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Kreistag nimmt Pflegesituation in den Fokus

Wer pflegt einmal die Pfleger? Dramatische Verschärfung des Fachkräfte-Mangels rückt näher

Katrin Krumbachner, Leiterin des Pflegestützpunkts in Altötting, beleuchtete bei der Kreistagssitzung die Pflegesituation im Landkreis.
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Katrin Krumbachner, Leiterin des Pflegestützpunkts in Altötting, beleuchtete bei der Kreistagssitzung die Pflegesituation im Landkreis.

Auch im Landkreis Altötting rückt ein dramatischer Wendepunkt in der Pflege näher: Im Kreistag wurde die Situation der Pflege beleuchtet, Lösungsansätze vorgestellt und aufgezeigt, wo Handlungsbedarf besteht.

Altötting – Auch im Landkreis Altötting steht die Pflege vor gewaltigen Herausforderungen: Am 9. Dezember 2024 erläuterte Katrin Krumbachner, Leiterin des Sachgebiets Senioren und Pflege im Landratsamt sowie des Pflegestützpunktes Altötting, auf Antrag der Kreistagsfraktion der Grünen die Situation der Pflege im Landkreis. In ihrem Vortrag wurde unter anderem deutlich, wie tiefgreifend die Veränderungen sind, vor denen wir in wenigen Jahren stehen werden: „Wir erleben einen stetigen Anstieg der über 65-Jährigen bei gleichzeitig schrumpfender Zahl an Pflegekräften“, erklärte Krumbachner. Das Gesamtkonzept, das auf umfangreichen Befragungen und Bestandsanalysen basiert, zeigt elf zentrale Handlungsfelder auf, die jetzt angegangen werden müssen.

Erfolge seit 2011: Ausbau der Pflegeangebote

Seit der letzten Konzeptfortschreibung im Jahr 2011 konnte der Landkreis bereits einige Fortschritte erzielen. Die Zahl der ambulanten Pflegedienste stieg von 14 auf 20, und die Kapazität in der Tagespflege wuchs auf 216 Plätze. Auch die stationären Pflegeplätze konnten leicht erhöht werden. Zusätzlich wurden Angebote wie Betreuungsgruppen, Nachbarschaftshilfen und Quartiersmanagement eingeführt. „Insgesamt haben wir ein gutes Versorgungsniveau erreicht“, betonte Krumbachner, stellte jedoch die kritische Frage, ob man diese Strukturen auch in Zukunft aufrechterhalten könne.

Personalmangel: Ein drohender Kipppunkt in der Pflege

Besonders herausfordernd wird künftig die Personalsituation. Krumbachner warnte, dass zwischen 2027 und 2030 voraussichtlich mehr Pflegepersonal in den Ruhestand gehen, als neue Fachkräfte nachkommen. „Wir stehen vor einem Kipppunkt“, warnte die Leiterin des Pflegestützpunktes. Auch SPD-Kreisrat Josef Jung mahnte: „Die heute schon prekäre Personalsituation wird sich dramatisch verschärfen, wenn wir jetzt nicht handeln.“ Die Ausbildung von Hilfs- und Fachkräften müsse dringend verstärkt werden. Laut Jung sei die Sicherung der Pflege nicht nur eine gesellschaftliche, sondern auch eine persönliche Herausforderung für jeden Einzelnen.

Mobilität: Lokale Lösungen für ein zentrales Problem

Ein weiteres großes Problem ist laut Katrin Krumbachner die Mobilität älterer Menschen. Viele Senioren sind auf Fahrdienste angewiesen, doch die Kosten für Taxifahrten sind häufig sehr hoch, und Krankenkassen übernehmen diese in den meisten Fällen nicht. Krumbachner wies darauf hin, dass lokale Lösungen wie Nachbarschaftshilfen und ehrenamtliche Fahrdienste ausgebaut werden müssten. „Die Mobilität ist ein Schlüsselfaktor für die Lebensqualität im Alter“, sagte sie. Gleichzeitig betonte sie die Bedeutung barrierefreier Infrastruktur und einer guten Nahversorgung, insbesondere in den ländlichen Gemeinden.

