Grüner „Offenbarungseid“
Kita-Kollaps in NRW – „Tausende Eltern stürzen sich auf einen Betreuungsplatz“
Viele Eltern dürften in NRW zum Start des neuen Kita-Jahrs ein Problem haben. Betreuungsplätze werden immer rarer. Die SPD stellt jetzt eine deutliche Forderung.
Düsseldorf – Eigentlich dürfte es das Problem ja gar nicht geben. Denn jedes Kind hat einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz in der Kindertagespflege und später in einer Kindertageseinrichtung. Doch in Wahrheit sind Kita-Plätze in NRW extrem rar. Schuld ist eine verfehlte Familienpolitik der schwarz-grünen Landesregierung – das jedenfalls sagte jetzt der familienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag, Dennis Maelzer zum Start des neuen Kita-Jahrs.
Kita-Plätze rar in NRW: „3.000 Kitas haben Angebot eingeschränkt oder geschlossen“
So würden Einrichtungen unter massivem Personalmangel und finanziellen Lasten ächzen, zahlreiche Tagesstätten hätten inzwischen dichtmachen müssen. „Allein im Februar und März dieses Jahres haben mehr als 3.000 Kitas ihr Betreuungsangebot eingeschränkt oder komplett geschlossen“, so Maelzer bei einer Pressekonferenz in Düsseldorf.
90.000 fehlende U3-Plätze: „Offenbarungseid“ von Grünen-Ministerin
Im neuen Kita-Jahr 2024, das am 1. August startet, würden „nur mickrige 466 zusätzliche U3-Plätze geschaffen“. Demgegenüber stünden mehr als 90.000 fehlenden U3-Plätze in Nordrhein-Westfalen. Maelzer nannte das einen „Offenbarungseid“ von NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne).
Gewerkschaft warnt vor Kita-Schließungswelle
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) wies zuletzt auf gravierende Personaldefizite und Finanzprobleme hin. Immer mehr Träger hätten Probleme, steigende Personal- und Sachkosten zu stemmen, es drohe eine Schließungswelle von Kitas im Bundesland.
Kita-Zuschüsse vom Bund oft nicht genutzt
Dabei stellt der Bund dem Land unter anderem rund 80 Millionen Euro als sogenannte Flexibilierungsmittel zur Verfügung: Mit dem Geld sollen Einrichtungen in die Lage versetzt werden, längere Öffnungszeiten etwa auch an Wochenenden anzubieten. So soll Eltern durch mehr Flexibilität und bessere Planung bei der Kinderbetreuung die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erleichtert werden.
Doch allein im letzten Jahr seien 27 Millionen Euro der Summe ungenutzt ans Land zurückgeflossen. Wie kann das sein? „Die Kommunen müssen sich mit 25 Prozent an den Zuschüssen beteiligen. Angesichts klammer Kassen überlegen sich viele Gemeinden zweimal, ob sie die Mittel wirklich einsetzen wollen“, kommentierte Maelzer. Er fordert: Die Mittel sollten gezielter eingesetzt werden, um wirklich dort anzukommen, wo Kitas schon jetzt längere Öffnungszeiten anbieten.
Das Ministerium wiederum hatte zuletzt zum neuen Kita-Jahr Verbesserungen versprochen: So soll es für Einrichtungen eine um zehn Prozent höhere Pauschale pro betreutem Kind geben, insgesamt ein Plus von 370 Millionen Euro. Diese Summe reiche aber nicht aus, hieß es von der SPD.
Kita-Gebühren in NRW ganz abschaffen
Überdies müsse man den Beruf von Erzieherinnen und Erziehern und von Beschäftigten in der Tagespflege attraktiver machen. „Jetzt ist die Situation so: Tausende Eltern stürzen sich sofort auf einen Betreuungsplatz, sobald er frei wird, und nehmen ihre Kinder aus der Tagespflege. Die Beschäftigten dort haben dann überhaupt keine Planungssicherheit“, erklärte der SPD-Politiker.
Die schwarz-grüne Landesregierung erschwere es Menschen, Familie und Beruf in Einklang zu bringen, so Maelzer. Zumal auch die Kita-Gebühren, die je nach Einrichtung, Einkommen der Eltern und Betreuungszeit mehrere Hundert Euro hoch sein können, viele Familien belasteten. Seine Fraktion fordert, die Kita-Gebühren in NRW zumindest für das dritte Kita-Jahr noch in dieser Legislaturperiode ganz abzuschaffen.
Rubriklistenbild: © Julian Stratenschulte/dpa