Silvesteranschießen in Haag
Haager Feuerschützen begrüßen das neue Jahr – warum das Böllern schon früher nicht allen gefiel
Zum Silvesterschießen erleuchteten wie üblich lautstarke Knaller und bunte Feuerwerkskörper den Himmel über der Haager Schlossturmsilhouette. Doch damals wie heute gefiel das Böllern nicht allen. Ein Blick in die Vergangenheit.
Haag – Es dauerte mit Ausnahme von Nachknallern 26 Minuten, fiel also weit kürzer und weniger intensiv aus als im Vorjahr. Schon am Silvesternachmittag sammelte Böllermeister Jürgen Bachmeier von den Haager Feuerschützen (FSG) neun Kanoniere und 70 Böllerer auf der Kuppe der Freiham zum traditionellen Silvestersalut. Die zahlreichen Zuschauer spendeten reichlich Applaus.
Die Tradition, das neue Jahr mit Böllern einzustimmen und die bösen Geister des alten Jahres damit zu verscheuchen, ist Jahrhunderte alt. Dazu gehörte auch, dass vor allem Buben schon nachmittags die Gelegenheit zum Krachmachen nutzten.
Nicht alle vom Böllern begeistert
Damals wie heute gefiel das nicht allen. Nachdem die einstige Grafschaft Haag auf den Tod des Grafen Ladislaus hin an die bayerischen Wittelsbacher gefallen war, gab es Erlasse, die sogar in solch „harmlose Freuden der Untertanen“ eingreifen wollten.
An den Bürgermeister und die Amtspersonen erging beispielsweise im Jahre 1618 ein Befehl. Das „gewöhnliche Schießen der Bürgerschaft an den Neujahrstagen“ habe „einige Jahre her sehr überhand“ genommen.
„Weder nützlich noch nötig, vielmehr gar unfreundlich“
Dabei sei „solches aber an sich selbsten weder nützlich noch nötig, vielmehr gar unfreundlich“. Manche Kranke könnten durch den Schreck über die Schüsse Schaden nehmen. Also folgerte die Regierung, „wollen wir solches vors Künftige eingestellt wissen“. Und damit keiner „sich einige Schuß zu thun sich unterstehe“, wurde es für Einzelpersonen, aber auch für Häuser, aus denen man etwas hörte, unter zehn Gulden Strafe gestellt.
Die Bürger schienen sich nicht recht an diese Verordnung halten zu wollen, denn immer wieder tauchen entsprechende Verbote in den Akten auf. 100 Jahre später registrierte der Schreiber empört: „Ebenso ist es schon etlichmal geschehen, daß Buben auf der gaß und andere üble Nachtvögel hin und wieder schwärmer angezündet und gegen die häuser geworffen haben um gefahr einer entstehenden brunst.“
Als zu Silvester gegen zehn Uhr abends das „Eheweib des Hochfürstlichen Camerschreibers“ von ihren Eltern nach Hause ging, hätten ihr da freche Buben „ein Schuß vors ohr“ gegeben, „daß sie vermeint, des gehörs beraubt zu sein“. Tatsächlich habe sie etliche Tage „zimbliches sausen ihrem Kopf empfunden“.
Schlimmer noch sei es in einem Wirtshaus ergangen, bei dem 160 stück ungarisch ochsen üernachtet“. Das Feuerwerk habe die Ochsen wild gemacht „und seynd deren bey 56 stück durchgegangen und ausgerissen, so daß die Viehtreiber umb gottes willen gebetten, man möchte mit dem grausamen schießen innnehalten“. Mit großer Müh und unter Gefahr habe man die Ochsen am nächsten Tag erst wieder gefunden und „nur per accidens“, durch Zufall, sei nichts passiert.
Unmut muss es unter der Kurfürstlichen Regierung auch über das Weihnachts- und Neujahrssingen gegeben haben. „Unordnung“ sei dadurch entstanden, weshalb es „künftig gänzlich abgestellet werden solle“. Lehrer, damals knapper besoldet als heute, zogen nämlich mit Schülern vor die Häuser, um „mit geziemendem Gesang Opfergeld einzubringen“, was ihnen gehörte.
Es ist noch aus dem Anfang des 19. Jahrhunderts bekannt, dass sich der Haager Schullehrer Franz Xaver Prinkart durch mehrere „Jobs“ wie Schnapsbrennen und Orgelspielen über Wasser halten musste.

