Debatte über die Finanzen der Salzachstadt
Der Burghauser Haushalt ist beschlossen: Kritik und „harter Tobak“ bei der Stadtratssitzung
Burghausen steckt in einer Finanzkrise: Die Rücklagen schrumpfen drastisch und die Schulden steigen. Nun konnte sich der Stadtrat trotz harscher Kritik und Verschwörungstheorien seitens der AfD zu einem Beschluss durchringen.
Burghausen – Der städtische Haushalt für 2025 ist beschlossen – doch der Weg dorthin war steinig: Trotz steigender Schulden und eines drastischen Rückgangs der Rücklangen konnte der Stadtrat am 12. Februar mit 16 Ja zu sechs Nein-Stimmen einen Beschluss fassen. Bürgermeister Florian Schneider (SPD) sprach von einer „schwierigen Haushaltslage“, warnte aber davor, in Panik zu verfallen. Die Fraktionen lieferten teils scharfe Kritik, insbesondere an den hohen Investitionen für den Kauf des Krankenhauses und die bevorstehenden Ausgaben für das Freilicht Festspiel Helmbrecht 2025. Aber auch andere Positionen wurden kritisch unter die Lupe genommen. An Einfallsreichtum nicht zu überbieten waren die zehn Dringlichkeitsanträge von AfD-Stadtrat Thomas Schwembauer, in denen er städtischen Einrichtung unter anderem die ideologische Umerziehung Jugendlicher vorwarf.
Bürgermeister setzt auf Zuversicht und auf die heimische Industrie
Bürgermeister Schneider erläuterte erneut, warum die Burghauser Einnahmen so dramatisch gesunken sind. „Die Gewerbesteuereinnahmen sind auf einem Tiefpunkt der letzten Jahre“, hob er hervor, hegte aber weiterhin Zuversicht, dass sich die Lage wieder stabilisieren könne – nicht zuletzt dank der starken Chemieindustrie. Besonders die Energieversorgung sei für die Stadt von zentraler Bedeutung: „Wir brauchen ein wasserstofffähiges Gaskraftwerk, Hochspannungsleitungen und bezahlbaren Strom.“ Trotz der angespannten Finanzlage seien Projekte wie die Ortsumfahrung oder die Sanierung der Maria-Ward-Realschule, der Kammerer-Turnhalle und der Hallen des SV Wacker weiterhin wichtig. Bei den freiwilligen Vereinszuschüssen wolle die Stadt erst einmal 90 Prozent auszahlen und in Hinblick auf die Entwicklung der Einnahmen über die Auszahlung der restlichen zehn Prozent entscheiden.
SPD: „Müssen uns unserer Stärken bewusst sein“
Die SPD-Fraktion stimmte dem Haushalt zu, forderte aber eine Überprüfung der Sparmaßnahmen zur Jahresmitte. Franz Kammhuber (SPD) betonte, dass die drastisch gesunkenen Steuereinnahmen ein Symptom der wirtschaftlichen Lage seien, warnte aber davor, Angst und Panik zum Treiber für politische Entscheidungen zu machen. „Nicht zum ersten Mal ist Deutschland der ‚kranke Mann Europas‘“, so Kammhuber. Besonders kritisch sah er den Rücklagenabbau und forderte, alternative Einnahmequellen zu prüfen – etwa durch höhere Gebühren für die Bäder oder Parkplätze. Die SPD hält an den geplanten Investitionen fest, kritisiert aber die hohen Zuschüsse zur Hochschule, da die 900.000 Euro Zuschuss eigentlich Aufgabe des Freistaats Bayern seien.
CSU warnt vor „fehlendem Konzept“ bei Krankenhauskauf
Die CSU unterstützte den Haushalt grundsätzlich, äußerte jedoch große Zweifel an mehreren Projekten. Frank Kokott (CSU) kritisierte insbesondere den geplanten Kauf des Krankenhausgebäudes für zehn Millionen Euro: „Wir kaufen eine Immobilie ohne fundierte Bewertung oder Nutzungskonzept, geschweige denn ein mit betriebswirtschaftlichen Zahlen und Fakten hinterlegtes Konzept.“ Er schlug vor, die Summe zu streichen, um die Kreditaufnahme um 7 Millionen Euro zu reduzieren. Kokott kritisierte auch die Ausgaben für den Wasserspielplatz auf dem Stadtplatz: „Natürlich war das für Kinder ein Highlight, aber das wäre es auch mit einer Hüpfburg gewesen – und die hätte nur einen Bruchteil der Kosten verursacht.“ Burghausen habe bereits einen Wasserspielplatz, nämlich den Wöhrsee, weshalb diese Ausgabe „in keiner Relation zu den städtischen Finanzproblemen“ stehe.
