Portrait
„Ein ganz Großer verlässt die Bühne“ - Florian Ferschmann tritt als Leiter des BRK Haag zurück
Nach zehn Jahren als Leiter der BRK Haag legt Florian Ferschmann (32) sein Amt nieder. Zeit, zurückzublicken, sich zu freuen, aber auch, um Kritik zu üben.
Haag - Zehn Jahre war Florian Ferschmann der Leiter der Haager Bereitschaft des Roten Kreuzes. Vieles hat sich während seiner Zeit in der Marktgemeinde getan. Die Zahl der Mitglieder hat sich verdoppelt, von etwa 50 auf 105. Die Wache selbst ist vom Bräuhausplatz in die Heimgartenstraße umgezogen. „Ein ganz Großer verlässt die Bühne“ sagen die Haager Kameraden.
Dabei wollte Ferschmann eigentlich nie im Rettungswesen arbeiten. „Ich bin gelernter Bau- und Kunstglaser“, sagt er. In die ganze „Blaulicht-Geschichte“ sei er reingerutscht. „Als Kind war ich viel bei uns in Eggenfelden im Freibad und von dort bin ich zur Wasserwacht gekommen“, erzählt er. Anschließend sei er Schulsanitäter und dann Schulsanitätsdienstsprecher für den Landkreis geworden. Gemeinsam mit dem Roten Kreuz habe er die Seminare an den Schulen organisiert. „Und so bin ich in den Sumpf des BRK reingezogen worden“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Mit der Zeit habe er sich immer mehr für das Rettungswesen interessiert. Nach der Ausbildung zum Glaser habe er sich deshalb auch für eine Ausbildung zum Rettungsassistenten entschieden.
Der Zufall führte ihn nach Haag
Der Zufall habe ihn schließlich nach Haag geführt. Für den Rettungsassistenten brauchte Ferschmann einen Praktikumsplatz. „Aber ich war noch nie früh dran mit Bewerbungen“, sagt er, „bis ich meine geschrieben habe, gab es in Rottal-Inn und Altötting keine Plätze mehr.“ Nur in Haag war noch eine Stelle frei. „Mein erster Gedanke war: Wo ist denn das?“, erzählt Ferschmann mit einem Lachen. Mehrere Jahre sei er dann zwischen Nieder- und Oberbayern gependelt. Am Haager Herbstfest 2012 habe Rettungsdienstleiter Helmut Zerrer dann von zwei ausgeschriebenen Stellen erzählt. „Und da hieß es dann: Ferschi, do bewirbst du di aba scho.“ Damit wurde Ferschmann Haager und Hauptamtlicher beim Rettungsdienst. Im selben wurde er zum Leiter der Ortsgruppe gewählt.
Viele neue Aufgaben kamen hinzu
Unter seiner Amtszeit kamen viele neue Aufgaben hinzu, die Schnelleinsatzgruppen baute er aus und um, die Unterstützungsgruppe Sanitätseinsatzleitung holte er nach Haag. Das größte Projekt für Ferschmann und seine Kameraden war aber der Aufbau der Unterstützungsgruppe Rettungsdienst, mit 200 Einsätzen im Jahr.
Eine Idee, die auch aus der Not heraus geboren wurde. „Es gibt zwar Wachen in Wasserburg, Dorfen, Waldkraiburg und Isen, die nicht weit weg sind. Somit sollten wir in Haag eigentlich überversorgt sein“, erklärt Ferschmann. Trotzdem komme es dank Personalmangel in den Krankenhäusern und der Häufung an Einsätzen auch in der Marktgemeinde immer wieder zu Problemen in der Notfallversorgung. Dass es soweit kommt, ist für Ferschmann nicht überraschend. „Immer mehr Rettungsdienstler haben die Schnauze voll“, sagt er, „mir geht es da nicht anders.“
Viele Lappalien belasten den Rettungsdienst
Inzwischen fahre er als Notfallsanitäter auch nur noch ehrenamtlich, hauptamtlich sei er in der Integrierten Leitstelle in Erding tätig. Der Grund: Die Undankbarkeit und die vielen Lappalien. Denn bei 80 Prozent der Fahrten handle es sich um keinen Notfall. Statt sich um Herzinfarkte, Schlaganfälle und Verkehrsunfälle zu kümmern, müsse der Rettungsdienst immer öfter zu Grippeerkrankten und kleineren Wehwehchen anrücken. „Dafür werden wir nicht gebraucht. Das kann auch der Hausarzt oder der kassenärztliche Dienst regeln“, sagt Ferschmann. „Oder man fährt selbst in die Notaufnahme.“
Hinzu komme die Behandlung des Rettungsdienstes durch die Politik. Oft würde vergessen, dass auch hier große Teile von Ehrenamtlichen gestemmt werden würden. „Während die Feuerwehren neue Fahrzeuge erhalten, muss der Rettungsdienst mit jahrzehntealten Autos herumfahren. Das ist keine Kritik an den Feuerwehr-Kollegen, wir kämpfen alle für dieselbe Sache. Aber manchmal kommt man sich schon vor wie ein Ehrenamtlicher zweiter Klasse“, findet er. Geld für den Rettungsdienst bleibe selten übrig.
Doch trotz allem will Ferschmann weitermachen, zwar nicht als Leiter der Haager Bereitschaft „aber ich werde auch zukünftig helfen.“ Die Amtsleitung werde er in gute Hände übergeben, ist Ferschmann überzeugt: an das langjährige Mitglied Vanessa Schmid (20). „Es wird einfach Zeit“, begründet er seinen Rücktritt.