Wohnen im Alter: Neue Konzepte dringend notwendig

Auch das Wohnen im Alter stellt viele Senioren vor große Herausforderungen. Viele möchten so lange wie möglich zu Hause wohnen, doch große Wohnungen oder Häuser werden oft zu Belastungen. „Es fehlen pflegende Angehörige, und Pflegeheime sind für viele Menschen zu teuer“, so Krumbachner. Ambulant betreute Wohngemeinschaften könnten hier eine Lösung bieten, ebenso wie generationsübergreifende Wohnkonzepte. Florian Schneider (SPD), Bürgermeister von Burghausen, brachte das leerstehende Krankenhausgebäude in seiner Stadt ins Spiel. „Das Gebäude bietet großes Potenzial für zukunftsweisende Wohn- und Pflegekonzepte“, sagte er. Allerdings müssten hierfür zahlreiche rechtliche und organisatorische Hürden überwunden werden, wie Landrat Erwin Schneider (CSU) erklärte.

Pflegende Angehörige: Eine tragende Säule stärken

Die Situation der pflegenden Angehörigen wurde ebenfalls intensiv diskutiert. Johann Krichenbauer (Freie Wähler), Bürgermeister von Burgkirchen, betonte deren Bedeutung für die Pflege. „Ein Pflegeplatz kostet zwischen 2.800 und 4.500 Euro im Monat, während die Pflege daheim oft günstiger und persönlicher ist“, sagte er. Krichenbauer forderte eine stärkere Unterstützung der pflegenden Angehörigen durch den Staat. Auch Bezirksrätin Gisela Kriegl (SPD) unterstrich die Bedeutung der häuslichen Pflege und lobte die bisherigen Erfolge des Landkreises, wie die Etablierung der Wohnberatungsstelle und des Pflegestützpunkts. Krumbachner ergänzte, dass die Anzahl der Zahl der Heimbewohner, die Sozialhilfe erhalten, inzwischen bei rund 40 Prozent liege – mit steigender Tendenz.

Gesellschaftliche Teilhabe und Prävention: Isolation vermeiden

Neben der Personalsituation und den infrastrukturellen Herausforderungen beleuchtete Krumbachner auch die Bedeutung von gesellschaftlicher Teilhabe und Prävention. Seniorenbegegnungsstätten, präventive Hausbesuche und die Förderung bürgerschaftlichen Engagements seien wichtige Bausteine, um soziale Isolation zu vermeiden und die Lebensqualität älterer Menschen zu verbessern. „Viele Menschen wollen sich als Helfer einbringen, aber es fehlt oft die Möglichkeit, sich langfristig zu binden“, erklärte sie. Projekte müssten demnach so gestaltet werden, dass Ehrenamtliche flexibler und kurzfristiger eingesetzt werden können.

Digitalisierung und Hospizversorgung: Mehr Würde

Die Digitalisierung könnte ebenfalls eine Rolle spielen, wenn auch keine umfassende Lösung bieten. „Digitale Angebote können die Arbeit erleichtern und die Kommunikation verbessern, aber sie ersetzen keine menschliche Nähe“, so Krumbachner. Auch die Hospiz- und Palliativversorgung wurde thematisiert. SPD-Bezirksrätin Gisela Kriegl brachte vor, dass sich die Landkreis Mühldorf und Altötting gemeinsam auf den Weg gemacht hätten. „Der Bedarf liegt auf der Hand“, betonte sie. Es gehe immer darum, dem Menschen einen würdevollen Abschied zu ermöglichen.

Die Fortschreibung des Gesamtkonzepts sei ein wichtiger Schritt, aber die eigentliche Arbeit beginne jetzt, sagte Krumbachner am Ende ihres Vortrags. Die Umsetzung der im Konzept vorgeschlagenen Maßnahmen erfordert finanzielle Mittel und organisatorische Anstrengungen. Förderprogramme wie „Gute Pflege in Bayern“ oder der „Bayerische Demenzfonds“ böten Unterstützung, doch die Herausforderungen seien vielfältig. „Es geht hier immerhin nicht um irgendwelche Zahlen, sondern um die Zukunft von uns allen“, betonte sie abschließend.

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