Wasserkraft in der Region: Was ist sinnvoll und möglich?
Experte im Interview: „Im Wesentlichen gibt es drei mögliche Herangehensweisen ...“
Wasserkraft, das betont auch immer wieder Bayerns Ministerpräsident Markus Söder, beispielsweise bei der Einweihung der Kraftwerks-Ertüchtigung in Töging, sei eine Zukunftsenergie für den Freistaat. Aber wo gibt es bei uns in der Region dafür Potenziale, was ist möglich und welche Herausforderungen stellen sich? Wir haben mit einem Experten der Technischen Universität München (TUM) gesprochen.
Landkreise - Am 30. September ging das Wasserkraftwerk Töging nach rund vier Jahren Bauzeit offiziell in Betrieb. Es soll, so sagten es alle Redner, zur Stromsicherheit beitragen, wie die OVB-Heimatzeitungen berichteten. Ein Schritt, der Bayern bei der Wasserkraft nach vorne bringe mit dem klaren Ziel „unabhängig zu werden von fossiler Energie, denn der Klimawandel wird uns länger beschäftigen als der Ukraine-Krieg“, sagte Ministerpräsident Markus Söder. Es brauche Wasserkraft als „Heimatenergie“. „Es wäre fahrlässiger, in windstiller Nacht auf die Grundlast durch Wasserkraft zu verzichten“, machte Söder deren Bedeutung klar. „Wir müssen die Wasserkraft weiter nach vorne bringen. Wir glauben an deren Zukunft.“
Wasserkraft und Pumpspeicherkraftwerke: Was ist bei uns in der Region wo sinnvoll und möglich?
„Im wesentlichen gibt es drei mögliche Herangehensweisen: Die Verbesserung des Potenzials durch maschinentechnische Verbesserungen am Bestand, die Nachrüstung von bestehenden Querbauwerken und zuletzt der Bau neuer Anlagen“, berichtet Professor Arnd Hartlieb, Experte für Wasserbau und Wasserwirtschaft an der Technischen Universität München (TUM) im Gespräch mit unserer Redaktion. „Damit einher geht auch der Grad, zu dem dabei Eingriffe in die Gewässer beziehungsweise die umgebende Landschaft nötig werden. Dementsprechend versucht man inzwischen, statt neu zu bauen eher auf die anderen beiden Optionen zurückzugreifen.“
Ein prominentes Beispiel für eine erfolgreiche Potenzialverbesserung durch Ertüchtigung seien die entsprechenden Umbaumaßnahmen am Kraftwerk Töging und der Wehranlage in Jettenbach, fährt Hartlieb fort. „Der Verbund ist da ja sehr dahinter.“ In Zukunft sollen dort jede der drei Kaplanturbinen rund 40 Megawatt leisten. Entsprechend groß sind daher auch die drei neuen Wasserzuläufe, zumal der Wasserspiegel im Innkanal nach Fertigstellung nochmals um 70 Zentimeter steigt. In jeden der aus Stahlbeton gebauten Zuläufe würde gut und gerne ein ganzes Einfamilienhaus passen, wie die OVB-Heimatzeitungen berichten.
Wasserkraft-Projekte sorgen immer wieder für Diskussionen und Kritik von Naturschützern
„Dann währen da bestehende Querbauwerke, die beispielsweise zur Sohlstabilisierung entstanden sind.“, fährt Hartlieb fort. Als Sohldurchschlag bezeichnet man bei Fließgewässern das Durchbrechen der Gewässersohle durch Erosion. Folge ist eine plötzliche, starke Eintiefung des Gewässers mit Auswirkungen auf den Grundwasserspiegel, die Uferstruktur und Gefährdung von Bauwerken wie zum Beispiel Brücken bedeuten kann. Zu den Maßnahmen dagegen in Form von Bauwerken gehören beispielsweise spezielle Wehranlagen. „Solche Nachrüstungen von bestehenden Querbauwerken sind unser Fachgebiet hier an der Versuchsanstalt für Wasserbau und Wasserwirtschaft in Walchensee“, berichtet Professor Hartlieb.
