Vor der Neueröffnung
Exklusiv im Haager Krankenhaus: Warum dem Gemeinderat „ein Stein im Magen liegt“
Es kommt wieder Leben ins Haager InnKlinikum: Am 3. April wird das Medizinische Versorgungszentrum im Ostflügel eröffnet. Wir waren exklusiv vor Ort. Was schon feststeht, welche offenen Fragen es noch gibt und welche Sorgen den Gemeinderat umtreiben.
Haag - Einen ersten Zwischenstand vor der offiziellen Eröffnung des Medizinischen Versorgungszentrums (MVZ) im Haager InnKlinikum gab es für die Mitglieder des Marktgemeinderats und des Krankenhausförderverbands. Die Wasserburger Zeitung war exklusiv vor Ort dabei.
Beim Eintreten in das Klinikum wird schnell klar: Von Baustelle ist hier nicht viel zu sehen - im Gegenteil. Das Gebäude sieht praktisch aus wie vorher. Der Boden ist gewischt, Bilder hängen an den Wänden. Nur in den Gängen stehen Möbel, die aus den Zimmern herausgeräumt werden mussten, denn der Boden in den Räumlichkeiten „ist heute frisch versiegelt worden“, erklärte Thomas Ewald, Vorstandsvorsitzender des InnKlinikums Altötting und Mühldorf.
Zusammen mit Dr. Wolfgang Richter, Medizinvorstand und Ärztlicher Direktor der Kliniken Mühldorf und Haag, und Landrat Max Heimerl stellte Ewald den Anwesenden bei der Begehung die soweit vorhandene Planung vor. Ab Montag, 3. April, werde im Erdgeschoss des Ostflügels wieder Leben einkehren, wenn das Hausärztliche MVZ Haag, das sich zurzeit noch in der Rainbachstraße befinde, im Haager Krankenhaus neu eröffnen werde, berichtete Ewald. Ins Erdgeschoss sollen ebenfalls die Ergo- und Logopädie kommen, sowie ein externer Küchenbetreiber. Die Verhandlungen dazu seien „unterschriftsreif“, so der Vorstandsvorsitzende.
Tagespflege und Wohngruppe im ersten Obergeschoss
Im ersten Obergeschoss des InnKlinikums würden eine Tagespflege und Wohngruppe Platz finden, geführt von einem externen Betreiber. Auch dieses Vorhaben sei „unterschriftsreif“, erklärte Ewald.
Die Tagespflege fand breite Zustimmung, dennoch stieß das Konzept der Wohngruppe bei einigen Gemeinderäten und Bürgermeisterin Sissi Schätz (SPD) auf Kritik. „Wir haben hier in Haag ein Bürgerheim mit sehr gutem Ruf. Dort stehen bereits zehn Betten leer, weil kein Personal da ist. Ich sehe keinen konzeptionellen Unterschied zwischen der Wohngruppe und dem Altenheim. Wir wollen nicht, dass beide Einrichtungen darunter leiden und sich gegenseitig die Fachkräfte abspenstig machen“, verdeutlichte die Bürgermeisterin. „Ich hatte auch schon ein Telefonat mit dem Betreiber des Bürgerheims. Er macht sich Sorgen, wie sich eine Wohngruppe im InnKlinikum auf seine Einrichtung auswirkt. Wir haben ein funktionierendes Altenheim. Das sollten wir nicht aufs Spiel setzen“, erklärte Schätz. Das sah Eva Rehbein (SPD) genauso. „Das liegt mir wie ein riesiger Stein im Magen“, schloss sie sich an.
Richter entgegnete, dass keiner eine „Kannibalisierung der Mitarbeiter“ wolle. Die Wohngruppe im ersten Stock sei ein „ergänzendes Angebot“. Er räumte aber ein, dass es sicherlich „eine gewisse Konkurrenz“ zum bereits bestehenden Altenheim darstellen würde. Schätz erwiderte, dass „von ergänzend“ nicht die Rede sein könne. „Die Leute wohnen und schlafen dort. Das ist dasselbe Konzept“, verdeutlichte sie noch einmal.
Heimerl und der Vorstand des InnKlinikums versprachen, sich mit dem Betreiber des Altenheims in Verbindung zu setzen, um etwaige Sorgen auszuräumen. „Ich bin überzeugt, dass alle Beteiligten hier nur gewinnen können“, meinte Heimerl. Klaus Breitreiner (CSU) sprach sich ebenfalls für die Wohngruppen aus. „Der Bedarf ist da. Wir dürfen diese Chance nicht vertun. Wir sollten es begrüßen, dass es eine weitere Einrichtung für die Pflege älterer Menschen gibt und nicht dagegen ankämpfen“, war seine Ansicht.
