Polizei-Großeinsatz in Töging
„Lawine von Falschmeldungen“ – Schüsse in Töging? Sturm auf die Schule? – Das geschah wirklich
Ein Großaufgebot sicherte am Donnerstag (27. März) die Comenius-Schule in Töging, nachdem drei Mädchen von Schüssen berichtet hatten. Nach wenigen Stunden konnte die Polizei Entwarnung geben. In den sozialen Netzwerken tobte da längst die Gerüchteküche.
Von Peter Becker, Jörg Eschenfelder und Markus Honervogt
Töging – Die Gerüchte entwickelten sich unglaublich schnell: ein bewaffneter Mann in der Comenius-Schule in Töging, SEK-Einsatz, Sturm auf die Schule, Waffen in der Turnhalle. Manfred Putz, Leiter der Comenius-Schulen sagt sechs Stunden nach Beginn des Einsatzes: „Das war eine Lawine auf WhatsApp mit Falschmeldungen und dem ganzen Müll.“
Schülerinnen berichten von Schüssen auf dem Schulweg
Um 7.50 Uhr am Donnerstag, 27. März, unmittelbar vor Schulbeginn hatten ihm drei Schülerinnen von einem Mann berichtet, der ihnen auf dem Schulweg begegnet ist. Sie hätten „schussähnliche Geräusche“ gehört“, sagt die Polizei, Rektor Putz berichtet von einem „Gegenstand, mit der er auf die Schülerinnen gezielt“ habe.
„Das haben sie für ein Gewehr gehalten.“ Putz nimmt die Aussagen der elf- und 13-jährigen Mädchen ernst. Während sie für ihn eine Zeichnung über das Erlebte anfertigen, informiert er die Polizei. Mit einem Großaufgebot sichert die Polizei die Grund- und Mittelschule und leitet die Suche nach dem mutmaßlichen Schützen ein.
Beamte befragen die Mädchen, ein Helikopter kreist über der Schule, Polizeiautos und Rettungsfahrzeuge parken in unmittelbarer Nähe. Trotz der umfassenden Maßnahmen urteilt die Polizei: „Die Lage im Bereich des Einsatzgebietes wie auch in der Stadt war sehr ruhig.“
Das bestätigt auch Schulleiter Putz: „Der Unterricht war nicht beeinträchtigt, manche Schüler haben gar nichts mitbekommen“, sagt er, „die Schüler waren eher interessiert als schockiert.“ Von einem Sturm auf die Schule, einem massiven Polizeieinsatz in den Klassenräumen könne keine Rede sein. „Es blieb alles sehr ruhig.“
In der Schule. Draußen, vor allem in sozialen Netzwerken, tobt derweil die Gerüchteküche. So wild, dass sich die Polizei genötigt fühlt, permanent auf ihren eigenen Sozial-Media-Kanälen zu berichten, „um den schnell aufkommenden Gerüchten entgegenzuwirken und die Lage darzulegen, um weiteren Falschmeldungen vorzubeugen“.
Schulleiter Putz ist sicher, dass die angeblichen Informationen über den massiven Polizeieinsatz in der Schule nicht aus der Schule kommen. Es gebe ein Verbot für Mobiltelefone, sagt er, „die Schüler müssen ihre Handys ausgeschaltet lassen“. Vermutlich kommen die Falschinformationen von draußen.
Als Falschinformation entpuppt sich auf Anfrage der OVB Heimatzeitungen auch die scheinbare Gewissheit, dass es in letzter Zeit mehrere Vorfälle gegeben habe, bei denen Schüler von Fremden bedroht worden sind. Polizeikommissar Fabian Unterhuber von der Polizei Altötting kennt zwar die Aussagen von besorgten Eltern, betont aber: „Das kann ich nicht bestätigen. Vergleichbare Einsätze haben wir in der letzten Zeit nicht gehabt.“ Er meint damit Einsätze, nachdem Bürger schussähnliche Geräusche wahrgenommen haben. „Das ist die absolute Ausnahme.“
Auch Schulleiter Putz weiß, dass immer wieder Männer gemeldet werden, die angeblich Schüler oder Schülerinnen ansprechen. „Geredet wird sofort“, sagt er. Belege für eine Häufung solcher Fälle aber gebe es nicht. Und Schüsse oder gar einen Amoklauf hat der 60-Jährige in seinen neun Jahren als Rektor in Töging nicht erlebt. „Ich weiß nicht, dass es so etwas schon einmal gab.“
Polizist Unterhuber sagt zum Vorfall am Donnerstag: „Nach derzeitigem Stand der polizeilichen Ermittlungen konnten keine konkreten Hinweise auf eine Gefährdungslage festgestellt werden.“ Er hofft für die weiteren Ermittlungen jetzt auf Hinweise aus der Bevölkerung, die die Polizei unter 08671/9644-0 entgegennimmt.
Schulleiter Putz ist froh, dass der Tag so glimpflich verlaufen ist: „Gott sei Dank, ist nichts passiert.“ Er nimmt den Verlauf als Beleg dafür, dass die Schule vorbereitet ist: „Der Krisen- und Notfallplan hat funktioniert“, sagt er, „es war eine gute Übung.“ Zugleich nennt er das Verhalten der Mädchen gut: „Die Schülerinnen haben richtig gehandelt, uns ihre Beobachtung zu melden.“ Keiner solle davor zurückschrecken, seltsame Dinge zu melden, die ihm auffallen. Auch, wenn sie sich am Ende als nicht zutreffend darstellen, wie Lehrerin Dorothea Weingartner sagt: „Wir werden wohl nie herausfinden, wie viel Fantasie da bei den Schülerinnen eine Rolle gespielt hat.“
Die Reaktion von Schulleitung und Polizei jedenfalls schafft bei den anderen Kindern und Jugendlichen Vertrauen, sagt Mitschülerin Emily. Sie fand die Aktion angemessen: „Es war das erste Mal, dass ich sowas erlebt habe, aber gut zu wissen, dass die Polizei schnell zur Stelle wäre.“