„Teilweise ist das ohne große Eingriffe möglich und bringt sogar eine ökologische Verbesserung. Denn dank der Turbinen für die neue Wasserkraftanlage können dann manchmal auch Fische wieder die Anlagen passieren beziehungsweise dies besser, als zuvor tun“, fährt Hartlieb fort. Beispielsweise wollen die Stadtwerke München am Westerhamer Wehr eine Wasserkraftanlage errichten. Damit sollen künftig rund 1,5 Millionen Kilowattstunden (kWh) Ökostrom pro Jahr erzeugt werden, wie die OVB-Heimatzeitungen berichten.
Demonstration gegen Wasserkraft an der Salzach
Hartlieb ist sich der Problematiken und Diskussionen durchaus bewusst. „Besonders heikel wird es dann natürlich, wenn man an Neubauten denkt. Denn diese bedeuten immer einen mehr oder minder starken Eingriff in die Flussläufe sowie die umgebende Landschaft und beispielsweise Fischwanderungen werden erschwert“, betont er, „Aber es gibt inzwischen innovative neue Konzepte. Allerdings muss man sich natürlich jeden Fall und potenziellen Standort genau ansehen und dann eine Abwägung treffen. Der Widerstand von Naturschützern ist hier teils berechtigt.“
Schon seit Jahrzehnten gäbe es die Diskussionen um die Nutzung der Salzacheinmündung in den Inn. „Dazu wurden immer wieder neue Konzepte und Studien erstellt. Hier gäbe es durchaus bemerkenswerte Konzepte für eine gleichzeitige Renaturierung in Kombination mit einer Wasserkraftnutzung.“ - „Die frei fließende Salzach zwischen Salzburg und der Mündung in den Inn ist ein wertvolles Gut und daher bestmöglich zu bewahren. Die Konzepte und Planungen zur Sanierung der Unteren Salzach sind zügig fortzuführen und umzusetzen. Dabei ist unter Beachtung der Natura 2000-Gebiete insbesondere den naturverträglichsten Varianten wie der Flussaufweitung Vorrang zu geben“, lautete hierzu eine Stellungnahme des BN.
Pumpspeicherkraftwerke auch im Kreis Traunstein angedacht
Zuletzt wären da noch Pumpspeicherkraftwerke. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes Speicherkraftwerk, das elektrische Energie in Form von potentieller Energie in einem Stausee speichert. Das Wasser wird dabei durch elektrische Pumpen in den Speicher gehoben, um später wieder für den Antrieb von Turbinen zur Stromerzeugung benutzt werden zu können. Sie nehmen in nachfrageschwachen Zeiten ein Überangebot von elektrischer Energie im Stromnetz auf und geben sie bei Spitzenlast wieder ins Netz ab. Sie gelten als die dominante Technik, um elektrische Energie in großem Maßstab zu speichern. Gemeinsam mit Landrat Sigfried Walch würde an zahlreichen Konzepten wie Wasserkraftwerken, Pumpspeicherkraftwerken und virtuellen Kraftwerken gearbeitet, berichtete die Geschäftsführerin der Chiemgau GmbH Dr. Birgit Seeholzer erst Mitte November auf einer gemeinsamen Sitzung der Mitglieder der Vorstandschaften und Gemeinderatsfraktionen der sieben CSU-Ortsverbände des Achentals zum Thema „Nutzung erneuerbarer Energien im Achental – Sachstand, Potentiale, Entwicklungsmöglichkeiten“.
„Hier in Bayern mit unseren Bergen beziehungsweise zahlreichen potenziellen Standorten mit für ein solches Projekt attraktiven Höhenunterschieden hätten wir zunächst einmal viel Potenzial dafür“, so Hartlieb. „Sie sind bewährt und funktionieren. Entsprechend gibt es immer wieder Diskussionen, Standortsuchen, aber meist landet das dann wieder in der Schublade. Denn es muss auch gesagt werden: Diese Bauwerke bedeuten teils erhebliche Eingriffe in die Landschaft. Auch hier gibt es wiederum neue Konzepte, bei denen beispielsweise ehemalige Bergwerksschächte als Becken genutzt werden, um den Eingriff in die Landschaft zu minimieren. Aber auch dafür müssen natürlich an einem Standort alle Voraussetzungen stimmen.“
hs