Siegfried Maier (SPD) fragte nach, wie es um den Personalstand stehe. „Wenn wir keine Mitarbeiter haben, dann wird der externe Betreiber auch keine haben“, meinte er. Ewald erklärte, dass der Klinikvorstand hierfür nicht zuständig sei. „Es sind unabhängige Unternehmen, die hier einziehen. Die müssen sich selbst um Fachkräfte kümmern. Da haben wir keinen Einblick“, sagte er.
Das Nutzungskonzept für den zweiten Stock des Haager InnKlinikums sehe die Schmerztherapie vor. Dieses medizinische Angebot werde vom InnKlinikum organisiert und in Haag definitiv weiter geführt, so Richter. Die interne Organisation dazu würden laufen. Die Schmerztherapie nehme das gesamte Geschoss in Anspruch. In der dritten Etage seien Räumlichkeiten für „externe Praxen“ vorhanden, führte Richter weiter aus. Hier sei der Medizinvorstand mit mehreren Interessenten in Verhandlungen. Auch eine Kinderärztin sei angefragt worden, hier sei bisher „kein Entschluss“ gefallen.
Hauptproblematik: Berechnung des Mietpreises
Eine weitere Hauptproblematik sei die Berechnung des Mietpreises, erklärte der Landrat. Der Umbau des Krankenhauses sei vom Bund gefördert worden. Das Gebäude müsse weiterhin eine „Daseinsversorgung zum sozialen Zweck“ darstellen, damit die Subventionen erhalten bleiben würden. „Es geht um Millionen“, verdeutlichte Heimerl. Er und der Klinikvorstand seien im Austausch mit dem Gesundheits- und Finanzministerium. Ende März gebe es weitere Beratungsgespräche. „Wir brauchen eine Ausnahmegenehmigung“, so der Landrat. Auf die Nachfrage: „Und wenn es keine gibt?“ entgegnete er: „Die gibt es schon“. Da mache er sich keine Sorgen.
Richter ging bei der Begehung ebenfalls auf die Vorschläge ein, die der Gemeinderat für die Räumlichkeiten im Haager Krankenhaus gemacht hatte: Pflegeschule, Dialyse, Hospiz. Der Ärztliche Direktor erklärte, dass eine Dialyse für die Praxen „uninteressant“ und kein Personal vorhanden sei, weswegen der Klinikvorstand diese Idee wieder verworfen hätte. Das Vorhaben, ein Hospiz zu eröffnen, sei ebenfalls nicht realisierbar. „Wir haben dazu Gespräche geführt, aber der Vorlauf dafür entspricht mindestens einem Jahr. Außerdem ist es mit Eigenmitteln überhaupt nicht finanzierbar“, begründete der Ärztliche Direktor die Absage.
Auch eine Pflegeschule in Haag zu eröffnen, sei „nicht machbar“. „Wir haben in Mühldorf und Altötting schon jetzt zu wenige Lehrer. Wenn sowieso Fachkräftemangel herrscht, sollten wir das Personal nicht auseinander dividieren“, zeigte sich Richter überzeugt. Darüber hinaus wäre die Anzahl an Schülern in den vergangenen Jahren eingebrochen, warf Heimerl ein. Siegfried Maier fragte nach, ob es nicht möglich wäre, nur eine Pflegeschul-Klasse im Haager Krankenhaus zu eröffnen. So müssten die Schüler aus dem westlichen Landkreis nicht täglich nach Mühldorf oder Altötting fahren. Doch der Klinikvorstand verneinte den Vorschlag und verwies nochmals auf den Lehrermangel.
Heimerl erklärte abschließend, dass die Reformen, die das InnKlinikum Altötting und Mühldorf zurzeit erlebe, nicht enden würden. „Es ist ein laufender Prozess, es wird sich immer wieder etwas verändern“, sagte er. „Wenn das Lauterbach-Konzept wirklich so kommt, wie es vom Gesundheitsministerium vorgeschlagen wurde, haben wir in Mühldorf bald keine Notaufnahme mehr“, prophezeite der Landrat. „Das wäre eine Katastrophe“.




