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Entdeckung in der Kirchturmspitze

„Brief an den Handwerker, der diese Kugel wieder einmal abnimmt“: 50 Jahre altes Schreiben im Kirchdorfer Turm entdeckt

Josef Gartenmeier hat vor 50 Jahren einen Brief im Limberger Kirchturm bei Kirchdorf versteckt.
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Josef Gartenmeier hat vor 50 Jahren einen Brief im Limberger Kirchturm bei Kirchdorf versteckt.

Entdeckung im Kirchturm in Limberg bei Kirchdorf: Warum der heute 89-jährige Josef Gartenmaier aus Wasserburg seiner Zeit als Spenglermeister hier einen Brief versteckt hat und was drin steht.

Kirchdorf/Wasserburg/Edling - „Brief an den Handwerker, der diese Kugel wieder einmal abnimmt“: Mit diesen Worten beginnt die besondere Entdeckung im Limberger Kirchturm bei Kirchdorf. 48 Jahre hat der Brief - datiert auf den 30. November 1974 - in seinem Versteck auf dem Turm ausgeharrt, bis er im vorherigen Jahr bei Reparaturen im Kreuz entdeckt wurde. Unterzeichnet ist er von Josef Gartenmaier, Spenglermeister in Wasserburg.

Was sich der Verfasser dabei wohl gedacht hat? Die Wasserburger Zeitung hat sich auf die Suche nach dem Spenglermeister gemacht. Nach einigen Telefonaten hat die Redaktion den gebürtigen Haager, der lange Jahre in Wasserburg gelebt hat, im Seniorenzentrum Sonnengarten in Edling gefunden. Dort wohnt der 89-Jährige heute.

Die Spengler-Werkstatt von Josef Gartenmaier in Wasserburg. An der Hauswand lehnt das Kreuz der Limberger Kirche.

Als wir ihn dort besuchen und auf den Fund ansprechen, grinst er ein bisschen spitzbübisch. Überrascht, dass nun fast fünfzig Jahre später eines seiner Schriftstücke gefunden wurde, ist Gartenmaier aber nicht. Schließlich habe er einige Briefe im ganzen Altlandkreis versteckt. „Das habe ich öfter gemacht“, erzählt er. Das Verfassen und Verstecken von Schreiben sei eine alte Handwerkertradition. Der Inhalt der teils hangeschrieben, meist aber mit der Schreibmaschine verfassten Schriftstücke: immer unterschiedlich. „Manchmal stand da auch ein rechter Schmarrn drin“, erzählt Gartenmaier. „Zum Beispiel wer a recht a Hund ist.“

Die Limberger Kirche war vor 50 Jahren eingerüstet.

Nicht so im Limberger Brief. Politisch geht es dort zu, von der Auflösung des Landkreises Wasserburg ist die Rede. Zum Teil klingt der Text, sogar trotz seines Alters, sehr aktuell. Gartenmaier beschreibt hier eine jährliche Inflation von fast 10 Prozent, die ihm viele Sorgen mache, so der damals 41-Jährige. An den restlichen Inhalt könne er sich heute nicht mehr erinnern gibt er zu, es seien ja viele Briefe gewesen, die er über die Laufe der Jahre versteckt habe. Aber die Reparatur des Turms ist ihm noch gut im Gedächtnis.

Die erste Reparatur ohne Gerüst

Zweimal sei er auf dem Dach der Limberger Kirche gestanden. „Das erste Mal war ohne Gerüst“, erzählt er. Mit einer Leiter, die er über eine Lücke am Giebel befestigt habe und sei er nach oben gestiegen. Ein wackliges Unterfangen, wie er noch heute weiß. „Da war ich froh, als ich oben stand“, sagt er. Die zweite Reparatur, eben jene, bei der er den Brief versteckt hatte, erfolgte dann aber mit Gerüst. „Saukalt war‘s“, sagt Gartenmaier heute. Am Ende hätten er und seine Helfer auf die gelungene Reparatur am Limberger Kreuz mit einer Hebfeier auf dem Dach angestoßen und eben das Schreiben dort hinterlassen.

Ein Bild von der Hebfeier auf dem Limberger Kirchturm. 

Bei der Kirchenverwaltung kam das alte Schriftstück übrigens gut an. So gut, dass sich das Gremium entschied, einen eigenen Brief dazuzulegen, für den nächsten Handwerker, der auf dem Limberger Dach steht. Der nächste Brief von Gartenmaier könnte im Übrigen schon sehr bald gefunden werden. „In der St. Jakobskirche in Wasserburg ist auch einer“, verrät er. Mal sehen, ob dieser während der Restaurierung noch zum Vorschein kommt.

48 Jahre später wurde dieser Brief im Limberger Kirchturm gefunden.

Der Brief im Wortlaut

„Brief an den Handwerker, der diese Kugel wieder einmal abnimmt.

Da ich annehme, daß dies nicht so bald sein wird, muß ich mich erst einmal vorstellen. Ich bin in Lerchenberg 86 bei Haag geboren, zur Zeit in Wasserburg selbständig. 41 Jahre Meine Frau Siegliende ist vor 5 Jahren gestorben., und hat mir eine Tochter hinterlassen. (Irene jetzt 8 Jahre)

ich hatte vor 4 Jahren eine Reparatur mit dem Steinbaum an diesem Kreuz ausgefürt. Heute ist der Turm eingerüßtet, damit das Kupferdach aufgedeckt werden konte. Das abgerissene verzinkte Blech war 1902 gedektworden. also 72 Jahre Vorher war der Turm mit Holzschindel gedeckt.

Wir haben eine järliche Invalazion von fast 10 %, die uns viel Sorgen macht. Aber trozdem müssen wier froh sein, daß wir den Weltkrieg unter Hitler so schnell überwunden haben. Die Olümpiade vor 2 Jahren in München war sehr eindrucksvoll. Der Landkreis Wasserburg wurde vor 2 Jahren unter viel Geschrei aufgelöst. Der Zustrom von Fremdarbeiter aus allen möglichen Ländern wird bei uns zu einem Problem. Soviel Blutauffrischung hätten wir wirklich nicht gebraucht.

Und nun laßt es euch so gut gehen wie es geht, und vergesst nicht, daß der Wert eine Lebens nicht nach Gut und Geld bewertet werden sollte.

Ein Hoch auf unsere Heimat, das Land Bayern!“

Datiert auf den 30. November 1974, unterzeichnet von Josef Gartenmeier

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