„Macht mir Angst“
Präsident der Bauhaus-Uni sieht „besorgniserregendes“ Warnzeichen in Thüringen
Ein Antrag der AfD gegen das Bauhaus sorgte Ende Oktober für Wirbel. Der Universitätspräsident bezeichnet den Vorstoß als „ Krawall“. Etwas anderes bereitet ihm Sorgen.
Ende Oktober brachte die AfD-Landtagsfraktion in Sachsen-Anhalt einen Antrag gegen das Bauhaus ein. Das immerhin zum Unesco-Weltkulturerbe zählende Bauhaus werde zu Unrecht glorifiziert, so der Vorwurf darin. Der Antrag wurde abgelehnt und erfuhr viel Kritik. Andere Politiker sahen darin einen Angriff auf die Freiheit der Lehre, Kunst und Wissenschaft.
Peter Benz ist seit 2023 Präsident der Bauhaus-Universität Weimar in Thüringen. Er fand den Antrag „viel zu offensichtlich und viel zu publikumswirksam, um tatsächlich effektiv zu sein. Das war nur Krawall“. Ihm mache etwas anderes Angst. Was genau sagt er BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA.
Präsident der Bauhaus-Universität über AfD in Thüringen: „Das macht mir Angst“
Vor seiner Zeit in Weimar war Benz 16 Jahre Professor an der Academy of Visual Arts in Hongkong. Er weiß, wie es sich anfühlt, wenn nach und nach die Freiheit von Kunst und Wissenschaft eingeschränkt wird. 2019 wurden in Hongkong die großen Proteste der Demokratiebewegung niedergeschlagen. Ein Jahr später wurde das National Security Law erlassen. Das Gesetz stellt alles unter Strafe, was als Loslösung von China verstanden wird.
Es führte dazu, dass aus Hongkongs Bibliotheken nach und nach Bücher verschwanden. Studierende an den Universitäten wurden überprüft, Mitarbeiter entlassen, Kunstausstellungen kontrolliert, Fakultäten geschlossen und Studierendenvertretungen verboten. „Innerhalb von nur vier Jahren wurde in Hongkong die Freiheit der Wissenschaft, Kunst, Forschung und Lehre massiv eingeschränkt – aber unterschwellig, dass es die Öffentlichkeit kaum gemerkt hat. Diese Erfahrung macht mir Angst.“
„Vordergründig erst mal plausibel, niemand hinterfragt das“
Wirklich „bedenklich“ für die Freiheit von Lehre, Kunst und Wissenschaft seien „subtilere“ Anträge. Zum Beispiel, wenn gefordert werde, kein Geld mehr für bestimmte Studiengänge oder Initiativen bereitzustellen. Und Regierungen diesem Druck nachgeben.
Zumindest im Moment habe das Bauhaus noch eine vertraglich festgelegte Grundfinanzierung. Doch man stelle auch regelmäßig Drittmittelanträge beim Land. „Wenn Anträge nur noch politisch motiviert gefördert werden, wird es kritisch“, sagt Benz BuzzFeed News Deutschland.
So sei es in Hongkong abgelaufen. Statt Kunstförderung gab es irgendwann auf einmal nur noch Technologieförderung. „Die Begründung war, dass Studierende in Technologieberufen bessere Berufsperspektiven haben. Das ist vordergründig erst mal plausibel, niemand hinterfragt das.“
„Besorgniserregend“: Bauhaus-Präsident sieht Parallelen zwischen Thüringen und Hongkong
„Schon vor der Thüringen-Wahl wollte eine Initiative der AfD, Thüringens Studierendenvertretungen abschaffen. Mit der skurrilen Begründung, die würden das Geld nur versaufen. Das weckt bei mir unschöne Erinnerungen.“ Natürlich gebe es in Thüringen eine Gewaltenteilung, eine funktionierende Presse und mit der Bundesrepublik noch eine nationale Ebene. Und die AfD regiere in Thüringen nicht.
„Was mir trotzdem Sorge macht, sind diese schleichenden Prozesse, weil sie langsam das Fundament der Demokratie aushöhlen“, sagt er BuzzFeed News Deutschland. Wie bei einem Wasserschaden werde man es erst dann bemerken, wenn plötzlich alles zusammenbricht und das sei „besorgniserregend“.
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