Kokott: „AfD-Anträge an Unsichlichkeit nicht zu überbieten“
Scharfe Kritik äußerte der CSU-Stadtrat an den zahlreichen Dringlichkeitsanträgen von AfD-Stadtrat Thomas Schwembauer und stieß damit auf breite Zustimmung des Gremiums. Es war von einem „Missbrauch demokratischer Regeln“ die Rede. Besonders ein Antrag zur Streichung der Hallenbad-Sanierung sorgte für Empörung. Als Grund gab die AfD an, dass die „großen Parteien Deutschland in einen Krieg mit Russland verwickeln wollen“, bei dem gerade die heimische Chemieindustrie ein Ziel von Angriffen werde. Weil sich das Hallenbad in unmittelbarer Nähe der Wacker Chemie befinde, mache eine Sanierung somit keinen Sinn mehr. Kokott reagierte fassungslos: „Was hier vorgebracht wird, ist an Unsachlichkeit nicht zu überbieten.“ Bürgermeister Schneider schloss sich der Kritik an und erklärte, dass er sich „entschieden gegen solche absurden Unterstellungen“ verwehre. Der Stadtrat lehnte sämtliche Dringlichkeitsanträge der AfD mit einer Gegenstimme ab.
Grüne: Klimaschutz und soziale Projekte müssen Priorität haben
Die Grünen unterstützten den Haushalt und verteidigten insbesondere Investitionen in Fernwärme, Schulsanierungen und die Hallenbad-Renovierung. Gunter Strebel betonte, dass die Daseinsvorsorge Millionenbeträge von der Stadt abverlange, kritisierte aber, dass Projekte wie die Neugestaltung der Neustadt oder der Ausbau von Fahrradwegen zugunsten von Sparmaßnahmen verschoben wurden. Besonders wichtig sei es, energetische Sanierungen voranzutreiben, um die laufenden Kosten der Stadt zu senken. Gleichzeitig äußerte Strebel jedoch Bedenken über die finanzielle Belastung durch steigende Energiepreise: „Die 1,65 Millionen Euro für Strom und Heizung werden uns weiter beschäftigen“, so Strebel, weshalb die Stadt weiterhin die engeretische Sanierungen vorantreiben müsse.
UWB mahnt zu Generationengerechtigkeit
Peter Schacherbauer (UWB) kritisierte die steigenden Personalkosten der Stadt und lehnte den Haushalt ab: Besonders problematisch seien die freiwilligen Leistungen, denn „Acht Millionen gehen nach wie vor weit darüber hinaus, was wir uns leisten können“, so der Stadtrat. Schacherbauer mahnte, dass das Haushaltsrecht vom Gedanken der Generationengerechtigkeit getragen werde und warnte, dass der Stadtrat bereits 2026 gezwungen sein könnte, städtische Grundstücke zu verkaufen. Auch aus Sicht der UWB ist der geplante Krankenhauskauf nicht durchdacht. Besonders kritisch betrachtet Schacherbauer jedoch auch die angesetzten 500.000 Euro für die Helmbrecht-Festspiele: „Schon jetzt werden Befürchtungen laut, dass insbesondere die Gestaltung des Bergerhofgeländes den Kostenrahmen sprengen wird“, so der UWB-Stadtrat.
FDP: Ausgaben für Helmbrecht-Festspiele „grenzwertig“
Die FDP-Fraktion stimmte gegen den Haushalt 2025: Klaus Schultheiß (FDP) warnte vor einer drohenden Zahlungsunfähigkeit der Stadt: „Nach 30 Jahren ‚Brot und Spiele‘ unter Altbürgermeister Hans Steindl und fünf Jahren Pandemie und Krieg unter Bürgermeister Schneider sind nahezu all unsere Rücklagen bis auf etwa zehn Millionen Euro aufgebraucht und die Schulden auf einem Rekordwert von 28,6 Millionen Euro gestiegen.“ Besonders kritisierte er, dass Bauvorhaben nicht konsequenter priorisiert wurden. Auch die Investition in den Erwerb des Krankenhauses mache keinen Sinn. Zudem betrachtet die FDP die Ausgaben für die Helmbrecht-Festspiele als „grenzwertig“: „Wir werden hier über 500.000 Euro zuzahlen – in dieser prekären Haushaltssituation ist das fragwürdig“, betonte Schultheiß.
AfD stellt JUZ als Umerziehungsinstrument dar
Die AfD lehnte den Haushalt ab und stellte wie oben erwähnt mehrere Dringlichkeitsanträge. Sie forderte unter anderem die Streichung von 20.000 Euro für das Jugendzentrum, das sie als „ideologisch manipulativ“ bezeichnete. „Das JUZ, wie es sich derzeit darstellt, ist ein Epizentrum der Spaltung der Stadtgesellschaft, wo Jugendliche im Dienste einer vermeintlich guten Sache zu Instrumenten einer einzigen Ideologie umerzogen werden, statt zu selbst denkenden, freien Bürgern“, zitierte CSU-Stadtrat Kokott aus dem Antrag und quittierte den Satz mit: „Na Holla, die Waldfee. Das ist mal echt harter Tobak!“
Beschluss mit Bauchschmerzen: Die Zukunft bleibt ungewiss
Trotz scharfer Kritik wurde der Haushalt am Ende mit 16 zu sechs Stimmen beschlossen. Bürgermeister Schneider betonte, dass die Lage dennoch angespannt bleibe und mahnte: „Wir müssen mit Vorsicht wirtschaften.“ Die Debatte zeigte: Während einige Fraktionen den Sparkurs für ausreichend halten, warnen andere vor einer finanziellen Katastrophe. Klar ist jedoch, dass Burghausen vor großen Herausforderungen steht und die Diskussionen um künftige Einsparungen noch lange nicht beendet ist.