Kleidung versteht man etwas gänzlich anderes. In Atemschutzmasken, Kapuzen, Gummistiefeln und -handschuhen geht es dann ran an die Arbeit.
In ihrem Firmenwagen und Anhänger bringen die Aigners jede Menge Desinfektions- und Reinigungsmittel mit. Auch eine mobile Toilette darf nicht fehlen, denn das Bad der betroffenen Räumlichkeiten ist nur in den seltensten Fällen nutzbar. Oft wird das Ehepaar gerufen, wenn eine Leiche gefunden wurde – doch selten handelt es sich dabei um ein Gewaltverbrechen. Immer mehr Menschen leben heute im Alter allein – aber auch jüngere Menschen können in ihren vier Wänden sterben. Wenn die Nachbarn aufmerksam werden, dann ist es häufig schon recht spät. „Oft werden sie erst dann aktiv, wenn das eigene Wohlbefinden durch Gerüche oder Fliegen gestört wird“, sagt Daniela Aigner. „Außerdem wird unsere Gesellschaft immer anonymer“, bedauert sie. Man kenne seine Nachbarn heute kaum noch, und wenn man ein paar Tage nicht aus der Wohnung komme, wundere das kaum noch jemand.
Gefahr in Verzug: Bakterien und Viren sind nichts für Laien
Doch auch, wenn es am Ende eilt: Es ist nicht immer möglich, sofort zu reinigen. „Manchmal dauert es zwei Jahre, bis diese Räume für uns freigegeben werden“, sagt Thomas Aigner. Als das Ehepaar das erste Mal zu einem solchen Einsatz gerufen wurde, stolperte es ohne Schutzanzüge in eine Wohnung, in der drei Monate eine Leiche gelegen hatte. Schlagartig wurde den beiden klar: Hier sind Spezialausrüstung und -kenntnisse vonnöten. „Drei Wochen dauerte es, bis die Erinnerung an den Geruch wieder verflog“, sagt Daniela heute. Ihr Ehemann Thomas stimmt zu. „In den ersten drei Tagen war es am schlimmsten.“
Die Aigners bemühten sich anschließend, die richtige Weiterbildung für solche Fälle zu finden – und das war gar nicht so einfach: „Leider gibt es bisher keine genormte Ausbildung in Deutschland“, bedauert Thomas, der zusammen mit seiner Frau eine Fortbildung zum geprüften Desinfektor absolvierte. Das Ehepaar weiß demnach auch, wie gefährliche Viren und Bakterien aus Kliniken und Kindergärten entfernt werden. Drei Wochen dauerte der Lehrgang bei der HTW und war gespickt mit medizinischem und chemischem Fachwissen – ein richtig hartes Lernabenteuer für das Ehepaar. Auch Danielas Ausbildung zur zertifizierten Tatortreinigerin war kein Kinderspiel.
Labortests zur Prüfung der Keimbelastung
Nicht zu verachten ist außerdem der bürokratische Aufwand und die Dokumentation, die bei einer Spezialreinigung anfallen. Gerade bei amtlich angeordneten Räumungen muss meist auf diverse Krankheitserreger getestet werden: „Mit speziellen Abklatschtests testen wir dann vor und nach der Reinigung, welche und wie viele Keime sich in den betroffenen Räumen befinden“, erklärt Daniela. Bei ihren Reinigungsmitteln halten sich die beiden „Tatort-Experten“ übrigens auch strikt an die Leitfäden des Robert-Koch-Instituts.
All das klingt nach richtiger Wissenschaft und das ist es zum Teil auch. Doch gerade die Räumung, die Entfernung von Möbeln, Gegenständen und Schmutz sind auch ein echter „Knochenjob“. Regelmäßig kommen die Aigners dabei mit teils lebensgefährlichen Pilzen, Bakterien und Viren in Berührung. Ganz besonders übel ist zudem die Beseitigung von menschlichen Überresten – und weil man für diese Einblicke einen guten Magen braucht, haben wir diesem Kapitel einen eigenen Artikel gewidmet: Die Fortsetzung folgt am 9. August.


