Was tun bei Lieferengpässen?
Medikamentenmangel in Deutschland: Was im Herbst und Winter auf Patienten zukommen könnte
Lieferengpässe von Arzneimitteln sind in vielen Apotheken ein Problem. Patienten erhalten nicht ihr benötigtes Medikament. Rund 500 Präparate sollen nicht verfügbar sein.
Zur kommenden Erkältungs- und Grippesaison könnte der bestehende Medikamentenmangel wieder zur großen Herausforderung werden, wenn es wieder häufiger in Apotheken heißt „Das haben wir nicht vorrätig“ oder „Das ist derzeit nicht lieferbar“. Wie Apotheken die Lage einschätzen und was Patienten tun können, um sich für die kommenden Wochen zu wappnen.
Welche Medikamente in Deutschland nicht lieferbar sind: Fiebersäfte, Antibiotikum und Blutdrucksenker
Die Versorgungslage mit Medikamenten in Deutschland ist laut vieler Apotheker gefährdet. Die Leidtragenden sind nicht nur die Patienten, auch mittel- und langfristig die Apotheken selbst. „Einerseits ist es die Verunmöglichung der Versorgung, die mittlerweile doch sehr spürbar geworden ist über die Lieferengpässe bei Arzneimitteln, die auch nicht nur Kinderarzneimittel betreffen, sondern leider auch alle möglichen anderen Indikationsfelder. Und das andere ist natürlich auch eine Situation, dass die Apotheken zunehmend unter Druck geraten, weil eine Rückläufigkeit auch der Einnahmesituation, der Gewinnsituation da ist. Und das natürlich für die zukünftige Zeit einfach besorgniserregend ist“, so Janna-Luise Dickmann, Apothekerin aus Wittmund in Ostfriesland im Interview mit dem Norddeutschen Rundfunk.
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Indikationsfelder, das heißt Erkrankungen, für die aktuell und im Herbst sowie Winter Medikamente fehlen könnten, sind neben Fiebersäften für Kinder auch Diabetes-Arzneimittel und Blutdrucksenker. Selbst für Krebs-Präparate gäbe es vereinzelt bereits Lieferschwierigkeiten. Die Sorge bei Patienten ist daher groß, wann sich die Lage entspannen wird. Gerade mit Beginn der Erkältungssaison fragen sich viele, ob Fiebersäfte und Antibiotika erneut fehlen werden.
Professor Reinhard Strametz, Gesundheitsökonom an der Hochschule Rhein-Main, erläutert gegenüber dem NDR, dass mehrere Komponenten wie Liefermöglichkeiten und die Schwere der Infektionswelle die Verfügbarkeit benötigter Arzneimittel entscheidend beeinflussen: „Wir hatten in der Corona-Zeit natürlich vergleichsweise milde Grippesaisons, weil alle Leute zu Hause geblieben sind und Mundschutz getragen haben. Was auf jeden Fall klar ist, dass wir schon seit Jahren die Medikamente nicht kurzfristig liefern können. Und dass das Problem natürlich bei einem strengen Winter und einer entsprechenden hohen Infektsaison schlimmer wird als im Sommer. Und wir uns deswegen darauf vorbereiten müssen.“
Medikamentenmangel: Was die Lage für Patienten und Apotheken entspannen könnte
Apotheker sehen eine Ursache und mögliche Chance zur Verbesserung der Situation in den Rabattverträgen, welche die gesetzlichen Krankenkassen mit den pharmazeutischen Herstellern für Patent-freie Generika abschließen, wie es weiter beim NDR heißt. In der Regel wählen Krankenkassen nur einen Hersteller, mit dem ein Rabattvertrag geschlossen wird. Das spart zwar Geld, doch kommt es aus verschiedenen Gründen mit diesem Hersteller zu Lieferengpässen, fehlt es an den notwendigen Alternativen. Der Bundesverband für Arzneimittelhersteller (BAH) fordert daher ein Drei-Partner-Modell. Das heißt, dass es in Zukunft statt nur einem Rabattvertrags-Partner vielmehr drei Partner geben soll, mit denen jeweils Rabatte für Arzneimittel und Medikamente vereinbart sind.
Laut Professor Reinhard Strametz bräuchte es auch „breitere Lieferketten, also mehrere verschiedene Hersteller in verschiedenen Ländern“ und appelliert dafür: „Langfristig gesehen müssen wir uns ernsthaft überlegen, für welche Medikamente oder für welche Notfallpläne wir auch in Europa entsprechende Fabriken aufbauen. Denn eins ist klar, eine Gesetzgebung, die auf den europäischen Markt abzielt, die greift natürlich eventuell nur bedingt in China oder Indien. Das heißt, wenn wir wirklich sicher sein wollen, auch ein solches Zugriffsrecht auf Medikamente zu haben, dann müssen wir das wieder nach Europa zurückholen“, wie er im Interview mit dem NDR betont.
Für Patienten, insbesondere Menschen, die chronisch krank sind und ständig Nachschub an Arznei benötigen, ist es ratsam, stets einen Überblick über die Dosis und Menge zu behalten und sich rechtzeitig um Ersatz zu kümmern. Es empfiehlt sich, das jeweilige Rezept rechtzeitig in der Arztpraxis abzuholen und der Apotheke vorzulegen.
Dieser Beitrag beinhaltet lediglich allgemeine Informationen zum jeweiligen Gesundheitsthema und dient damit nicht der Selbstdiagnose, -behandlung oder -medikation. Er ersetzt keinesfalls den Arztbesuch. Individuelle Fragen zu Krankheitsbildern dürfen von unserer Redaktion nicht beantwortet werden.
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